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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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hier auch den Zugang zur Maschine, durch deren sinnverwirrende Complexe
von Röhren, Gestängen und Ventilen -- alles blank und sauber mit Oel ab¬
gerieben -- ein schmaler Steg mit kleinen Treppchen in vielen Windungen
führt. Am meisten impoinren dem Laien die gewaltigen Cylinder und der Um¬
fang der massiven Schraubenwelle, deren Lauf man, allerdings oft an dem Boden
hinknecheud, bis zum hintersten Theil des Schiffs verfolgen kann. Den größten
Eindruck aber macht der Heizraum mit seinem eisernen Fußboden, ein schmaler,
dunkler Gang von der Höhe eines Saales zwischen zwei hohen schwarzen Wän¬
den der Kessel, in denen rechts und links kleine Thüren die Oefen bezeichnen,
wo stets Feuerungsmaterial und Zunder fertig und bereit liegt, damit man bei
eintreffenden Befehl augenblicklich das Feuer anmachen und die Maschine bald¬
möglichst in Gang bringen könne.

Die Maschine liegt schon sehr tief im Schiffe, und in gleicher Höhe, eben¬
falls unter dem Zwischendeck ziehen sich zwischen dem Boden des letzteren und
dem untersten Raum des Schiffes große Räumlichkeiten mit Vorräthen aller
Art hin: Munition, Proviant, ganze Kammern voll Segel, große eiserne Was¬
serkisten und die Pumpen für den Fall, daß das Schiff ein Leck bekommt -- alles
dies ist hier unten aufgespeichert, wahrhaft staunenswerthe Vorräthe, die für
die Zeit einer Weltumseglung zu reichen im Stande sind.

Doch uns zieht es aus der dumpfen Tiefe hinauf zur heitern Helle; schnell
durcheilen wir emporsteigend das Zwischendeck und die Batterie, wir stehen
wieder auf dem Oberdeck und wollen als Schlußeindruck noch das Panorama
von dem höchsten Punkte des Schiffs genießen, der ohne große Mühe zugäng¬
lich ist. Eine Frage an den nächsten Dcckoffizier und wir beginnen von dem
Deck aus in den Warten, den Strickleitern, auf der inneren Seite ein paar
Sprossen empor zu klimmen, schwingen uns dann herum und steigen nun ge¬
mächlich auf der schrägen Leiter immer höher und höher, bis wir in der Höhe
der ersten Raa mit ihrem kolossalen nack angelangt, durch einen energischen
Schwung in das Mars treten. Welch eine Aussicht bietet sich hier zwischen
den Tauen der Takelage hindurch! Hoch stehen wir über dem Schiffe, das Deck
unter uns erscheint so klein und die Leute darauf so winzig wie Zwerggestalten
-- groß ist nur drüben unser Nachbar, der Großmast, geblieben, ganz ebenso
getakelt wie der. auf welchem wir stehen. Und nun die ferne Aussicht! Das
alte Kiel mit dem spitzen Thurm, die Linden von Düsiernbrook und drüben
die freundlichen Hügel von Ellerbeck, in der Mitte die blanke Föhrde. wie sie,
einem breiten Silberbande ähnlich, in leichter Krümmung nach der See hin¬
zieht und im stolzen Kranze um uns die anderen Kriegsschiffe schaukelt -- der
Anblick ist herzerfreuend! Nur mit Mühe reißen wir uns los, klettern wieder
nieder, springen in unser Boot und Verlassen die schöne "Gazelle", froh, ein so
heiteres Bild von den Kriegsschiffen der preußischen Flotte mit uns zu nehmen.




hier auch den Zugang zur Maschine, durch deren sinnverwirrende Complexe
von Röhren, Gestängen und Ventilen — alles blank und sauber mit Oel ab¬
gerieben — ein schmaler Steg mit kleinen Treppchen in vielen Windungen
führt. Am meisten impoinren dem Laien die gewaltigen Cylinder und der Um¬
fang der massiven Schraubenwelle, deren Lauf man, allerdings oft an dem Boden
hinknecheud, bis zum hintersten Theil des Schiffs verfolgen kann. Den größten
Eindruck aber macht der Heizraum mit seinem eisernen Fußboden, ein schmaler,
dunkler Gang von der Höhe eines Saales zwischen zwei hohen schwarzen Wän¬
den der Kessel, in denen rechts und links kleine Thüren die Oefen bezeichnen,
wo stets Feuerungsmaterial und Zunder fertig und bereit liegt, damit man bei
eintreffenden Befehl augenblicklich das Feuer anmachen und die Maschine bald¬
möglichst in Gang bringen könne.

Die Maschine liegt schon sehr tief im Schiffe, und in gleicher Höhe, eben¬
falls unter dem Zwischendeck ziehen sich zwischen dem Boden des letzteren und
dem untersten Raum des Schiffes große Räumlichkeiten mit Vorräthen aller
Art hin: Munition, Proviant, ganze Kammern voll Segel, große eiserne Was¬
serkisten und die Pumpen für den Fall, daß das Schiff ein Leck bekommt — alles
dies ist hier unten aufgespeichert, wahrhaft staunenswerthe Vorräthe, die für
die Zeit einer Weltumseglung zu reichen im Stande sind.

Doch uns zieht es aus der dumpfen Tiefe hinauf zur heitern Helle; schnell
durcheilen wir emporsteigend das Zwischendeck und die Batterie, wir stehen
wieder auf dem Oberdeck und wollen als Schlußeindruck noch das Panorama
von dem höchsten Punkte des Schiffs genießen, der ohne große Mühe zugäng¬
lich ist. Eine Frage an den nächsten Dcckoffizier und wir beginnen von dem
Deck aus in den Warten, den Strickleitern, auf der inneren Seite ein paar
Sprossen empor zu klimmen, schwingen uns dann herum und steigen nun ge¬
mächlich auf der schrägen Leiter immer höher und höher, bis wir in der Höhe
der ersten Raa mit ihrem kolossalen nack angelangt, durch einen energischen
Schwung in das Mars treten. Welch eine Aussicht bietet sich hier zwischen
den Tauen der Takelage hindurch! Hoch stehen wir über dem Schiffe, das Deck
unter uns erscheint so klein und die Leute darauf so winzig wie Zwerggestalten
— groß ist nur drüben unser Nachbar, der Großmast, geblieben, ganz ebenso
getakelt wie der. auf welchem wir stehen. Und nun die ferne Aussicht! Das
alte Kiel mit dem spitzen Thurm, die Linden von Düsiernbrook und drüben
die freundlichen Hügel von Ellerbeck, in der Mitte die blanke Föhrde. wie sie,
einem breiten Silberbande ähnlich, in leichter Krümmung nach der See hin¬
zieht und im stolzen Kranze um uns die anderen Kriegsschiffe schaukelt — der
Anblick ist herzerfreuend! Nur mit Mühe reißen wir uns los, klettern wieder
nieder, springen in unser Boot und Verlassen die schöne „Gazelle", froh, ein so
heiteres Bild von den Kriegsschiffen der preußischen Flotte mit uns zu nehmen.




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[0066] hier auch den Zugang zur Maschine, durch deren sinnverwirrende Complexe von Röhren, Gestängen und Ventilen — alles blank und sauber mit Oel ab¬ gerieben — ein schmaler Steg mit kleinen Treppchen in vielen Windungen führt. Am meisten impoinren dem Laien die gewaltigen Cylinder und der Um¬ fang der massiven Schraubenwelle, deren Lauf man, allerdings oft an dem Boden hinknecheud, bis zum hintersten Theil des Schiffs verfolgen kann. Den größten Eindruck aber macht der Heizraum mit seinem eisernen Fußboden, ein schmaler, dunkler Gang von der Höhe eines Saales zwischen zwei hohen schwarzen Wän¬ den der Kessel, in denen rechts und links kleine Thüren die Oefen bezeichnen, wo stets Feuerungsmaterial und Zunder fertig und bereit liegt, damit man bei eintreffenden Befehl augenblicklich das Feuer anmachen und die Maschine bald¬ möglichst in Gang bringen könne. Die Maschine liegt schon sehr tief im Schiffe, und in gleicher Höhe, eben¬ falls unter dem Zwischendeck ziehen sich zwischen dem Boden des letzteren und dem untersten Raum des Schiffes große Räumlichkeiten mit Vorräthen aller Art hin: Munition, Proviant, ganze Kammern voll Segel, große eiserne Was¬ serkisten und die Pumpen für den Fall, daß das Schiff ein Leck bekommt — alles dies ist hier unten aufgespeichert, wahrhaft staunenswerthe Vorräthe, die für die Zeit einer Weltumseglung zu reichen im Stande sind. Doch uns zieht es aus der dumpfen Tiefe hinauf zur heitern Helle; schnell durcheilen wir emporsteigend das Zwischendeck und die Batterie, wir stehen wieder auf dem Oberdeck und wollen als Schlußeindruck noch das Panorama von dem höchsten Punkte des Schiffs genießen, der ohne große Mühe zugäng¬ lich ist. Eine Frage an den nächsten Dcckoffizier und wir beginnen von dem Deck aus in den Warten, den Strickleitern, auf der inneren Seite ein paar Sprossen empor zu klimmen, schwingen uns dann herum und steigen nun ge¬ mächlich auf der schrägen Leiter immer höher und höher, bis wir in der Höhe der ersten Raa mit ihrem kolossalen nack angelangt, durch einen energischen Schwung in das Mars treten. Welch eine Aussicht bietet sich hier zwischen den Tauen der Takelage hindurch! Hoch stehen wir über dem Schiffe, das Deck unter uns erscheint so klein und die Leute darauf so winzig wie Zwerggestalten — groß ist nur drüben unser Nachbar, der Großmast, geblieben, ganz ebenso getakelt wie der. auf welchem wir stehen. Und nun die ferne Aussicht! Das alte Kiel mit dem spitzen Thurm, die Linden von Düsiernbrook und drüben die freundlichen Hügel von Ellerbeck, in der Mitte die blanke Föhrde. wie sie, einem breiten Silberbande ähnlich, in leichter Krümmung nach der See hin¬ zieht und im stolzen Kranze um uns die anderen Kriegsschiffe schaukelt — der Anblick ist herzerfreuend! Nur mit Mühe reißen wir uns los, klettern wieder nieder, springen in unser Boot und Verlassen die schöne „Gazelle", froh, ein so heiteres Bild von den Kriegsschiffen der preußischen Flotte mit uns zu nehmen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/66>, abgerufen am 15.01.2025.