Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

dischen Stückpforten hinausschauend, durch welche die frische Seeluft in vollem
Strome hereinbringt mit einem würzigen feinen Beischmack von Theer, und den
Aufenthalt in diesem Raume für jeden Seemann erquicklich macht. Der Boden
besteht ebenso wie das Oberdeck wieder aus auffallend schmalen, penibel sauber
gehaltenen Planken, während die Decke dicht über unsern Köpfen nicht verschalt
ist, sondern die mächtigen Deckbalken, d. h. die Querbalken zeigt, welche das
Oberdeck tragen und in deren Zwischenräumen Entcrbcile und Pistolen, Revolver
und Zündnadelbüchsen mit ausziehbarer Pike in gewissenhaftester Ordnung auf¬
gehängt sind.

Abermals durch eine Luke zwischen den Masten steigen wir in einen zwei¬
ten gedeckten Raum nieder, der sich aber nicht mehr, wie die Batterie, hoch über
dem Wasser, sondern mit seiner untern Hälfte schon unter Wasser befindet
und durch kleine kreisrunde Fenster mit dicken Glaslinsen im obersten Theile
der Wand erleuchtet wird; es ist das Zwischendeck, der Hauptaufenthaltsort
der Mannschaft. Der Hintere Theil des Schiffes ist wieder durch eine Quer¬
wand abgetrennt, und enthält hinter derselben die recht comfortabel eingerichtete
Osfiziersmeß, den Speise- und Bersammlungssaal der Offiziere und Kadetten,
um den sich die kleinen Cabinen der einzelnen Offiziere gruppiren. Das übrige
Zwischendeck bis in seinen vordersten Theil, wo das Lazareth etablirt ist. d. h.
wo hinter einem Segeltuch die Kranken in ihren Hängematten liegen, bildet
wieder einen einzigen mächtig langen Raum, in dem sich das bunteste Matro¬
senleben entfaltet. An den Seiten befinden sich Tische, deren Platte an die
Wand aufgeklappt werden kann, um den Raum frei zu machen, während
das gabelförmige Eisen, welches die Tischbeine ersetzt und die beiden inneren
Tischecken von der Decke her hält, ebenso wie die Sitze der Leute entfernt
werden können. Es ist gerade Essenszeit -- appetitlich duftet Backobst mit
Klößen -- das ganze Zwischendeck ist gedrängt voll von Matrosen, die alle
"schaffen" (essen), in der Back, der Eßschüssel, das wirklich sehr gut zubereitete
Essen auf den Tischen vor sich. Der ganze beschriebene Apparat aber verschwin¬
det, sobald es nöthig ist, wie durch Zauberkraft, und ebenso schnell tritt beim
Beginn der Schlafenszeit eine andere Scenerie an seine Stelle. In den Deck¬
balken sind überall, wenige Fuß von einander eiserne Haken eingeschlagen und
ein jeder davon correspondirt. der Länge des Schiffs nach, mit einem andern
im zweitfolgenden Deckbalken. In den einen dieser Haken werden nun die
beiden Ochsen an den beiden oberen Enden der Hängematte, einem viereckigen
Bettuch aus starker Segelleinewand, eingehängt und in den andern die beiden
Ochsen an den unteren Ecken der Hängematte; so bildet diese letztere ein treff-
liches Lager, aus dem der Schläfer, weil er durch sein Gewicht tief liegt, nie
herausfallen kann, und das sich auch während der stürmischen Bewegungen des
Schiffs ruhig in Haken und Ochsen schaukelt. Dicht an der Küche finden wir


dischen Stückpforten hinausschauend, durch welche die frische Seeluft in vollem
Strome hereinbringt mit einem würzigen feinen Beischmack von Theer, und den
Aufenthalt in diesem Raume für jeden Seemann erquicklich macht. Der Boden
besteht ebenso wie das Oberdeck wieder aus auffallend schmalen, penibel sauber
gehaltenen Planken, während die Decke dicht über unsern Köpfen nicht verschalt
ist, sondern die mächtigen Deckbalken, d. h. die Querbalken zeigt, welche das
Oberdeck tragen und in deren Zwischenräumen Entcrbcile und Pistolen, Revolver
und Zündnadelbüchsen mit ausziehbarer Pike in gewissenhaftester Ordnung auf¬
gehängt sind.

Abermals durch eine Luke zwischen den Masten steigen wir in einen zwei¬
ten gedeckten Raum nieder, der sich aber nicht mehr, wie die Batterie, hoch über
dem Wasser, sondern mit seiner untern Hälfte schon unter Wasser befindet
und durch kleine kreisrunde Fenster mit dicken Glaslinsen im obersten Theile
der Wand erleuchtet wird; es ist das Zwischendeck, der Hauptaufenthaltsort
der Mannschaft. Der Hintere Theil des Schiffes ist wieder durch eine Quer¬
wand abgetrennt, und enthält hinter derselben die recht comfortabel eingerichtete
Osfiziersmeß, den Speise- und Bersammlungssaal der Offiziere und Kadetten,
um den sich die kleinen Cabinen der einzelnen Offiziere gruppiren. Das übrige
Zwischendeck bis in seinen vordersten Theil, wo das Lazareth etablirt ist. d. h.
wo hinter einem Segeltuch die Kranken in ihren Hängematten liegen, bildet
wieder einen einzigen mächtig langen Raum, in dem sich das bunteste Matro¬
senleben entfaltet. An den Seiten befinden sich Tische, deren Platte an die
Wand aufgeklappt werden kann, um den Raum frei zu machen, während
das gabelförmige Eisen, welches die Tischbeine ersetzt und die beiden inneren
Tischecken von der Decke her hält, ebenso wie die Sitze der Leute entfernt
werden können. Es ist gerade Essenszeit — appetitlich duftet Backobst mit
Klößen — das ganze Zwischendeck ist gedrängt voll von Matrosen, die alle
„schaffen" (essen), in der Back, der Eßschüssel, das wirklich sehr gut zubereitete
Essen auf den Tischen vor sich. Der ganze beschriebene Apparat aber verschwin¬
det, sobald es nöthig ist, wie durch Zauberkraft, und ebenso schnell tritt beim
Beginn der Schlafenszeit eine andere Scenerie an seine Stelle. In den Deck¬
balken sind überall, wenige Fuß von einander eiserne Haken eingeschlagen und
ein jeder davon correspondirt. der Länge des Schiffs nach, mit einem andern
im zweitfolgenden Deckbalken. In den einen dieser Haken werden nun die
beiden Ochsen an den beiden oberen Enden der Hängematte, einem viereckigen
Bettuch aus starker Segelleinewand, eingehängt und in den andern die beiden
Ochsen an den unteren Ecken der Hängematte; so bildet diese letztere ein treff-
liches Lager, aus dem der Schläfer, weil er durch sein Gewicht tief liegt, nie
herausfallen kann, und das sich auch während der stürmischen Bewegungen des
Schiffs ruhig in Haken und Ochsen schaukelt. Dicht an der Küche finden wir


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <div n="2">
            <pb facs="#f0065" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191295"/>
            <p xml:id="ID_137" prev="#ID_136"> dischen Stückpforten hinausschauend, durch welche die frische Seeluft in vollem<lb/>
Strome hereinbringt mit einem würzigen feinen Beischmack von Theer, und den<lb/>
Aufenthalt in diesem Raume für jeden Seemann erquicklich macht. Der Boden<lb/>
besteht ebenso wie das Oberdeck wieder aus auffallend schmalen, penibel sauber<lb/>
gehaltenen Planken, während die Decke dicht über unsern Köpfen nicht verschalt<lb/>
ist, sondern die mächtigen Deckbalken, d. h. die Querbalken zeigt, welche das<lb/>
Oberdeck tragen und in deren Zwischenräumen Entcrbcile und Pistolen, Revolver<lb/>
und Zündnadelbüchsen mit ausziehbarer Pike in gewissenhaftester Ordnung auf¬<lb/>
gehängt sind.</p><lb/>
            <p xml:id="ID_138" next="#ID_139"> Abermals durch eine Luke zwischen den Masten steigen wir in einen zwei¬<lb/>
ten gedeckten Raum nieder, der sich aber nicht mehr, wie die Batterie, hoch über<lb/>
dem Wasser, sondern mit seiner untern Hälfte schon unter Wasser befindet<lb/>
und durch kleine kreisrunde Fenster mit dicken Glaslinsen im obersten Theile<lb/>
der Wand erleuchtet wird; es ist das Zwischendeck, der Hauptaufenthaltsort<lb/>
der Mannschaft. Der Hintere Theil des Schiffes ist wieder durch eine Quer¬<lb/>
wand abgetrennt, und enthält hinter derselben die recht comfortabel eingerichtete<lb/>
Osfiziersmeß, den Speise- und Bersammlungssaal der Offiziere und Kadetten,<lb/>
um den sich die kleinen Cabinen der einzelnen Offiziere gruppiren. Das übrige<lb/>
Zwischendeck bis in seinen vordersten Theil, wo das Lazareth etablirt ist. d. h.<lb/>
wo hinter einem Segeltuch die Kranken in ihren Hängematten liegen, bildet<lb/>
wieder einen einzigen mächtig langen Raum, in dem sich das bunteste Matro¬<lb/>
senleben entfaltet. An den Seiten befinden sich Tische, deren Platte an die<lb/>
Wand aufgeklappt werden kann, um den Raum frei zu machen, während<lb/>
das gabelförmige Eisen, welches die Tischbeine ersetzt und die beiden inneren<lb/>
Tischecken von der Decke her hält, ebenso wie die Sitze der Leute entfernt<lb/>
werden können. Es ist gerade Essenszeit &#x2014; appetitlich duftet Backobst mit<lb/>
Klößen &#x2014; das ganze Zwischendeck ist gedrängt voll von Matrosen, die alle<lb/>
&#x201E;schaffen" (essen), in der Back, der Eßschüssel, das wirklich sehr gut zubereitete<lb/>
Essen auf den Tischen vor sich. Der ganze beschriebene Apparat aber verschwin¬<lb/>
det, sobald es nöthig ist, wie durch Zauberkraft, und ebenso schnell tritt beim<lb/>
Beginn der Schlafenszeit eine andere Scenerie an seine Stelle. In den Deck¬<lb/>
balken sind überall, wenige Fuß von einander eiserne Haken eingeschlagen und<lb/>
ein jeder davon correspondirt. der Länge des Schiffs nach, mit einem andern<lb/>
im zweitfolgenden Deckbalken. In den einen dieser Haken werden nun die<lb/>
beiden Ochsen an den beiden oberen Enden der Hängematte, einem viereckigen<lb/>
Bettuch aus starker Segelleinewand, eingehängt und in den andern die beiden<lb/>
Ochsen an den unteren Ecken der Hängematte; so bildet diese letztere ein treff-<lb/>
liches Lager, aus dem der Schläfer, weil er durch sein Gewicht tief liegt, nie<lb/>
herausfallen kann, und das sich auch während der stürmischen Bewegungen des<lb/>
Schiffs ruhig in Haken und Ochsen schaukelt. Dicht an der Küche finden wir</p><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0065] dischen Stückpforten hinausschauend, durch welche die frische Seeluft in vollem Strome hereinbringt mit einem würzigen feinen Beischmack von Theer, und den Aufenthalt in diesem Raume für jeden Seemann erquicklich macht. Der Boden besteht ebenso wie das Oberdeck wieder aus auffallend schmalen, penibel sauber gehaltenen Planken, während die Decke dicht über unsern Köpfen nicht verschalt ist, sondern die mächtigen Deckbalken, d. h. die Querbalken zeigt, welche das Oberdeck tragen und in deren Zwischenräumen Entcrbcile und Pistolen, Revolver und Zündnadelbüchsen mit ausziehbarer Pike in gewissenhaftester Ordnung auf¬ gehängt sind. Abermals durch eine Luke zwischen den Masten steigen wir in einen zwei¬ ten gedeckten Raum nieder, der sich aber nicht mehr, wie die Batterie, hoch über dem Wasser, sondern mit seiner untern Hälfte schon unter Wasser befindet und durch kleine kreisrunde Fenster mit dicken Glaslinsen im obersten Theile der Wand erleuchtet wird; es ist das Zwischendeck, der Hauptaufenthaltsort der Mannschaft. Der Hintere Theil des Schiffes ist wieder durch eine Quer¬ wand abgetrennt, und enthält hinter derselben die recht comfortabel eingerichtete Osfiziersmeß, den Speise- und Bersammlungssaal der Offiziere und Kadetten, um den sich die kleinen Cabinen der einzelnen Offiziere gruppiren. Das übrige Zwischendeck bis in seinen vordersten Theil, wo das Lazareth etablirt ist. d. h. wo hinter einem Segeltuch die Kranken in ihren Hängematten liegen, bildet wieder einen einzigen mächtig langen Raum, in dem sich das bunteste Matro¬ senleben entfaltet. An den Seiten befinden sich Tische, deren Platte an die Wand aufgeklappt werden kann, um den Raum frei zu machen, während das gabelförmige Eisen, welches die Tischbeine ersetzt und die beiden inneren Tischecken von der Decke her hält, ebenso wie die Sitze der Leute entfernt werden können. Es ist gerade Essenszeit — appetitlich duftet Backobst mit Klößen — das ganze Zwischendeck ist gedrängt voll von Matrosen, die alle „schaffen" (essen), in der Back, der Eßschüssel, das wirklich sehr gut zubereitete Essen auf den Tischen vor sich. Der ganze beschriebene Apparat aber verschwin¬ det, sobald es nöthig ist, wie durch Zauberkraft, und ebenso schnell tritt beim Beginn der Schlafenszeit eine andere Scenerie an seine Stelle. In den Deck¬ balken sind überall, wenige Fuß von einander eiserne Haken eingeschlagen und ein jeder davon correspondirt. der Länge des Schiffs nach, mit einem andern im zweitfolgenden Deckbalken. In den einen dieser Haken werden nun die beiden Ochsen an den beiden oberen Enden der Hängematte, einem viereckigen Bettuch aus starker Segelleinewand, eingehängt und in den andern die beiden Ochsen an den unteren Ecken der Hängematte; so bildet diese letztere ein treff- liches Lager, aus dem der Schläfer, weil er durch sein Gewicht tief liegt, nie herausfallen kann, und das sich auch während der stürmischen Bewegungen des Schiffs ruhig in Haken und Ochsen schaukelt. Dicht an der Küche finden wir

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/65
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/65>, abgerufen am 15.01.2025.