Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Archivrathes Georg Vrückner, die wir in der dritten Lieferung der Neuen Bei¬ Wenn es zweifellos geworden war, daß der thüringische Nennstieg die Nachher gewöhnlichen Annahme geht der Rennstieg in einer Erstreckung Archivrathes Georg Vrückner, die wir in der dritten Lieferung der Neuen Bei¬ Wenn es zweifellos geworden war, daß der thüringische Nennstieg die Nachher gewöhnlichen Annahme geht der Rennstieg in einer Erstreckung <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0516" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191746"/> <p xml:id="ID_1529" prev="#ID_1528"> Archivrathes Georg Vrückner, die wir in der dritten Lieferung der Neuen Bei¬<lb/> träge zur Geschichte deutschen Alterthums (herausgegeben vom Hennebergischen<lb/> alterthumsforschenden Vereine) mitgetheilt finden. Sie hat die Überschrift:<lb/> „Der Nennstieg in seiner historischen Bedeutung, oder: War das obere Werra-<lb/> und Mainland jemals thüringisch?" Mit dieser Arbeit, einem Auszuge aus<lb/> einer ausführlicheren Abhandlung, hat der um die thüringische, speciell die mei-<lb/> ningische Geschichte hochverdiente Gelehrte die Rennstieguntersuchung, welche<lb/> zuletzt Alexander Ziegler mit Glück in Angriff genommen hatte, wieder unge-<lb/> mein gefördert. Wir geben hier, von unsern Bemerkungen begleitet, die Resultate,<lb/> zu denen Bruckner gelangt ist: die Sache ist von so allgemeinem, überdies für<lb/> die vielen Nennstiegwanderer von so besonderem Interesse, daß wir eine Be¬<lb/> sprechung an dieser Stelle für gerechtfertigt halten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1530"> Wenn es zweifellos geworden war, daß der thüringische Nennstieg die<lb/> Bedeutung einer Grenzlinie habe — wie denn unter demselben Namen -der¬<lb/> gleichen Grcnzwege in Schlesien, am Kyffhäuser. in Franken an der Saale und<lb/> im Jtzgau, in Hessen an der Hann, in Schwaben, in der Schweiz gefunden<lb/> werden — und daß dieser Name von „Rain", „Remm" oder „Rinn" d. h. „Grenze"<lb/> abzuleiten sei. so hatte die Untersuchung vor allem den Zug des Rennstiegs in<lb/> allen Theilen festzustellen und zugleich zu ermitteln, welcher Rang als Grenze<lb/> ihm zukomme. Die eine Forschung hatte die andere zu unterstützen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1531" next="#ID_1532"> Nachher gewöhnlichen Annahme geht der Rennstieg in einer Erstreckung<lb/> von 43'/, Wegstunden vom Dorfe Hörsel bei Eisenach bis Blankenstein an der<lb/> oberen Saale über den First des thüringer und Frankenwaldes. Und sicher ist<lb/> auch, daß der Kamm des Gebirges in der bezeichneten Ausdehnung eine Schet-<lb/> telung des Waloes zeigt, die meist als Nasenweg belassen, hie und da mit<lb/> Chaussee belegt, an den meisten Punkten als Rennweg, Nennstieg, Rennsteig,<lb/> Scheideweg durch die Bewohner des Waldes beglaubigt ist. Daß diese Lich¬<lb/> tung auch heute noch in vielen Strecken Territorialgrenze ist, künden dem Wan¬<lb/> derer die vielen „Dreiherrensteine", denen er begegnet; daß sie es seit allen<lb/> Zeiten war, lehren ihn die ethnographischen Unterschiede, die er rechts und links<lb/> der Höhe wahrnimmt und die sich ihm bei genauerer Betrachtung als Unter¬<lb/> schiede thüringischen und fränkischen Wesens aufzeigen. Aber ebenso unzwei¬<lb/> felhaft ist. daß diese Linie nicht überall diesen Charakter bewahrt, daß sie viel¬<lb/> mehr zweimal das thüringische Culturgebiet durchschneidet: einmal von der<lb/> Saale bis zum fränkischen Culm, wo sie durch lobensteinisches Gebiet geht, das<lb/> andere Mal vom großen Weißenberg bis zur Hörsel. Diese Linie also konnte<lb/> immerhin in manchen Theilen Gaugrenze und Jagdgrenze, in allen Communal-<lb/> grenze sein; durchgehende Stammesgrenze. jedenfalls, war sie nicht. B-untrer<lb/> forschte an beiden Punkten genauer nach und erkannte, daß hier wie dort sich<lb/> sine Abzweigung von der hergebracht angenommenen Linie zeige. Am Ostende</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0516]
Archivrathes Georg Vrückner, die wir in der dritten Lieferung der Neuen Bei¬
träge zur Geschichte deutschen Alterthums (herausgegeben vom Hennebergischen
alterthumsforschenden Vereine) mitgetheilt finden. Sie hat die Überschrift:
„Der Nennstieg in seiner historischen Bedeutung, oder: War das obere Werra-
und Mainland jemals thüringisch?" Mit dieser Arbeit, einem Auszuge aus
einer ausführlicheren Abhandlung, hat der um die thüringische, speciell die mei-
ningische Geschichte hochverdiente Gelehrte die Rennstieguntersuchung, welche
zuletzt Alexander Ziegler mit Glück in Angriff genommen hatte, wieder unge-
mein gefördert. Wir geben hier, von unsern Bemerkungen begleitet, die Resultate,
zu denen Bruckner gelangt ist: die Sache ist von so allgemeinem, überdies für
die vielen Nennstiegwanderer von so besonderem Interesse, daß wir eine Be¬
sprechung an dieser Stelle für gerechtfertigt halten.
Wenn es zweifellos geworden war, daß der thüringische Nennstieg die
Bedeutung einer Grenzlinie habe — wie denn unter demselben Namen -der¬
gleichen Grcnzwege in Schlesien, am Kyffhäuser. in Franken an der Saale und
im Jtzgau, in Hessen an der Hann, in Schwaben, in der Schweiz gefunden
werden — und daß dieser Name von „Rain", „Remm" oder „Rinn" d. h. „Grenze"
abzuleiten sei. so hatte die Untersuchung vor allem den Zug des Rennstiegs in
allen Theilen festzustellen und zugleich zu ermitteln, welcher Rang als Grenze
ihm zukomme. Die eine Forschung hatte die andere zu unterstützen.
Nachher gewöhnlichen Annahme geht der Rennstieg in einer Erstreckung
von 43'/, Wegstunden vom Dorfe Hörsel bei Eisenach bis Blankenstein an der
oberen Saale über den First des thüringer und Frankenwaldes. Und sicher ist
auch, daß der Kamm des Gebirges in der bezeichneten Ausdehnung eine Schet-
telung des Waloes zeigt, die meist als Nasenweg belassen, hie und da mit
Chaussee belegt, an den meisten Punkten als Rennweg, Nennstieg, Rennsteig,
Scheideweg durch die Bewohner des Waldes beglaubigt ist. Daß diese Lich¬
tung auch heute noch in vielen Strecken Territorialgrenze ist, künden dem Wan¬
derer die vielen „Dreiherrensteine", denen er begegnet; daß sie es seit allen
Zeiten war, lehren ihn die ethnographischen Unterschiede, die er rechts und links
der Höhe wahrnimmt und die sich ihm bei genauerer Betrachtung als Unter¬
schiede thüringischen und fränkischen Wesens aufzeigen. Aber ebenso unzwei¬
felhaft ist. daß diese Linie nicht überall diesen Charakter bewahrt, daß sie viel¬
mehr zweimal das thüringische Culturgebiet durchschneidet: einmal von der
Saale bis zum fränkischen Culm, wo sie durch lobensteinisches Gebiet geht, das
andere Mal vom großen Weißenberg bis zur Hörsel. Diese Linie also konnte
immerhin in manchen Theilen Gaugrenze und Jagdgrenze, in allen Communal-
grenze sein; durchgehende Stammesgrenze. jedenfalls, war sie nicht. B-untrer
forschte an beiden Punkten genauer nach und erkannte, daß hier wie dort sich
sine Abzweigung von der hergebracht angenommenen Linie zeige. Am Ostende
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