Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Uovsieur Uonsjeur Uurraz^, ?rokesseur Leeretairs ac lei. Looiet^
Roznlo 6öL deÜss I^eder<Z3äLioettinZus

Rom den 30. Merz 1765.


HochEdelgebohrner
Hochzuehrender Herr Professor

Es wird mir schwer E. HochEdelgebohrnen nach Würdigfeit zu antworten,
so wohl in Absicht auf Sie selbst, als aus mich ins besondere. Hier verursachet
dieses Dero über aus gütige Meinung von meiner Niedrigkeit, und dort die
wenige Kenntniß der großen Männer unserer Nation. Was Sie mir zumeßen.
übergebet meine Bescheidenheit billig mit Stillschweigen, schätze mich aber glück¬
lich, einigen Beyfall eines öffentlichen Lehrers der schönen Wissenschaften in dem
edelsten Sitze derselben erlanget zu haben. Was ich Ihnen aber wider geben
solte, wird unter meine Verpflichtungen oben an gesetzet, u. ich will den Mann
kennen lernen, dem ich eher als itzo meine große Hochachtung hätte bezeugen
sollen. Ich habe bey nahe in Zehen Jahren nichts aus Deutschland gesehen,
theils weil hier die gelehrten Wahren aus Ihren Gegenden selten sind, n.
spät anlangen, theils weil ich bisher blos unter Todten u. unter Steinen ge¬
sessen bin, u. es ist kaum ein Jahr, da ich zuerst einige meiner Kleinigkeiten in
der Vibliothec der schönen Wissenschaften gedruckt gesehen habe.

Ich wünschte daß ich künftig etwas würdiges liefern tönte, welches den
Schriften der Königlichen Gesellschaft verdienete einverleibet zu werden: denn
ich werde mich bemühen, die Ehre welche mir dieselben "r-Z durch E. HochEdel¬
gebohrnen Vermittelung erzeiget, in thätigen Proben zu erkennen. Jndeßen
bitte ich dieselben, die Königliche Gesellschaft zu ersuchen, ein geringes Angebinde
gütigst anzunehmen, welches ich derselben durch die Zuschrift meines Versuchs
einer Allegorie zu machen gesonnen bin: es wird dieselbe künftige Michael-
Messe an das Licht treten, u. gehörig übermachet werden. Ich hätte dieses
Werckgen eben so leicht in Welscher als in unserer Sprache abfassen können,
wenn nicht theils die Liebe des Vaterlandes, theils eine kleine Eitelkeit der
Bewegungs-Grund gewesen, und diese ist, den Deutschen etwas zu geben, was
unsere Nachbaren nicht aufweisen können.

E. HochEdelgeb. Anfrage über den Liefländer, dem ich etwas zugeschrieben/)
worauf dieser sich so wenig gewürdiget, nur eine einzige Zeile zu antworten,



") Dem Freiherrn F. R> von Berg, zu dem Winckelmann eine überau" leidenschaftliche
Liebe gefaßt hatte, war die 1763 erschienene "Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung
des Schonen in der Kunst" gewidmet. Nachdem dessen erste Danksagung verloren gegangen
war, lief eine zweite im August 1765 ein.

Uovsieur Uonsjeur Uurraz^, ?rokesseur Leeretairs ac lei. Looiet^
Roznlo 6öL deÜss I^eder<Z3äLioettinZus

Rom den 30. Merz 1765.


HochEdelgebohrner
Hochzuehrender Herr Professor

Es wird mir schwer E. HochEdelgebohrnen nach Würdigfeit zu antworten,
so wohl in Absicht auf Sie selbst, als aus mich ins besondere. Hier verursachet
dieses Dero über aus gütige Meinung von meiner Niedrigkeit, und dort die
wenige Kenntniß der großen Männer unserer Nation. Was Sie mir zumeßen.
übergebet meine Bescheidenheit billig mit Stillschweigen, schätze mich aber glück¬
lich, einigen Beyfall eines öffentlichen Lehrers der schönen Wissenschaften in dem
edelsten Sitze derselben erlanget zu haben. Was ich Ihnen aber wider geben
solte, wird unter meine Verpflichtungen oben an gesetzet, u. ich will den Mann
kennen lernen, dem ich eher als itzo meine große Hochachtung hätte bezeugen
sollen. Ich habe bey nahe in Zehen Jahren nichts aus Deutschland gesehen,
theils weil hier die gelehrten Wahren aus Ihren Gegenden selten sind, n.
spät anlangen, theils weil ich bisher blos unter Todten u. unter Steinen ge¬
sessen bin, u. es ist kaum ein Jahr, da ich zuerst einige meiner Kleinigkeiten in
der Vibliothec der schönen Wissenschaften gedruckt gesehen habe.

Ich wünschte daß ich künftig etwas würdiges liefern tönte, welches den
Schriften der Königlichen Gesellschaft verdienete einverleibet zu werden: denn
ich werde mich bemühen, die Ehre welche mir dieselben »r-Z durch E. HochEdel¬
gebohrnen Vermittelung erzeiget, in thätigen Proben zu erkennen. Jndeßen
bitte ich dieselben, die Königliche Gesellschaft zu ersuchen, ein geringes Angebinde
gütigst anzunehmen, welches ich derselben durch die Zuschrift meines Versuchs
einer Allegorie zu machen gesonnen bin: es wird dieselbe künftige Michael-
Messe an das Licht treten, u. gehörig übermachet werden. Ich hätte dieses
Werckgen eben so leicht in Welscher als in unserer Sprache abfassen können,
wenn nicht theils die Liebe des Vaterlandes, theils eine kleine Eitelkeit der
Bewegungs-Grund gewesen, und diese ist, den Deutschen etwas zu geben, was
unsere Nachbaren nicht aufweisen können.

E. HochEdelgeb. Anfrage über den Liefländer, dem ich etwas zugeschrieben/)
worauf dieser sich so wenig gewürdiget, nur eine einzige Zeile zu antworten,



") Dem Freiherrn F. R> von Berg, zu dem Winckelmann eine überau» leidenschaftliche
Liebe gefaßt hatte, war die 1763 erschienene „Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung
des Schonen in der Kunst" gewidmet. Nachdem dessen erste Danksagung verloren gegangen
war, lief eine zweite im August 1765 ein.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0508" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191738"/>
          <p xml:id="ID_1509"> Uovsieur Uonsjeur Uurraz^, ?rokesseur  Leeretairs ac lei. Looiet^<lb/>
Roznlo 6öL deÜss I^eder&lt;Z3äLioettinZus</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1510"> Rom den 30. Merz 1765.</p><lb/>
          <note type="salute"> HochEdelgebohrner<lb/>
Hochzuehrender Herr Professor</note><lb/>
          <p xml:id="ID_1511"> Es wird mir schwer E. HochEdelgebohrnen nach Würdigfeit zu antworten,<lb/>
so wohl in Absicht auf Sie selbst, als aus mich ins besondere. Hier verursachet<lb/>
dieses Dero über aus gütige Meinung von meiner Niedrigkeit, und dort die<lb/>
wenige Kenntniß der großen Männer unserer Nation. Was Sie mir zumeßen.<lb/>
übergebet meine Bescheidenheit billig mit Stillschweigen, schätze mich aber glück¬<lb/>
lich, einigen Beyfall eines öffentlichen Lehrers der schönen Wissenschaften in dem<lb/>
edelsten Sitze derselben erlanget zu haben. Was ich Ihnen aber wider geben<lb/>
solte, wird unter meine Verpflichtungen oben an gesetzet, u. ich will den Mann<lb/>
kennen lernen, dem ich eher als itzo meine große Hochachtung hätte bezeugen<lb/>
sollen. Ich habe bey nahe in Zehen Jahren nichts aus Deutschland gesehen,<lb/>
theils weil hier die gelehrten Wahren aus Ihren Gegenden selten sind, n.<lb/>
spät anlangen, theils weil ich bisher blos unter Todten u. unter Steinen ge¬<lb/>
sessen bin, u. es ist kaum ein Jahr, da ich zuerst einige meiner Kleinigkeiten in<lb/>
der Vibliothec der schönen Wissenschaften gedruckt gesehen habe.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1512"> Ich wünschte daß ich künftig etwas würdiges liefern tönte, welches den<lb/>
Schriften der Königlichen Gesellschaft verdienete einverleibet zu werden: denn<lb/>
ich werde mich bemühen, die Ehre welche mir dieselben »r-Z durch E. HochEdel¬<lb/>
gebohrnen Vermittelung erzeiget, in thätigen Proben zu erkennen. Jndeßen<lb/>
bitte ich dieselben, die Königliche Gesellschaft zu ersuchen, ein geringes Angebinde<lb/>
gütigst anzunehmen, welches ich derselben durch die Zuschrift meines Versuchs<lb/>
einer Allegorie zu machen gesonnen bin: es wird dieselbe künftige Michael-<lb/>
Messe an das Licht treten, u. gehörig übermachet werden. Ich hätte dieses<lb/>
Werckgen eben so leicht in Welscher als in unserer Sprache abfassen können,<lb/>
wenn nicht theils die Liebe des Vaterlandes, theils eine kleine Eitelkeit der<lb/>
Bewegungs-Grund gewesen, und diese ist, den Deutschen etwas zu geben, was<lb/>
unsere Nachbaren nicht aufweisen können.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1513" next="#ID_1514"> E. HochEdelgeb. Anfrage über den Liefländer, dem ich etwas zugeschrieben/)<lb/>
worauf dieser sich so wenig gewürdiget, nur eine einzige Zeile zu antworten,</p><lb/>
          <note xml:id="FID_60" place="foot"> ") Dem Freiherrn F. R&gt; von Berg, zu dem Winckelmann eine überau» leidenschaftliche<lb/>
Liebe gefaßt hatte, war die 1763 erschienene &#x201E;Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung<lb/>
des Schonen in der Kunst" gewidmet. Nachdem dessen erste Danksagung verloren gegangen<lb/>
war, lief eine zweite im August 1765 ein.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0508] Uovsieur Uonsjeur Uurraz^, ?rokesseur Leeretairs ac lei. Looiet^ Roznlo 6öL deÜss I^eder<Z3äLioettinZus Rom den 30. Merz 1765. HochEdelgebohrner Hochzuehrender Herr Professor Es wird mir schwer E. HochEdelgebohrnen nach Würdigfeit zu antworten, so wohl in Absicht auf Sie selbst, als aus mich ins besondere. Hier verursachet dieses Dero über aus gütige Meinung von meiner Niedrigkeit, und dort die wenige Kenntniß der großen Männer unserer Nation. Was Sie mir zumeßen. übergebet meine Bescheidenheit billig mit Stillschweigen, schätze mich aber glück¬ lich, einigen Beyfall eines öffentlichen Lehrers der schönen Wissenschaften in dem edelsten Sitze derselben erlanget zu haben. Was ich Ihnen aber wider geben solte, wird unter meine Verpflichtungen oben an gesetzet, u. ich will den Mann kennen lernen, dem ich eher als itzo meine große Hochachtung hätte bezeugen sollen. Ich habe bey nahe in Zehen Jahren nichts aus Deutschland gesehen, theils weil hier die gelehrten Wahren aus Ihren Gegenden selten sind, n. spät anlangen, theils weil ich bisher blos unter Todten u. unter Steinen ge¬ sessen bin, u. es ist kaum ein Jahr, da ich zuerst einige meiner Kleinigkeiten in der Vibliothec der schönen Wissenschaften gedruckt gesehen habe. Ich wünschte daß ich künftig etwas würdiges liefern tönte, welches den Schriften der Königlichen Gesellschaft verdienete einverleibet zu werden: denn ich werde mich bemühen, die Ehre welche mir dieselben »r-Z durch E. HochEdel¬ gebohrnen Vermittelung erzeiget, in thätigen Proben zu erkennen. Jndeßen bitte ich dieselben, die Königliche Gesellschaft zu ersuchen, ein geringes Angebinde gütigst anzunehmen, welches ich derselben durch die Zuschrift meines Versuchs einer Allegorie zu machen gesonnen bin: es wird dieselbe künftige Michael- Messe an das Licht treten, u. gehörig übermachet werden. Ich hätte dieses Werckgen eben so leicht in Welscher als in unserer Sprache abfassen können, wenn nicht theils die Liebe des Vaterlandes, theils eine kleine Eitelkeit der Bewegungs-Grund gewesen, und diese ist, den Deutschen etwas zu geben, was unsere Nachbaren nicht aufweisen können. E. HochEdelgeb. Anfrage über den Liefländer, dem ich etwas zugeschrieben/) worauf dieser sich so wenig gewürdiget, nur eine einzige Zeile zu antworten, ") Dem Freiherrn F. R> von Berg, zu dem Winckelmann eine überau» leidenschaftliche Liebe gefaßt hatte, war die 1763 erschienene „Abhandlung von der Fähigkeit der Empfindung des Schonen in der Kunst" gewidmet. Nachdem dessen erste Danksagung verloren gegangen war, lief eine zweite im August 1765 ein.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/508
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/508>, abgerufen am 15.01.2025.