Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.während der letzten Jahre vollzogen haben, sind mindestens ebenso radical und Veranlaßt durch die wunderähnlichen Resultate, welche das preußische Der directen Vorschläge, mit welchen General Fadejew hervorgetreten ist, soll weiter
unten in Kürze gedacht werden; ihre Annahme ist nach den bezüglichen Andeutungen des officiellen "Russischen Invaliden" ziemlich unwahrscheinlich; im Uebria.er ist der Werth der fadtjewschcn Darstellung auch von dieser Seite her vollständig anerkannt worden. während der letzten Jahre vollzogen haben, sind mindestens ebenso radical und Veranlaßt durch die wunderähnlichen Resultate, welche das preußische Der directen Vorschläge, mit welchen General Fadejew hervorgetreten ist, soll weiter
unten in Kürze gedacht werden; ihre Annahme ist nach den bezüglichen Andeutungen des officiellen „Russischen Invaliden" ziemlich unwahrscheinlich; im Uebria.er ist der Werth der fadtjewschcn Darstellung auch von dieser Seite her vollständig anerkannt worden. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191722"/> <p xml:id="ID_1474" prev="#ID_1473"> während der letzten Jahre vollzogen haben, sind mindestens ebenso radical und<lb/> durchgreifend, als die, welche sich auf politischem und socialem Gebiet durch¬<lb/> gesetzt haben und man würde sich einer groben Täuschung hingeben, wollte<lb/> man glauben. Organisation, Bewaffnung und Leitung der russischen Armee<lb/> seien heute dieselben, wie beim Ausbruch des orientalischen Krieges. Das Mi-<lb/> litärsystcm eines Staates steht beinahe überall mit dessen politischen Einrich¬<lb/> tungen, den Eigenthümlichkeiten und der Zusammensetzung seiner Bevölkerung<lb/> und der Natur seiner bürgerlichen Gesetze in engem Zusammenhang; eine Ver¬<lb/> änderung auf dem einen, zieht mit Nothwendigkeit auch Neugestaltungen auf<lb/> dem anderen Gebiet des staatlichen Lebens nach sich und die bloße Thatsache<lb/> der in Rußland geschehenen Aufhebung der Leibeigenschaft hätte hingereicht, um<lb/> der bewaffneten Macht dieses Staats ein durchaus verändertes Aussehen zu<lb/> geben. Da das Emancipationsgesetz vom 19. Febr. 1861 aber nur der Vor¬<lb/> läufer einer langen Reihe anderer Reformgesetze war und gleichzeitig mit diesen<lb/> an einer vollständigen Umgestaltung des Heerwesens gearbeitet wurde, liegt es<lb/> aus der Hand, daß die russische Armee von 1867 durchaus verschieden sein muß<lb/> von der, welche der Kaiser Nikolaus vor fünfzehn Jahren ins Feld stellte.</p><lb/> <p xml:id="ID_1475" next="#ID_1476"> Veranlaßt durch die wunderähnlichen Resultate, welche das preußische<lb/> Wehrsystem während des vorigen Jahres erzielt hat und die kriegerischen Re-<lb/> formpläne, mit denen die französische Regierung sich trägt, ist neuerdings ein<lb/> höherer russischer Militär, der General Fad ejew^) mit einer umfangreichen Schrift<lb/> über „Rußlands bewaffnete Macht" (LoopMoiiinM (Wi>i ?ocoiil) hervorgetreten.<lb/> Da es in Nußland gegenwärtig« üblich ist, alle literarischen Arbeiten zuerst<lb/> als Journalartikel in den großen moskauer und Petersburger Revuen erscheinen<lb/> zu lassen, so ist auch das fadejewsche Werk zunächst in einem moskauer Journal,<lb/> dem Westnik (Boten) abgedruckt worden; eine Separatausgabe wird bei dem Auf¬<lb/> sehen, das, dieses Buch erregt hat, sicher nicht lange auf sich warten lassen.<lb/> Da von einer deutschen Uebersetzung bis jetzt noch nirgend die Rede ist,<lb/> der Gegenstand aber ein Interesse hat, das im gegenwärtigen Augenblick<lb/> weit über die Grenzen des russischen Reiches hinausreicht, wird es den „Grenz-<lb/> boten" willkommen sein, über den Inhalt derselben, beziehungsweise über die<lb/> gegenwärtigen Zustände des russischen Heerwesens, eingehender berichten zu kön¬<lb/> nen. Indem wir vorausschicken, daß der Verfasser, trotzdem daß er die preu¬<lb/> ßischen Militäreinrichtungen mit entschiedener Mißgunst beurtheilt, in seinem<lb/> Werk eine modificirte Anwendung des preußischen Systems auf Nußland vor-</p><lb/> <note xml:id="FID_59" place="foot"> Der directen Vorschläge, mit welchen General Fadejew hervorgetreten ist, soll weiter<lb/> unten in Kürze gedacht werden; ihre Annahme ist nach den bezüglichen Andeutungen des<lb/> officiellen „Russischen Invaliden" ziemlich unwahrscheinlich; im Uebria.er ist der Werth der<lb/> fadtjewschcn Darstellung auch von dieser Seite her vollständig anerkannt worden.</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0492]
während der letzten Jahre vollzogen haben, sind mindestens ebenso radical und
durchgreifend, als die, welche sich auf politischem und socialem Gebiet durch¬
gesetzt haben und man würde sich einer groben Täuschung hingeben, wollte
man glauben. Organisation, Bewaffnung und Leitung der russischen Armee
seien heute dieselben, wie beim Ausbruch des orientalischen Krieges. Das Mi-
litärsystcm eines Staates steht beinahe überall mit dessen politischen Einrich¬
tungen, den Eigenthümlichkeiten und der Zusammensetzung seiner Bevölkerung
und der Natur seiner bürgerlichen Gesetze in engem Zusammenhang; eine Ver¬
änderung auf dem einen, zieht mit Nothwendigkeit auch Neugestaltungen auf
dem anderen Gebiet des staatlichen Lebens nach sich und die bloße Thatsache
der in Rußland geschehenen Aufhebung der Leibeigenschaft hätte hingereicht, um
der bewaffneten Macht dieses Staats ein durchaus verändertes Aussehen zu
geben. Da das Emancipationsgesetz vom 19. Febr. 1861 aber nur der Vor¬
läufer einer langen Reihe anderer Reformgesetze war und gleichzeitig mit diesen
an einer vollständigen Umgestaltung des Heerwesens gearbeitet wurde, liegt es
aus der Hand, daß die russische Armee von 1867 durchaus verschieden sein muß
von der, welche der Kaiser Nikolaus vor fünfzehn Jahren ins Feld stellte.
Veranlaßt durch die wunderähnlichen Resultate, welche das preußische
Wehrsystem während des vorigen Jahres erzielt hat und die kriegerischen Re-
formpläne, mit denen die französische Regierung sich trägt, ist neuerdings ein
höherer russischer Militär, der General Fad ejew^) mit einer umfangreichen Schrift
über „Rußlands bewaffnete Macht" (LoopMoiiinM (Wi>i ?ocoiil) hervorgetreten.
Da es in Nußland gegenwärtig« üblich ist, alle literarischen Arbeiten zuerst
als Journalartikel in den großen moskauer und Petersburger Revuen erscheinen
zu lassen, so ist auch das fadejewsche Werk zunächst in einem moskauer Journal,
dem Westnik (Boten) abgedruckt worden; eine Separatausgabe wird bei dem Auf¬
sehen, das, dieses Buch erregt hat, sicher nicht lange auf sich warten lassen.
Da von einer deutschen Uebersetzung bis jetzt noch nirgend die Rede ist,
der Gegenstand aber ein Interesse hat, das im gegenwärtigen Augenblick
weit über die Grenzen des russischen Reiches hinausreicht, wird es den „Grenz-
boten" willkommen sein, über den Inhalt derselben, beziehungsweise über die
gegenwärtigen Zustände des russischen Heerwesens, eingehender berichten zu kön¬
nen. Indem wir vorausschicken, daß der Verfasser, trotzdem daß er die preu¬
ßischen Militäreinrichtungen mit entschiedener Mißgunst beurtheilt, in seinem
Werk eine modificirte Anwendung des preußischen Systems auf Nußland vor-
Der directen Vorschläge, mit welchen General Fadejew hervorgetreten ist, soll weiter
unten in Kürze gedacht werden; ihre Annahme ist nach den bezüglichen Andeutungen des
officiellen „Russischen Invaliden" ziemlich unwahrscheinlich; im Uebria.er ist der Werth der
fadtjewschcn Darstellung auch von dieser Seite her vollständig anerkannt worden.
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