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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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schrecklichen Polizeiminister der Gesellschaft, dem Secretair, als gut und dienlich
angeordnet und bezahlt seit länger als einem halben Menschenalter üblich ge¬
worden. Die gedungenen Werkzeuge sind des Brodherrn würdig. In einem
Falle verfolgten zwei Vereinsmitglieder wochenlang ihr "Opfer" mit der Wind¬
büchse und dem "stillen Todtschläger" auf Schritt und Tritt, bei Tag und Nacht
sein Haus umlauernd, bis sich der rechte Moment gefunden. Und alle diese
Leute glauben recht gehandelt zu haben, weil das gemeinsame Vereinsinteresse
gewahrt werden müßte. Vielerlei Zwangsmittel gegen Ungehorsame und Ab¬
trünnige sind übrigens auch bei anderen l'ra.ass-IlQittns Sitte. So läßt solcher
Verein oft zahlungssäumigen Mitgliedern die Werkzeuge vom Arbeitsplatze ihrer
Brodherrn stehlen und so lange verstecken, bis sie dem Vereine gerecht geworden.
Und wehe dem Arbeiter, der mehr arbeitet' und in kürzerer Zeit, als vom Ver¬
eine festgesetzt worden. Er darf nicht besser oder geschickter sein wollen als die
anderen. Als Norm ist die Mittelmäßigkeit aufgestellt. Alle diese Manöver
culminiren dann von Zeit zu Zeit in "Strikes", deren Ausdehnung sich erst er¬
klärte, als man den Terrorismus kennen lernte, unter welchem die Societät
Mitglieder und NichtMitglieder des speciellen Vereins meistert und einschüchtert.

Diese Entdeckungen erklären zugleich, warum die englische Werktüchtigkeit
nicht mehr ihren ersten Platz behauptet und warum auf der Weltausstellung zu
Paris die nicht-englische Manufaktur die englischen Producte nur in 12 Classen
nicht überflügelt. Sheffield -- und grade Sheffield -- der Schauplatz des Ar¬
beiterterrorismus ist in Paris am dürftigsten vertreten. Es wird erwähnt, daß
die Arbeiter in Sheffield durch die stündliche Gefahr, der ihr eigenes Leben bei
Stahl-und Eisenarbeit ausgesetzt ist, so gleichgiltig gegen dasselbe werden, wie
gegen das anderer.

Davon ein haarsträubendes Beispiel: Um die Arbeiter bei den Schleifereien
und Nadelfeilen vor dem Eindringen der Splitter und des Stahlstaubes in die
Lungen zu schützen, hat man magnetische Netzmasken für das Gesicht eingeführt.
Da jedoch die dadurch herbeigeführte größere Gefahrlosigkeit der Arbeit einen
größeren Zufluß von Arbeitsuchenden für dieses Gewerbe zur Folge hatte, so
haben die Vereine ihre Mitglieder genöthigt, die schützenden Masken abzulegen.
So wird der hohe Lohn geschützt, der sehr hoch ist wegen der Lebensgefahr,
denn selten überlebt ein ohne Maske thätiger Arbeiter das 40. Jahr.

"Wollte Gott, dieser Gehorsam bis zum Tode gelte einem höheren Prin¬
cip als dem des in ein eisernes Gesellschaftssystem verkleideten Neides und
der Habsucht!"

So schrecklich lautet der Bericht unseres londoner Freundes.

Diese Enthüllungen erscheinen um so furchtbarer, je größer der Umfang
und die Ausdehnung der Arbeiterverbindungen im Laufe der Zeit geworden
ist. Die "Edinburgh ReView" versicherte im Jahr 1862, daß nach den besten


schrecklichen Polizeiminister der Gesellschaft, dem Secretair, als gut und dienlich
angeordnet und bezahlt seit länger als einem halben Menschenalter üblich ge¬
worden. Die gedungenen Werkzeuge sind des Brodherrn würdig. In einem
Falle verfolgten zwei Vereinsmitglieder wochenlang ihr „Opfer" mit der Wind¬
büchse und dem „stillen Todtschläger" auf Schritt und Tritt, bei Tag und Nacht
sein Haus umlauernd, bis sich der rechte Moment gefunden. Und alle diese
Leute glauben recht gehandelt zu haben, weil das gemeinsame Vereinsinteresse
gewahrt werden müßte. Vielerlei Zwangsmittel gegen Ungehorsame und Ab¬
trünnige sind übrigens auch bei anderen l'ra.ass-IlQittns Sitte. So läßt solcher
Verein oft zahlungssäumigen Mitgliedern die Werkzeuge vom Arbeitsplatze ihrer
Brodherrn stehlen und so lange verstecken, bis sie dem Vereine gerecht geworden.
Und wehe dem Arbeiter, der mehr arbeitet' und in kürzerer Zeit, als vom Ver¬
eine festgesetzt worden. Er darf nicht besser oder geschickter sein wollen als die
anderen. Als Norm ist die Mittelmäßigkeit aufgestellt. Alle diese Manöver
culminiren dann von Zeit zu Zeit in „Strikes", deren Ausdehnung sich erst er¬
klärte, als man den Terrorismus kennen lernte, unter welchem die Societät
Mitglieder und NichtMitglieder des speciellen Vereins meistert und einschüchtert.

Diese Entdeckungen erklären zugleich, warum die englische Werktüchtigkeit
nicht mehr ihren ersten Platz behauptet und warum auf der Weltausstellung zu
Paris die nicht-englische Manufaktur die englischen Producte nur in 12 Classen
nicht überflügelt. Sheffield — und grade Sheffield — der Schauplatz des Ar¬
beiterterrorismus ist in Paris am dürftigsten vertreten. Es wird erwähnt, daß
die Arbeiter in Sheffield durch die stündliche Gefahr, der ihr eigenes Leben bei
Stahl-und Eisenarbeit ausgesetzt ist, so gleichgiltig gegen dasselbe werden, wie
gegen das anderer.

Davon ein haarsträubendes Beispiel: Um die Arbeiter bei den Schleifereien
und Nadelfeilen vor dem Eindringen der Splitter und des Stahlstaubes in die
Lungen zu schützen, hat man magnetische Netzmasken für das Gesicht eingeführt.
Da jedoch die dadurch herbeigeführte größere Gefahrlosigkeit der Arbeit einen
größeren Zufluß von Arbeitsuchenden für dieses Gewerbe zur Folge hatte, so
haben die Vereine ihre Mitglieder genöthigt, die schützenden Masken abzulegen.
So wird der hohe Lohn geschützt, der sehr hoch ist wegen der Lebensgefahr,
denn selten überlebt ein ohne Maske thätiger Arbeiter das 40. Jahr.

„Wollte Gott, dieser Gehorsam bis zum Tode gelte einem höheren Prin¬
cip als dem des in ein eisernes Gesellschaftssystem verkleideten Neides und
der Habsucht!"

So schrecklich lautet der Bericht unseres londoner Freundes.

Diese Enthüllungen erscheinen um so furchtbarer, je größer der Umfang
und die Ausdehnung der Arbeiterverbindungen im Laufe der Zeit geworden
ist. Die „Edinburgh ReView" versicherte im Jahr 1862, daß nach den besten


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[0462] schrecklichen Polizeiminister der Gesellschaft, dem Secretair, als gut und dienlich angeordnet und bezahlt seit länger als einem halben Menschenalter üblich ge¬ worden. Die gedungenen Werkzeuge sind des Brodherrn würdig. In einem Falle verfolgten zwei Vereinsmitglieder wochenlang ihr „Opfer" mit der Wind¬ büchse und dem „stillen Todtschläger" auf Schritt und Tritt, bei Tag und Nacht sein Haus umlauernd, bis sich der rechte Moment gefunden. Und alle diese Leute glauben recht gehandelt zu haben, weil das gemeinsame Vereinsinteresse gewahrt werden müßte. Vielerlei Zwangsmittel gegen Ungehorsame und Ab¬ trünnige sind übrigens auch bei anderen l'ra.ass-IlQittns Sitte. So läßt solcher Verein oft zahlungssäumigen Mitgliedern die Werkzeuge vom Arbeitsplatze ihrer Brodherrn stehlen und so lange verstecken, bis sie dem Vereine gerecht geworden. Und wehe dem Arbeiter, der mehr arbeitet' und in kürzerer Zeit, als vom Ver¬ eine festgesetzt worden. Er darf nicht besser oder geschickter sein wollen als die anderen. Als Norm ist die Mittelmäßigkeit aufgestellt. Alle diese Manöver culminiren dann von Zeit zu Zeit in „Strikes", deren Ausdehnung sich erst er¬ klärte, als man den Terrorismus kennen lernte, unter welchem die Societät Mitglieder und NichtMitglieder des speciellen Vereins meistert und einschüchtert. Diese Entdeckungen erklären zugleich, warum die englische Werktüchtigkeit nicht mehr ihren ersten Platz behauptet und warum auf der Weltausstellung zu Paris die nicht-englische Manufaktur die englischen Producte nur in 12 Classen nicht überflügelt. Sheffield — und grade Sheffield — der Schauplatz des Ar¬ beiterterrorismus ist in Paris am dürftigsten vertreten. Es wird erwähnt, daß die Arbeiter in Sheffield durch die stündliche Gefahr, der ihr eigenes Leben bei Stahl-und Eisenarbeit ausgesetzt ist, so gleichgiltig gegen dasselbe werden, wie gegen das anderer. Davon ein haarsträubendes Beispiel: Um die Arbeiter bei den Schleifereien und Nadelfeilen vor dem Eindringen der Splitter und des Stahlstaubes in die Lungen zu schützen, hat man magnetische Netzmasken für das Gesicht eingeführt. Da jedoch die dadurch herbeigeführte größere Gefahrlosigkeit der Arbeit einen größeren Zufluß von Arbeitsuchenden für dieses Gewerbe zur Folge hatte, so haben die Vereine ihre Mitglieder genöthigt, die schützenden Masken abzulegen. So wird der hohe Lohn geschützt, der sehr hoch ist wegen der Lebensgefahr, denn selten überlebt ein ohne Maske thätiger Arbeiter das 40. Jahr. „Wollte Gott, dieser Gehorsam bis zum Tode gelte einem höheren Prin¬ cip als dem des in ein eisernes Gesellschaftssystem verkleideten Neides und der Habsucht!" So schrecklich lautet der Bericht unseres londoner Freundes. Diese Enthüllungen erscheinen um so furchtbarer, je größer der Umfang und die Ausdehnung der Arbeiterverbindungen im Laufe der Zeit geworden ist. Die „Edinburgh ReView" versicherte im Jahr 1862, daß nach den besten

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/462>, abgerufen am 15.01.2025.