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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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in 86 Abtheilungen zu 63 Mann oder in 35 zu 99 oder in 77 zu 45 vertheilt
werden. Desgleichen läßt sich darthun, daß die Zahl der möglichen Majoritäts¬
zusammensetzungen bei den indirecten Wahlen vollkommen mit der der directen
übereinstimmt. Worin liegt dann aber der Grund für das Geringersein der
Durchschnittsmajorität bei der indirecten Wahl? Antwort: In der Möglichkeit
des Sieges der Minorität.

Habe ich 35 Urwähler und die Aufgabe, sie so in 5 Abtheilungen a 7
Mann zu vertheilen, daß bei indirecter Wahl ein bestimmter Candidat gewählt
werde, so kann ich den Sieg herbeiführen, sobald ich über 12 sichere Stimmen
verfüge; ich vertheile dieselben zu je 4 Mann in drei Abtheilungen, sie wählen
darin mit je einer Stimme Majorität, falls die übrigen Urwähler gegen sie
stimmen sollten, je einen aus ihrer Mitte zum Wahlmann und da die so ge¬
wählten bereits die Majorität des Wahlmännercollegs bilden, so bringen sie bei
der Hauptwahl jedenfalls meinen Candidaten durch. Da das, was ich im
Gedanken absichtlich arrangirte, in der Wirklichkeit der Zufall herbeiführen kann,
so ist bei 35 Urwählern die Majorität, wenn sie aus 18 bis 23 Personen
besteht, nie sicher, ihren Candidaten durchzubringen, im Gegentheil können sehr
wohl 12 Wähler über 23.13 über 22, 14 über 21, 17 über 18 siegen. Kommt
ein solches Siegen der Minderheit über die Mehrheit, fragen wir weiter, häufig
vor, oder ist es eine Seltenheit? Die Rechnung zeigt, daß bei 35 Wählern
die Majorität auf mehr als 17379 Millionen verschiedene Weisen zusammen¬
gesetzt sein kann und eine Zusammenstellung ergiebt, daß in

428750 Fällen dabei 12 über 23 siegen
in 6774250 " " 13 " 22
in 50541050 " " 14 " 21
in 236816510 " " 15 " 20
in 759448675 " " 16 " 19
in 1724036825 " " 17 ,. 18

und überhaupt also in 2778046060 d. i. in fast einem Sechstel aller möglichen
Fälle die Minorität über die Mehrheit. Sind 25 Personen behufs einer Wahl
in 5 Abtheilungen H 5 Mann gebracht, so sind 16777216 Majoritätszusammen,
Seezungen möglich, unter diesen sind nur 1813781 Fälle, in denen der factischen
Majorität die Wahl ihres Candidaten unbedingt sicher ist, in 14936425 Fällen ist
dagegen die Sicherheit nur eine relative, denn die Majorität erringt im Durch¬
schnitt 12403685 mal den Sieg, während sie ihn 2659750 mal der Minorität über¬
läßt. Die Wahrscheinlichkeit eines Sieges der Minderheit über die Mehrheit
nimmt mit de5 Zahl der Wähler zu. Daß aber ein nicht unbedeutender Bruch,
theil sämmtlicher Wahlen Niederlagen der factischen Majorität enthält, geht
schon aus den gegebenen Beispielen hervor, und daß derselbe bei größeren
Zahlen gut V-. werde, läßt sich mathematisch unschwer beweisen. Ein Dreiclassen-


Grenjboten III. 1867. 53

in 86 Abtheilungen zu 63 Mann oder in 35 zu 99 oder in 77 zu 45 vertheilt
werden. Desgleichen läßt sich darthun, daß die Zahl der möglichen Majoritäts¬
zusammensetzungen bei den indirecten Wahlen vollkommen mit der der directen
übereinstimmt. Worin liegt dann aber der Grund für das Geringersein der
Durchschnittsmajorität bei der indirecten Wahl? Antwort: In der Möglichkeit
des Sieges der Minorität.

Habe ich 35 Urwähler und die Aufgabe, sie so in 5 Abtheilungen a 7
Mann zu vertheilen, daß bei indirecter Wahl ein bestimmter Candidat gewählt
werde, so kann ich den Sieg herbeiführen, sobald ich über 12 sichere Stimmen
verfüge; ich vertheile dieselben zu je 4 Mann in drei Abtheilungen, sie wählen
darin mit je einer Stimme Majorität, falls die übrigen Urwähler gegen sie
stimmen sollten, je einen aus ihrer Mitte zum Wahlmann und da die so ge¬
wählten bereits die Majorität des Wahlmännercollegs bilden, so bringen sie bei
der Hauptwahl jedenfalls meinen Candidaten durch. Da das, was ich im
Gedanken absichtlich arrangirte, in der Wirklichkeit der Zufall herbeiführen kann,
so ist bei 35 Urwählern die Majorität, wenn sie aus 18 bis 23 Personen
besteht, nie sicher, ihren Candidaten durchzubringen, im Gegentheil können sehr
wohl 12 Wähler über 23.13 über 22, 14 über 21, 17 über 18 siegen. Kommt
ein solches Siegen der Minderheit über die Mehrheit, fragen wir weiter, häufig
vor, oder ist es eine Seltenheit? Die Rechnung zeigt, daß bei 35 Wählern
die Majorität auf mehr als 17379 Millionen verschiedene Weisen zusammen¬
gesetzt sein kann und eine Zusammenstellung ergiebt, daß in

428750 Fällen dabei 12 über 23 siegen
in 6774250 „ „ 13 „ 22
in 50541050 „ „ 14 „ 21
in 236816510 „ „ 15 „ 20
in 759448675 „ „ 16 „ 19
in 1724036825 „ „ 17 ,. 18

und überhaupt also in 2778046060 d. i. in fast einem Sechstel aller möglichen
Fälle die Minorität über die Mehrheit. Sind 25 Personen behufs einer Wahl
in 5 Abtheilungen H 5 Mann gebracht, so sind 16777216 Majoritätszusammen,
Seezungen möglich, unter diesen sind nur 1813781 Fälle, in denen der factischen
Majorität die Wahl ihres Candidaten unbedingt sicher ist, in 14936425 Fällen ist
dagegen die Sicherheit nur eine relative, denn die Majorität erringt im Durch¬
schnitt 12403685 mal den Sieg, während sie ihn 2659750 mal der Minorität über¬
läßt. Die Wahrscheinlichkeit eines Sieges der Minderheit über die Mehrheit
nimmt mit de5 Zahl der Wähler zu. Daß aber ein nicht unbedeutender Bruch,
theil sämmtlicher Wahlen Niederlagen der factischen Majorität enthält, geht
schon aus den gegebenen Beispielen hervor, und daß derselbe bei größeren
Zahlen gut V-. werde, läßt sich mathematisch unschwer beweisen. Ein Dreiclassen-


Grenjboten III. 1867. 53
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[0427] in 86 Abtheilungen zu 63 Mann oder in 35 zu 99 oder in 77 zu 45 vertheilt werden. Desgleichen läßt sich darthun, daß die Zahl der möglichen Majoritäts¬ zusammensetzungen bei den indirecten Wahlen vollkommen mit der der directen übereinstimmt. Worin liegt dann aber der Grund für das Geringersein der Durchschnittsmajorität bei der indirecten Wahl? Antwort: In der Möglichkeit des Sieges der Minorität. Habe ich 35 Urwähler und die Aufgabe, sie so in 5 Abtheilungen a 7 Mann zu vertheilen, daß bei indirecter Wahl ein bestimmter Candidat gewählt werde, so kann ich den Sieg herbeiführen, sobald ich über 12 sichere Stimmen verfüge; ich vertheile dieselben zu je 4 Mann in drei Abtheilungen, sie wählen darin mit je einer Stimme Majorität, falls die übrigen Urwähler gegen sie stimmen sollten, je einen aus ihrer Mitte zum Wahlmann und da die so ge¬ wählten bereits die Majorität des Wahlmännercollegs bilden, so bringen sie bei der Hauptwahl jedenfalls meinen Candidaten durch. Da das, was ich im Gedanken absichtlich arrangirte, in der Wirklichkeit der Zufall herbeiführen kann, so ist bei 35 Urwählern die Majorität, wenn sie aus 18 bis 23 Personen besteht, nie sicher, ihren Candidaten durchzubringen, im Gegentheil können sehr wohl 12 Wähler über 23.13 über 22, 14 über 21, 17 über 18 siegen. Kommt ein solches Siegen der Minderheit über die Mehrheit, fragen wir weiter, häufig vor, oder ist es eine Seltenheit? Die Rechnung zeigt, daß bei 35 Wählern die Majorität auf mehr als 17379 Millionen verschiedene Weisen zusammen¬ gesetzt sein kann und eine Zusammenstellung ergiebt, daß in 428750 Fällen dabei 12 über 23 siegen in 6774250 „ „ 13 „ 22 in 50541050 „ „ 14 „ 21 in 236816510 „ „ 15 „ 20 in 759448675 „ „ 16 „ 19 in 1724036825 „ „ 17 ,. 18 und überhaupt also in 2778046060 d. i. in fast einem Sechstel aller möglichen Fälle die Minorität über die Mehrheit. Sind 25 Personen behufs einer Wahl in 5 Abtheilungen H 5 Mann gebracht, so sind 16777216 Majoritätszusammen, Seezungen möglich, unter diesen sind nur 1813781 Fälle, in denen der factischen Majorität die Wahl ihres Candidaten unbedingt sicher ist, in 14936425 Fällen ist dagegen die Sicherheit nur eine relative, denn die Majorität erringt im Durch¬ schnitt 12403685 mal den Sieg, während sie ihn 2659750 mal der Minorität über¬ läßt. Die Wahrscheinlichkeit eines Sieges der Minderheit über die Mehrheit nimmt mit de5 Zahl der Wähler zu. Daß aber ein nicht unbedeutender Bruch, theil sämmtlicher Wahlen Niederlagen der factischen Majorität enthält, geht schon aus den gegebenen Beispielen hervor, und daß derselbe bei größeren Zahlen gut V-. werde, läßt sich mathematisch unschwer beweisen. Ein Dreiclassen- Grenjboten III. 1867. 53

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/427>, abgerufen am 15.01.2025.