Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.tritt dieselbe energisch ans Tageslicht. Man wartet gehorsamst ab, was eine Grenzboten III. 1867. ^
tritt dieselbe energisch ans Tageslicht. Man wartet gehorsamst ab, was eine Grenzboten III. 1867. ^
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tritt dieselbe energisch ans Tageslicht. Man wartet gehorsamst ab, was eine
Hochwohlweise Obrigkeit zu befehlen geruhen werde. Wenige sind es, welche offen
auszusprechen wagen, daß die Einverleibung für das Land keineswegs eine
traurige Nothwendigkeit sei, sondern ihm Heil bringen müsse, daß der Accessions-
Vertrag aber das Gemeinwohl drohend gefährde — und diesen werden vieler-
seits die unwürdigsten Motive ihrer Parteinahme untergeschoben. In anderen
Kreisen, wo man sie zwar nicht gradezu als Verräther denuncirt, rechnet
man es ihnen wenigstens zum Verbrechen an, daß sie sich nicht von den
tiefsten Schmerzen zerrissen zeigen über den Untergang des heimischen Staatswe¬
sens. Schmerzen, die doch nur von Leuten empfunden werden können, welche ver¬
blendet genug sind, ein so unglückliches politisches Geschöpf, wie das Fürstenthum
Waldeck, das schon seit Jahren sein kränkliches Dasein nur mit Noth vor dem Hunger¬
tode schützen konnte, für einen lebensfähigen „Staat" zu halten. In diesen Kreisen
findet man es auch unbegreiflich, baß die Annexionisten nicht den tiefsten Schauder
davor empfinden, das „liberale" waldccksche Regiment mit der „reactionären Preu¬
ßischen Wirthschaft" zu vertauschen. Im Ernst giebt es viele Waldecker, die sich
in für den echten loyalen kleinstaatlichcn Philister charakteristischem Dünkel
einbilden, daß mit dem „engeren Vaterlande" eine wahre politische Muster¬
wirthschaft untergehen werde. Der Fürst von Waldeck ist ein Mann vom ehren¬
haftesten Sinn und aufrichtigsten Wohlwollen gegen seine bisherigen Unter¬
thanen; aber es kann doch niemand läugnen, daß er sich für die Uebertragung
der Ausübung seiner Staatsgewalt an Preußen von seinem Lande einen reckt
anständigen Preis zahlen zu lassen gedenkt. Auch die waldecksche Negierung ist
gewiß als eine wohlwollende zu bezeichnen; dennoch aber würde es nicht schwer
sein, nachzuweisen, daß es in Preußen hinsichtlich bureaukratischer Vielregicrerei,
ja hinsichtlich der Nichtbeachtung von Verfassung und Gesetz, persönlicher Bevor¬
zugung resp. Zurücksetzung und Nepotismus schlimmer als in Waldeck keinen-
falls ist, daß dieses Land im Gegentheil dem preußischen Regiment als einem
in unendlich vielen Beziehungen Segen bringenden entgegensehen kann. Be¬
weise beizubringen würde zu weit führen; doch wollen wir wenigstens ein
Beispiel dafür angeben, mit welchem Auge man heimische und preußische Zu¬
stände zu vergleichen pflegt. Ein Nachtrag zum Gesetz über die Gerichtsver¬
fassung vom 6. Februar 1834 bestimmt: „Im Fall der Verhinderung eines
Mitgliedes des Kreisgcrichts ernennt das Obergericht die erforderlichen Hilfs-
votanten aus inländischen, zum Richteramt überhaupt qualisicirten Personen."
Zum Richteramt qualificirt ist natürlich nur derjenige, welcher die juristischen
Examina bestanden hat (Verordnung vom 10. November 1826). Dennoch ist
ein Rechtscandidat, welcher das zweite Examen noch nicht gemacht hat. also
eine zum Richteramt qualificirte Person nicht ist, seit Jahren mit der Vertretung
verhinderter Richter und mit der provisorischen Verwaltung erledigter Nichterstellen
Grenzboten III. 1867. ^
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