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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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Doch es verstrich ein ganzer Monat, ohne daß man ihm die Ursache seiner
Berufung entdeckte, weswegen er sich auch genöthigt sah, bei Sr. k. Hoheit dem
Erzherzog Ludwig eine Audienz zu ersuchen, was auch geschah. Aber bei allem
dem erfuhr er wegen seiner Berufung kein Wort, vielmehr wurde er von Sr.
f. Hoheit befragt, was er von Sr. Majestät dem Kaiser wünsche -- auf welche
Frage er auch nicht anders zu antworten wußte, als daß er von Herrn Grafen
v. Stadion hierher beordert wurde, um hier von Sr. Majestät die gnädigste
Ankündigung seiner Berufung und der weiteren kaiserlichen Befehle zu erfahren.
Nach wenigen Tagen und zwar am 30. Januar 1848 wurde ihm von dem
Obersten Hofkanzler Herrn Grafen von Jnzeghi eine Zuschrift zugestellt, durch
welche der hochwürdigste Metropolit Ambrosius von den ungerechten und un¬
begründeten Beschwerden des russischen Hofes und des Patriarchen von Kon-
stantinopel, welche blos aus Haß gegen unsere, früher in ganz Rußland
herrschende Religion entstanden sind, in Kenntniß gesetzt und aufgefordert wurde,
sich über die ihm vorgeworfenen neun Punkte binnen acht Tagen zu rechtfertigen.
Se. Hochwürden versäumte nicht, gewissenhaft und der Wahrheit gemäß seine
schriftliche Rechtfertigung selbst persönlich dem Herrn Grafen von Jnzeghi am
7. Februar 1848 mit der Bitte um gnädige Fürsprache zu überreichen. Man
veriprach ihm solche und man erklärte ihm, daß dieses als eine diplomatische
Sache einzig und allein vom Fürsten Metternich abhänge. Allein leider wurde
auf seine Rechtfertigung gar keine Rücksicht genommen und ohne eines Ver¬
gehens überführt zu werden, demselben der allerhöchste Bescheid ertheilt, daß
seine Rückkehr in das bjelokrinitzer Kloster und fernere Werksamkeit (sie) für
die Altgläuber in der Bukowina nicht stattfinden könne.

Diese unerwartete Nachricht stürzte das ganze Klosterconvent und die sämmt¬
lichen AltMubigergemeinben in der Bukowina in die größte Verlegenheit und
verurjachte in den Gemüthern Aller die schrecklichste Verwirrung, welche sich
auch sogleich in das Kloster sammelten und sich einstimmig und freiwillig er¬
klärten, sie wollten keine Zeit und Unkosten scheuen und mehre Deputaten, aus
dem Kloster und Gemeinden gewählt, sogleich nach Wien zu Sr. Majestät ab¬
schicken, um sich über die Ursache dieses unglücklichen Ausspruchs zu erkundigen.
Doch um die unglücklichen Folgen, welche vielleicht durch Unvorsichtigkeit der
Gemeiiiben entstehen könnten, zu vermeiden, stellten sich idnen die vernünftigeren
Klosteunönche emgegen und es gelang ihnen. d>e Gemeinden durch reife Vor¬
stellungen und Wauiungcn. die nur aus kindlicher ^rede und fester Treue gegen
den allergnadignen Monarchen gemacht wurden, von dem kehlen Entschlüsse ab¬
zuhalten, bis sie aus Wien die letzte Einschließung Seiner Maj.seal erhalten.

Weil nun mir das ehrwürdige Klosterconvenr diese Sache M heiligsten
Pflicht machte und and^fohl.n hat. alle zur Ruck,ehr des hochw. Melropoliien
Ambrosius nöthigen Schritte zu machen, so werfe ich mich zu den Fußen Eruer


Doch es verstrich ein ganzer Monat, ohne daß man ihm die Ursache seiner
Berufung entdeckte, weswegen er sich auch genöthigt sah, bei Sr. k. Hoheit dem
Erzherzog Ludwig eine Audienz zu ersuchen, was auch geschah. Aber bei allem
dem erfuhr er wegen seiner Berufung kein Wort, vielmehr wurde er von Sr.
f. Hoheit befragt, was er von Sr. Majestät dem Kaiser wünsche — auf welche
Frage er auch nicht anders zu antworten wußte, als daß er von Herrn Grafen
v. Stadion hierher beordert wurde, um hier von Sr. Majestät die gnädigste
Ankündigung seiner Berufung und der weiteren kaiserlichen Befehle zu erfahren.
Nach wenigen Tagen und zwar am 30. Januar 1848 wurde ihm von dem
Obersten Hofkanzler Herrn Grafen von Jnzeghi eine Zuschrift zugestellt, durch
welche der hochwürdigste Metropolit Ambrosius von den ungerechten und un¬
begründeten Beschwerden des russischen Hofes und des Patriarchen von Kon-
stantinopel, welche blos aus Haß gegen unsere, früher in ganz Rußland
herrschende Religion entstanden sind, in Kenntniß gesetzt und aufgefordert wurde,
sich über die ihm vorgeworfenen neun Punkte binnen acht Tagen zu rechtfertigen.
Se. Hochwürden versäumte nicht, gewissenhaft und der Wahrheit gemäß seine
schriftliche Rechtfertigung selbst persönlich dem Herrn Grafen von Jnzeghi am
7. Februar 1848 mit der Bitte um gnädige Fürsprache zu überreichen. Man
veriprach ihm solche und man erklärte ihm, daß dieses als eine diplomatische
Sache einzig und allein vom Fürsten Metternich abhänge. Allein leider wurde
auf seine Rechtfertigung gar keine Rücksicht genommen und ohne eines Ver¬
gehens überführt zu werden, demselben der allerhöchste Bescheid ertheilt, daß
seine Rückkehr in das bjelokrinitzer Kloster und fernere Werksamkeit (sie) für
die Altgläuber in der Bukowina nicht stattfinden könne.

Diese unerwartete Nachricht stürzte das ganze Klosterconvent und die sämmt¬
lichen AltMubigergemeinben in der Bukowina in die größte Verlegenheit und
verurjachte in den Gemüthern Aller die schrecklichste Verwirrung, welche sich
auch sogleich in das Kloster sammelten und sich einstimmig und freiwillig er¬
klärten, sie wollten keine Zeit und Unkosten scheuen und mehre Deputaten, aus
dem Kloster und Gemeinden gewählt, sogleich nach Wien zu Sr. Majestät ab¬
schicken, um sich über die Ursache dieses unglücklichen Ausspruchs zu erkundigen.
Doch um die unglücklichen Folgen, welche vielleicht durch Unvorsichtigkeit der
Gemeiiiben entstehen könnten, zu vermeiden, stellten sich idnen die vernünftigeren
Klosteunönche emgegen und es gelang ihnen. d>e Gemeinden durch reife Vor¬
stellungen und Wauiungcn. die nur aus kindlicher ^rede und fester Treue gegen
den allergnadignen Monarchen gemacht wurden, von dem kehlen Entschlüsse ab¬
zuhalten, bis sie aus Wien die letzte Einschließung Seiner Maj.seal erhalten.

Weil nun mir das ehrwürdige Klosterconvenr diese Sache M heiligsten
Pflicht machte und and^fohl.n hat. alle zur Ruck,ehr des hochw. Melropoliien
Ambrosius nöthigen Schritte zu machen, so werfe ich mich zu den Fußen Eruer


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[0316] Doch es verstrich ein ganzer Monat, ohne daß man ihm die Ursache seiner Berufung entdeckte, weswegen er sich auch genöthigt sah, bei Sr. k. Hoheit dem Erzherzog Ludwig eine Audienz zu ersuchen, was auch geschah. Aber bei allem dem erfuhr er wegen seiner Berufung kein Wort, vielmehr wurde er von Sr. f. Hoheit befragt, was er von Sr. Majestät dem Kaiser wünsche — auf welche Frage er auch nicht anders zu antworten wußte, als daß er von Herrn Grafen v. Stadion hierher beordert wurde, um hier von Sr. Majestät die gnädigste Ankündigung seiner Berufung und der weiteren kaiserlichen Befehle zu erfahren. Nach wenigen Tagen und zwar am 30. Januar 1848 wurde ihm von dem Obersten Hofkanzler Herrn Grafen von Jnzeghi eine Zuschrift zugestellt, durch welche der hochwürdigste Metropolit Ambrosius von den ungerechten und un¬ begründeten Beschwerden des russischen Hofes und des Patriarchen von Kon- stantinopel, welche blos aus Haß gegen unsere, früher in ganz Rußland herrschende Religion entstanden sind, in Kenntniß gesetzt und aufgefordert wurde, sich über die ihm vorgeworfenen neun Punkte binnen acht Tagen zu rechtfertigen. Se. Hochwürden versäumte nicht, gewissenhaft und der Wahrheit gemäß seine schriftliche Rechtfertigung selbst persönlich dem Herrn Grafen von Jnzeghi am 7. Februar 1848 mit der Bitte um gnädige Fürsprache zu überreichen. Man veriprach ihm solche und man erklärte ihm, daß dieses als eine diplomatische Sache einzig und allein vom Fürsten Metternich abhänge. Allein leider wurde auf seine Rechtfertigung gar keine Rücksicht genommen und ohne eines Ver¬ gehens überführt zu werden, demselben der allerhöchste Bescheid ertheilt, daß seine Rückkehr in das bjelokrinitzer Kloster und fernere Werksamkeit (sie) für die Altgläuber in der Bukowina nicht stattfinden könne. Diese unerwartete Nachricht stürzte das ganze Klosterconvent und die sämmt¬ lichen AltMubigergemeinben in der Bukowina in die größte Verlegenheit und verurjachte in den Gemüthern Aller die schrecklichste Verwirrung, welche sich auch sogleich in das Kloster sammelten und sich einstimmig und freiwillig er¬ klärten, sie wollten keine Zeit und Unkosten scheuen und mehre Deputaten, aus dem Kloster und Gemeinden gewählt, sogleich nach Wien zu Sr. Majestät ab¬ schicken, um sich über die Ursache dieses unglücklichen Ausspruchs zu erkundigen. Doch um die unglücklichen Folgen, welche vielleicht durch Unvorsichtigkeit der Gemeiiiben entstehen könnten, zu vermeiden, stellten sich idnen die vernünftigeren Klosteunönche emgegen und es gelang ihnen. d>e Gemeinden durch reife Vor¬ stellungen und Wauiungcn. die nur aus kindlicher ^rede und fester Treue gegen den allergnadignen Monarchen gemacht wurden, von dem kehlen Entschlüsse ab¬ zuhalten, bis sie aus Wien die letzte Einschließung Seiner Maj.seal erhalten. Weil nun mir das ehrwürdige Klosterconvenr diese Sache M heiligsten Pflicht machte und and^fohl.n hat. alle zur Ruck,ehr des hochw. Melropoliien Ambrosius nöthigen Schritte zu machen, so werfe ich mich zu den Fußen Eruer

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/316>, abgerufen am 15.01.2025.