Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.Scepter ist für einen polnischen Staat dem Raum übrig." Diese Sätze, in So ist das Czechenthum von der großen Partei des nationalen russischen Außerhalb dieser Parteien giebt es in Nußland aber keine Anhänger des Scepter ist für einen polnischen Staat dem Raum übrig." Diese Sätze, in So ist das Czechenthum von der großen Partei des nationalen russischen Außerhalb dieser Parteien giebt es in Nußland aber keine Anhänger des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0166" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191396"/> <p xml:id="ID_441" prev="#ID_440"> Scepter ist für einen polnischen Staat dem Raum übrig." Diese Sätze, in<lb/> denen die Moskaner Zeitung ihren Lesern durchaus nichts Neues gesagt', son¬<lb/> dern blos eine Hundertmal geäußerte Ueberzeugung wiederholt hat, welche mit<lb/> den Anschauungen der großen russischen Partei des nationalen Staats wesentlich<lb/> übereinstimmt — sie bezeichnen eine Auffassung der panslawistischen Idee, welche<lb/> in diametralem Gegensatz zu der czcchischen, ja zu der westslawischen überhaupt<lb/> steht. Von dem großen Bundesstaat, der die slawischen Völker zu vereinigen<lb/> bestimmt ist, will diese Partei, welche die Repräsentantin des russischen Staats-<lb/> gedankens ist. nichts wissen, ihrer Anschauung nach ist die Verwirklichung des<lb/> Panslawismus identisch mit dem Ausgehen aller slawischen Stammeln den russischen<lb/> Einheitsstaat. So wenig innerhalb dieses Staats nach Ansicht Katkvws und<lb/> seiner Anhänger für ein'besonderes Polen oder Kleinrussenthum Raum ist, so<lb/> wenig kann es statthaft erscheinen, dieses fcstgeschlossenc Ganze einem Födera-<lb/> tivsystem gleichberechtigter Stämme zu opfern und dadurch um seine Macht und<lb/> Schlagfertigkeit zu bringen. Geht man auch nicht so weit, Einheit des religiö¬<lb/> sen Bekenntnisses und vollständiges Aufgeben aller sprachlichen Verschiedenheiien<lb/> zu fordern, so ist es nach dem Programm der in der Moskaner Zeitung reprä-<lb/> sentirten Partei doch nothwendig, daß nur eine Nationalität die politisch<lb/> herrschende, eine Sprache die officielle sei: man will auch den Polen ihr rö¬<lb/> misch-katholisches Bekenntniß und den privaten Gebrauch ihres Idioms lassen,<lb/> die polnisch-katholische Kirche soll aber zu einer allgemeinen katholischen Kirche<lb/> in Nußland werden, die russische Sprache allein vor Gericht und in der Admi¬<lb/> nistration herrschen und die polnische rin russischen Schriftzeichen geschrieben<lb/> werden. Zu Concessionen dieser Art wird das Czechcnthum sich aber ebensowenig<lb/> herbeilassen, wie das Poienthum; auch die Czechen stehen aus dem Boden einer<lb/> selbständigen, wesentlich westeuropäischen Bildung, welche sie ebensowenig zu<lb/> Gunsten des russischen wie des östreichischen Staats aufgeben wollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_442"> So ist das Czechenthum von der großen Partei des nationalen russischen<lb/> Staats, welche die Mehrzahl der russischen Anhänger des Panslawismus um¬<lb/> faßt, durch eine unverrückbare Schranke geschieden. Aehnlich ist es um das<lb/> Verhältniß dieser Nation zu der oben erwähnten Slawophilcnfraction bestellt:<lb/> besteht diese auch nicbt auf Einheit der politischen Sprache und Uniformnät<lb/> des staatlichen Organismus, ist sie sogar geneigt, in ein slawisches Födcraiiv-<lb/> system zu willigen, so steht sie wiederum durch ihre exclusiv - byzantinischen reli¬<lb/> giösen Anschauungen in schroffem Gegensatz zu den Czechen, wie zu allen römisch-<lb/> katholischen Slawen.</p><lb/> <p xml:id="ID_443" next="#ID_444"> Außerhalb dieser Parteien giebt es in Nußland aber keine Anhänger des<lb/> Panslawismus, mit denen sich transigiren ließe und die den nöthigen Einfluß<lb/> besäßen, um die Seibständigkeitswünsche ihrer Stammesbrüder durchzusetzen.<lb/> Wohl haben sich die Katkow und Leontjcw, wie die Atsakow, Sämann und<lb/> Lamanski in hervorragender Weise an den moskauer Festen betheiligt und in be¬<lb/> geisterten Reden für die Verbindung aller slawischen Stämme ergangen, — wie<lb/> wenig sie indessen gewillt sind auf'dem praktisch-politischen Gebiet von ihren<lb/> fest formulirten Forderungen abzugeben und etwas von ihren positiven Errungen¬<lb/> schaften zu opfern, hat sich bei Gelegenheit der kurzen aber leidenschaftlichen<lb/> Debatte über die polnische Frage, deren wir oben Erwähnung thaten, in über¬<lb/> zeugendster Weise gezeigt. — Es ist dem zweiten Slawencoiigreß darum noch<lb/> nicht alle Bedeutung und aller Einfluß auf die kräftige Haltung der östreichischen<lb/> Slawen abzusprechen, es kann leicht geschehen, daß dieselben dem wiener Cabinet<lb/> noch häufig mit einem Anschluß an den nordischen Riesen drohen — unläugbar<lb/> ist der Haupteindruck, den die Rieger und Palazky aus Moskau mitgebracht<lb/> haben, eben der eines geschärften politischen Gegensatzes gegen das Nussenthum</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0166]
Scepter ist für einen polnischen Staat dem Raum übrig." Diese Sätze, in
denen die Moskaner Zeitung ihren Lesern durchaus nichts Neues gesagt', son¬
dern blos eine Hundertmal geäußerte Ueberzeugung wiederholt hat, welche mit
den Anschauungen der großen russischen Partei des nationalen Staats wesentlich
übereinstimmt — sie bezeichnen eine Auffassung der panslawistischen Idee, welche
in diametralem Gegensatz zu der czcchischen, ja zu der westslawischen überhaupt
steht. Von dem großen Bundesstaat, der die slawischen Völker zu vereinigen
bestimmt ist, will diese Partei, welche die Repräsentantin des russischen Staats-
gedankens ist. nichts wissen, ihrer Anschauung nach ist die Verwirklichung des
Panslawismus identisch mit dem Ausgehen aller slawischen Stammeln den russischen
Einheitsstaat. So wenig innerhalb dieses Staats nach Ansicht Katkvws und
seiner Anhänger für ein'besonderes Polen oder Kleinrussenthum Raum ist, so
wenig kann es statthaft erscheinen, dieses fcstgeschlossenc Ganze einem Födera-
tivsystem gleichberechtigter Stämme zu opfern und dadurch um seine Macht und
Schlagfertigkeit zu bringen. Geht man auch nicht so weit, Einheit des religiö¬
sen Bekenntnisses und vollständiges Aufgeben aller sprachlichen Verschiedenheiien
zu fordern, so ist es nach dem Programm der in der Moskaner Zeitung reprä-
sentirten Partei doch nothwendig, daß nur eine Nationalität die politisch
herrschende, eine Sprache die officielle sei: man will auch den Polen ihr rö¬
misch-katholisches Bekenntniß und den privaten Gebrauch ihres Idioms lassen,
die polnisch-katholische Kirche soll aber zu einer allgemeinen katholischen Kirche
in Nußland werden, die russische Sprache allein vor Gericht und in der Admi¬
nistration herrschen und die polnische rin russischen Schriftzeichen geschrieben
werden. Zu Concessionen dieser Art wird das Czechcnthum sich aber ebensowenig
herbeilassen, wie das Poienthum; auch die Czechen stehen aus dem Boden einer
selbständigen, wesentlich westeuropäischen Bildung, welche sie ebensowenig zu
Gunsten des russischen wie des östreichischen Staats aufgeben wollen.
So ist das Czechenthum von der großen Partei des nationalen russischen
Staats, welche die Mehrzahl der russischen Anhänger des Panslawismus um¬
faßt, durch eine unverrückbare Schranke geschieden. Aehnlich ist es um das
Verhältniß dieser Nation zu der oben erwähnten Slawophilcnfraction bestellt:
besteht diese auch nicbt auf Einheit der politischen Sprache und Uniformnät
des staatlichen Organismus, ist sie sogar geneigt, in ein slawisches Födcraiiv-
system zu willigen, so steht sie wiederum durch ihre exclusiv - byzantinischen reli¬
giösen Anschauungen in schroffem Gegensatz zu den Czechen, wie zu allen römisch-
katholischen Slawen.
Außerhalb dieser Parteien giebt es in Nußland aber keine Anhänger des
Panslawismus, mit denen sich transigiren ließe und die den nöthigen Einfluß
besäßen, um die Seibständigkeitswünsche ihrer Stammesbrüder durchzusetzen.
Wohl haben sich die Katkow und Leontjcw, wie die Atsakow, Sämann und
Lamanski in hervorragender Weise an den moskauer Festen betheiligt und in be¬
geisterten Reden für die Verbindung aller slawischen Stämme ergangen, — wie
wenig sie indessen gewillt sind auf'dem praktisch-politischen Gebiet von ihren
fest formulirten Forderungen abzugeben und etwas von ihren positiven Errungen¬
schaften zu opfern, hat sich bei Gelegenheit der kurzen aber leidenschaftlichen
Debatte über die polnische Frage, deren wir oben Erwähnung thaten, in über¬
zeugendster Weise gezeigt. — Es ist dem zweiten Slawencoiigreß darum noch
nicht alle Bedeutung und aller Einfluß auf die kräftige Haltung der östreichischen
Slawen abzusprechen, es kann leicht geschehen, daß dieselben dem wiener Cabinet
noch häufig mit einem Anschluß an den nordischen Riesen drohen — unläugbar
ist der Haupteindruck, den die Rieger und Palazky aus Moskau mitgebracht
haben, eben der eines geschärften politischen Gegensatzes gegen das Nussenthum
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