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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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umher, durch Zauberkünste und Predigt Anhänger für seine Irrlehre werbend,
von Ort zu Ort, vom Morgenland zum Abendland. Und überall gelingt es
ihm, die Leute zu berücken; er ist im Stande zu fliegen, er wälzt sich im Feuer
ohne zu verbrennen, er kann die verschiedensten Gestalten annehmen, Und die
Gläubigsten gestehen, sie hätten sich von ihm täuschen lassen, werde sie nicht ge¬
wußt hätten, daß er alles nur durch Magie bewirke. Allein ihm auf dem Fuße
folgt, gleichfalls von Ort zu Ort, als dem falschen Propheten der wahre Pro¬
phet, der Apostel Petrus, die Irrlehre durch die wahre Lehre verdrängend.
Ueberall besiegt er die Künste des Magiers durch seine in der Gotteskraft ge¬
wirkten Wunder, überall hält er mit ihm öffentliche Streitunterredungen, in
welchen der Magier unierlicgt, überall richtet er christliche Gemeinden tin und
erscheint so als der eigentliche Apostel der Heidenwelt. Endlich kommt der
Magier auf seinem Laufe nach Westen unter der Regierung des Claudius nach
Rom und weiß durch seine Künste sich in solches Ansehen zu setzen, daß ihm
der Senat göttliche Ehre erweist und jene im 16. Jahrhundert wiederaufgefun-
dene Bildsäule auf der Tiberinsel setzen läßt, die wir bereits kennen. Aber
auch hierher folgt ihm Petrus nach, um ihn in der Welthauptstadt vor allem
Volk als Betrüger zu entlarven und sür immer unschädlich zu machen. Das
Ende, das hier der Magier nahm, wurde in verschiedener Weise erzählt und aben-
teuerlrch ausgemalt. Nach der einen Sage wollte er das Fliegen probiren,
schwang sich durch seine Zauberkünste in die Lust, wurde aber durch das Gebot
des Petrus zurückgerufen und stürzte mit gebrochenen Beinen herab. Eine andere
Sage läßt ihn zu Tode fallen, ^ach einer dritten läßt er sich lebendig begra¬
ben, mit der Verheißung, am dritten Tage wieder aufzustehen.

Dieser sagenhaften Gestalt liegt nun ohne Zweifel gar keine geschichtliche
Persönlichkeit zu Grunde. Man hat einen historischen Atthaltspunkt darin zu
finden geglaubt, daß Josephus einmal von einem Simon erzählt, der sich für
einen Zauberer ausgab und der als ein ganz gewöhnlicher Kuppler für den
Procurator Felix erscheint. Allein das Zusammentreffen der Namen ist rein
zufällig, Simon war ein sehr gewöhnlicher Name, und sonst hat dieser Simon
aus Cypern mit unserm Simon aus Samaria nicht das Mindeste zu schaffen.
Ebensowenig läßt sich aus der Angabe, daß die Seete der Simonianer ihm
ihren Namen verdanke, der Schluß auf die wirkliche Existenz dieses Simon
ziehen. Das Verhältniß war sehr häufig vielmehr ein umgekehrtes: es ist ein
bekannter Zug der Sage, eine bestehende Seele, deren Ursprung unbekannt war,
zurückzuführen aus eine mythische Persönlichkeit.

Ungleich wichtiger als solchen persönlichen Beziehungen nachzugehen, ist
es, die Elemente aufzusuchen, aus welchen sich die Sage gebildet hat. Und
wenn wir zusammenhalten, was von diesem Simon, von seinem Leben und
seiner Lehre ausgesagt wird, so ist es nicht schwer, ein doppeltes Element der


umher, durch Zauberkünste und Predigt Anhänger für seine Irrlehre werbend,
von Ort zu Ort, vom Morgenland zum Abendland. Und überall gelingt es
ihm, die Leute zu berücken; er ist im Stande zu fliegen, er wälzt sich im Feuer
ohne zu verbrennen, er kann die verschiedensten Gestalten annehmen, Und die
Gläubigsten gestehen, sie hätten sich von ihm täuschen lassen, werde sie nicht ge¬
wußt hätten, daß er alles nur durch Magie bewirke. Allein ihm auf dem Fuße
folgt, gleichfalls von Ort zu Ort, als dem falschen Propheten der wahre Pro¬
phet, der Apostel Petrus, die Irrlehre durch die wahre Lehre verdrängend.
Ueberall besiegt er die Künste des Magiers durch seine in der Gotteskraft ge¬
wirkten Wunder, überall hält er mit ihm öffentliche Streitunterredungen, in
welchen der Magier unierlicgt, überall richtet er christliche Gemeinden tin und
erscheint so als der eigentliche Apostel der Heidenwelt. Endlich kommt der
Magier auf seinem Laufe nach Westen unter der Regierung des Claudius nach
Rom und weiß durch seine Künste sich in solches Ansehen zu setzen, daß ihm
der Senat göttliche Ehre erweist und jene im 16. Jahrhundert wiederaufgefun-
dene Bildsäule auf der Tiberinsel setzen läßt, die wir bereits kennen. Aber
auch hierher folgt ihm Petrus nach, um ihn in der Welthauptstadt vor allem
Volk als Betrüger zu entlarven und sür immer unschädlich zu machen. Das
Ende, das hier der Magier nahm, wurde in verschiedener Weise erzählt und aben-
teuerlrch ausgemalt. Nach der einen Sage wollte er das Fliegen probiren,
schwang sich durch seine Zauberkünste in die Lust, wurde aber durch das Gebot
des Petrus zurückgerufen und stürzte mit gebrochenen Beinen herab. Eine andere
Sage läßt ihn zu Tode fallen, ^ach einer dritten läßt er sich lebendig begra¬
ben, mit der Verheißung, am dritten Tage wieder aufzustehen.

Dieser sagenhaften Gestalt liegt nun ohne Zweifel gar keine geschichtliche
Persönlichkeit zu Grunde. Man hat einen historischen Atthaltspunkt darin zu
finden geglaubt, daß Josephus einmal von einem Simon erzählt, der sich für
einen Zauberer ausgab und der als ein ganz gewöhnlicher Kuppler für den
Procurator Felix erscheint. Allein das Zusammentreffen der Namen ist rein
zufällig, Simon war ein sehr gewöhnlicher Name, und sonst hat dieser Simon
aus Cypern mit unserm Simon aus Samaria nicht das Mindeste zu schaffen.
Ebensowenig läßt sich aus der Angabe, daß die Seete der Simonianer ihm
ihren Namen verdanke, der Schluß auf die wirkliche Existenz dieses Simon
ziehen. Das Verhältniß war sehr häufig vielmehr ein umgekehrtes: es ist ein
bekannter Zug der Sage, eine bestehende Seele, deren Ursprung unbekannt war,
zurückzuführen aus eine mythische Persönlichkeit.

Ungleich wichtiger als solchen persönlichen Beziehungen nachzugehen, ist
es, die Elemente aufzusuchen, aus welchen sich die Sage gebildet hat. Und
wenn wir zusammenhalten, was von diesem Simon, von seinem Leben und
seiner Lehre ausgesagt wird, so ist es nicht schwer, ein doppeltes Element der


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[0140] umher, durch Zauberkünste und Predigt Anhänger für seine Irrlehre werbend, von Ort zu Ort, vom Morgenland zum Abendland. Und überall gelingt es ihm, die Leute zu berücken; er ist im Stande zu fliegen, er wälzt sich im Feuer ohne zu verbrennen, er kann die verschiedensten Gestalten annehmen, Und die Gläubigsten gestehen, sie hätten sich von ihm täuschen lassen, werde sie nicht ge¬ wußt hätten, daß er alles nur durch Magie bewirke. Allein ihm auf dem Fuße folgt, gleichfalls von Ort zu Ort, als dem falschen Propheten der wahre Pro¬ phet, der Apostel Petrus, die Irrlehre durch die wahre Lehre verdrängend. Ueberall besiegt er die Künste des Magiers durch seine in der Gotteskraft ge¬ wirkten Wunder, überall hält er mit ihm öffentliche Streitunterredungen, in welchen der Magier unierlicgt, überall richtet er christliche Gemeinden tin und erscheint so als der eigentliche Apostel der Heidenwelt. Endlich kommt der Magier auf seinem Laufe nach Westen unter der Regierung des Claudius nach Rom und weiß durch seine Künste sich in solches Ansehen zu setzen, daß ihm der Senat göttliche Ehre erweist und jene im 16. Jahrhundert wiederaufgefun- dene Bildsäule auf der Tiberinsel setzen läßt, die wir bereits kennen. Aber auch hierher folgt ihm Petrus nach, um ihn in der Welthauptstadt vor allem Volk als Betrüger zu entlarven und sür immer unschädlich zu machen. Das Ende, das hier der Magier nahm, wurde in verschiedener Weise erzählt und aben- teuerlrch ausgemalt. Nach der einen Sage wollte er das Fliegen probiren, schwang sich durch seine Zauberkünste in die Lust, wurde aber durch das Gebot des Petrus zurückgerufen und stürzte mit gebrochenen Beinen herab. Eine andere Sage läßt ihn zu Tode fallen, ^ach einer dritten läßt er sich lebendig begra¬ ben, mit der Verheißung, am dritten Tage wieder aufzustehen. Dieser sagenhaften Gestalt liegt nun ohne Zweifel gar keine geschichtliche Persönlichkeit zu Grunde. Man hat einen historischen Atthaltspunkt darin zu finden geglaubt, daß Josephus einmal von einem Simon erzählt, der sich für einen Zauberer ausgab und der als ein ganz gewöhnlicher Kuppler für den Procurator Felix erscheint. Allein das Zusammentreffen der Namen ist rein zufällig, Simon war ein sehr gewöhnlicher Name, und sonst hat dieser Simon aus Cypern mit unserm Simon aus Samaria nicht das Mindeste zu schaffen. Ebensowenig läßt sich aus der Angabe, daß die Seete der Simonianer ihm ihren Namen verdanke, der Schluß auf die wirkliche Existenz dieses Simon ziehen. Das Verhältniß war sehr häufig vielmehr ein umgekehrtes: es ist ein bekannter Zug der Sage, eine bestehende Seele, deren Ursprung unbekannt war, zurückzuführen aus eine mythische Persönlichkeit. Ungleich wichtiger als solchen persönlichen Beziehungen nachzugehen, ist es, die Elemente aufzusuchen, aus welchen sich die Sage gebildet hat. Und wenn wir zusammenhalten, was von diesem Simon, von seinem Leben und seiner Lehre ausgesagt wird, so ist es nicht schwer, ein doppeltes Element der

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/140>, abgerufen am 15.01.2025.