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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.

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unmöglich machen würde. Soll die Controle genau durchgeführt werden, so
wären ferner stete Visitationen der Tabaksläden, Nachforschungen nach unban-
derolirter Waare u. f. w. unausbleiblich, -- Dinge, welche auf den regelmäßigen
Geschäftsbetrieb ebenso ungünstig wirken, wie auf die Moralität des Volks und
von denen wir bis jetzt zum Glück frei geblieben sind.

Es bliebe nur noch übrig, von einer eventuellen Nachahmung der in Frank¬
reich. Oestreich u. s. w. üblichen Monopolisirung des Tabaks zu Gunsten des
Staates zu handeln, wie sie vielfach auch bei uns gefürchtet wird. Eine solche
scheint uns einfach unmöglich, da die Kosten einer Ablösung des Rechts zur
Production, Fabrikation und zum Vertriebe des Tabaks in Deutschland so hoch
wären, daß sie von den Regierungen nicht aufgebracht werden könnten: nach
dem Ausspruch eines Fachmannes würde die Ablösungssumme den doppelten
Betrag der Capitalien ausmachen, welche der vorigjährige Krieg gekostet hat, --
an diese Eventualität ist unter den gegebenen Verhältnissen mithin gar nicht zu
denken.

Sache des ersten deutschen Zollparlaments wird es sein, die Absichten der
Negierung auf eine Erhöhung der bestehenden und die Einführung neuer Steuern
auf den Tabak, sowie die denselben entgegenstehenden Gründe und Bedenken zu
prüfen und die Interessen des Staats mit denen der Staatsangehörigen in
den gehörigen Einklang zu bringen. Daß das möglich ist, glauben wir durch
die vorstehenden kurzen Andeutungen nachgewiesen zu haben. So unberechtigt
das kurzsichtige Geschrei derer ist, welche von einer Tabaksteuer einzig darum
nichts wissen wollen, weil ihnen jede Vertheuerung gewohnter Genüsse verwerflich
erscheint und weil sie auf dem beschränkten Standpunkt eines engherzigen Phi-
listerthums stehen, das von veralteten Vorstellungen ausgehend nur Ansprüche
an die Leistungen des Staats kennt, diesen aber mit einem Minimum von
Leistungen der Staatsangehörigen abzufinden für Recht und Pflicht hält -- so
ernstlich ist es zu wünschen, daß der neu geschaffene Staatsorganismus auch in
Sachen dieser Steuer beweise, daß er auf der Höhe der Zeit steht und den be¬
rechtigten Interessen seiner Bürger Rechnung zu tragen, Fähigkeit und Neigung
besitzt. Soll das geschehen, so wird vor allem nothwendig sein, daß von jenem
mittelalterlichen Grundsatze abgesehen werde, nach welchem Steuern einfach
da anzulegen sind, wo sie am bequemsten erhoben werden können und daß
Rücksichten auf Billigkeit gegen den Besteuerten außer Augen gesetzt werden
können, wo es sich um die Bequemlichkeit des Staats und seiner Diener han¬
delt. Nur von diesem Gesichtspunkte aus kann an dem Gedanken einer Pro-
ductionssteuer vom Grund und Boden festgehalten werden, da diese von allen
Arten der Tabaksbesteuerung die härteste und unzweckmäßigste ist und nur
die Bequemlichkeit der Erhebung für sich hat.




unmöglich machen würde. Soll die Controle genau durchgeführt werden, so
wären ferner stete Visitationen der Tabaksläden, Nachforschungen nach unban-
derolirter Waare u. f. w. unausbleiblich, — Dinge, welche auf den regelmäßigen
Geschäftsbetrieb ebenso ungünstig wirken, wie auf die Moralität des Volks und
von denen wir bis jetzt zum Glück frei geblieben sind.

Es bliebe nur noch übrig, von einer eventuellen Nachahmung der in Frank¬
reich. Oestreich u. s. w. üblichen Monopolisirung des Tabaks zu Gunsten des
Staates zu handeln, wie sie vielfach auch bei uns gefürchtet wird. Eine solche
scheint uns einfach unmöglich, da die Kosten einer Ablösung des Rechts zur
Production, Fabrikation und zum Vertriebe des Tabaks in Deutschland so hoch
wären, daß sie von den Regierungen nicht aufgebracht werden könnten: nach
dem Ausspruch eines Fachmannes würde die Ablösungssumme den doppelten
Betrag der Capitalien ausmachen, welche der vorigjährige Krieg gekostet hat, —
an diese Eventualität ist unter den gegebenen Verhältnissen mithin gar nicht zu
denken.

Sache des ersten deutschen Zollparlaments wird es sein, die Absichten der
Negierung auf eine Erhöhung der bestehenden und die Einführung neuer Steuern
auf den Tabak, sowie die denselben entgegenstehenden Gründe und Bedenken zu
prüfen und die Interessen des Staats mit denen der Staatsangehörigen in
den gehörigen Einklang zu bringen. Daß das möglich ist, glauben wir durch
die vorstehenden kurzen Andeutungen nachgewiesen zu haben. So unberechtigt
das kurzsichtige Geschrei derer ist, welche von einer Tabaksteuer einzig darum
nichts wissen wollen, weil ihnen jede Vertheuerung gewohnter Genüsse verwerflich
erscheint und weil sie auf dem beschränkten Standpunkt eines engherzigen Phi-
listerthums stehen, das von veralteten Vorstellungen ausgehend nur Ansprüche
an die Leistungen des Staats kennt, diesen aber mit einem Minimum von
Leistungen der Staatsangehörigen abzufinden für Recht und Pflicht hält — so
ernstlich ist es zu wünschen, daß der neu geschaffene Staatsorganismus auch in
Sachen dieser Steuer beweise, daß er auf der Höhe der Zeit steht und den be¬
rechtigten Interessen seiner Bürger Rechnung zu tragen, Fähigkeit und Neigung
besitzt. Soll das geschehen, so wird vor allem nothwendig sein, daß von jenem
mittelalterlichen Grundsatze abgesehen werde, nach welchem Steuern einfach
da anzulegen sind, wo sie am bequemsten erhoben werden können und daß
Rücksichten auf Billigkeit gegen den Besteuerten außer Augen gesetzt werden
können, wo es sich um die Bequemlichkeit des Staats und seiner Diener han¬
delt. Nur von diesem Gesichtspunkte aus kann an dem Gedanken einer Pro-
ductionssteuer vom Grund und Boden festgehalten werden, da diese von allen
Arten der Tabaksbesteuerung die härteste und unzweckmäßigste ist und nur
die Bequemlichkeit der Erhebung für sich hat.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_191229/137>, abgerufen am 15.01.2025.