Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, II. Semester. I. Band.kalte Presse die Töne möglichst hoch greifen, die Farben gehörig dick auftragen, Es ist unnöthig, ausführlich zu zeigen, zu welchen Mitteln diese Presse kalte Presse die Töne möglichst hoch greifen, die Farben gehörig dick auftragen, Es ist unnöthig, ausführlich zu zeigen, zu welchen Mitteln diese Presse <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0120" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/191350"/> <p xml:id="ID_300" prev="#ID_299"> kalte Presse die Töne möglichst hoch greifen, die Farben gehörig dick auftragen,<lb/> um in ihren Kreisen die gewünschte Temperatur gegen Preußen und den nord¬<lb/> deutschen Liberalismus zu erhalten. Die Taktik der antinationalen Parteien<lb/> geht hauptsächlich dahin, die Ansicht im Volke zu verbreiten, die Schöpfung des<lb/> norddeutschen Staatswesens sei ein ephemeres Werk der Gewalt, sei ein Karten¬<lb/> haus, das zusammenfallen werde, sobald man in Paris oder in Wien nur an¬<lb/> fange zu blasen. Die östreichisch-französische Allianz ist das tägliche Brod, von<lb/> dem diese Presse lebt, ihr Morgen- und Abendgebet. „Im Osten geht der Stern<lb/> der Freiheit auf", seit Herr von Beust die Geschicke des Concordatstaates lenkt,<lb/> und in Frankreich wird es ja nicht lange mehr anstehen, bis einmal wieder das<lb/> Straßenpflaster aufgerissen wird: so repräsentiren diese beiden Länder die Frei¬<lb/> heit gegen den in Norddeutschland verkörperten Absolutismus, CäsarismuS,<lb/> Militarismus, Cvrporalismus. Man sagt es nicht offen, aber man läßt es<lb/> durchblicken, daß im Fall eines Krieges der wahre deutsche Patriot aus Seite<lb/> Frankreichs und Oestreichs stehen müsse, denn aus der Zertrümmerung Preußens<lb/> werde mit Hilfe dieser Bundesgenossen die berühmte deutsche Freiheit hervor¬<lb/> gehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_301" next="#ID_302"> Es ist unnöthig, ausführlich zu zeigen, zu welchen Mitteln diese Presse<lb/> greift, um die nationalen Verträge bei der Bevölkerung zu denunciren. Es ist<lb/> immer dieselbe Methode. Die Zollcinigung hat natürlich keinen andern Zweck,<lb/> als die blühenden Finanzen der süddeutschen Staaten hinzuopfern für die un¬<lb/> ersättlichen Bedürfnisse Preußens, Süddeutschland ausplündern zu lassen<lb/> durch diese hungrigen Norddeutschen. Alle Lebensbedürfnisse des biederen Schwa¬<lb/> ben werden durch die bevorstehenden Steuern ins Unerschwingliche gesteigert,<lb/> der letzte Blutstropfe wird ihm durch die preußische Steuerschraube ausgepreßt,<lb/> ja nicht einmal das bescheidene Vergnügen, billigen Knaster aus ulmer Köpfen<lb/> zu rauchen, gönnen uns diese abscheulichen Junker, die sich anschicken, mit rohen<lb/> Händen dem biederen Landmann auch noch die traute Pfeife aus dem Munde<lb/> zu reißen, die ihm noch der einzige Balsam ist für den Schmerz über die drei¬<lb/> jährige Präsenzzeit seiner Söhne. Und vollends das Zollparlament! Der freie<lb/> Schwabe verschmäht es stolz, durch dieses Hinterpförtchen in ein deutsches Par¬<lb/> lament sich zu drücken. Hoch und weit muß die Einfahrt sein, wenn einst der<lb/> vom Nesenvach seinen Einzug hält. Aber noch hat es keine Elle, es kann ihn<lb/> nicht gelüsten nach dieser diäteulosen Anstalt für die besitzenden Classen, welche<lb/> die Schmach freiwilliger Knechtschaft als Wahlspruch über ihre Thüre geschrieben<lb/> hat; überhaupt wird es der Schwabe schon sagen, wenn er einmal ein Parla¬<lb/> ment haben will. Jetzt aber ist die höchste Zeit, der Verzündnadelung des Lan¬<lb/> des ein energisches Halt zuzurufen. Unverzeihlich ist es, daß man dem schwäbi¬<lb/> schen Krieger seine treffliche Waffe genommen hat, daß man sie auf preußisches<lb/> Kaliber auskolvt und damit zu elenden Blechbüchsen ruinirt. Mit Wehmuth</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0120]
kalte Presse die Töne möglichst hoch greifen, die Farben gehörig dick auftragen,
um in ihren Kreisen die gewünschte Temperatur gegen Preußen und den nord¬
deutschen Liberalismus zu erhalten. Die Taktik der antinationalen Parteien
geht hauptsächlich dahin, die Ansicht im Volke zu verbreiten, die Schöpfung des
norddeutschen Staatswesens sei ein ephemeres Werk der Gewalt, sei ein Karten¬
haus, das zusammenfallen werde, sobald man in Paris oder in Wien nur an¬
fange zu blasen. Die östreichisch-französische Allianz ist das tägliche Brod, von
dem diese Presse lebt, ihr Morgen- und Abendgebet. „Im Osten geht der Stern
der Freiheit auf", seit Herr von Beust die Geschicke des Concordatstaates lenkt,
und in Frankreich wird es ja nicht lange mehr anstehen, bis einmal wieder das
Straßenpflaster aufgerissen wird: so repräsentiren diese beiden Länder die Frei¬
heit gegen den in Norddeutschland verkörperten Absolutismus, CäsarismuS,
Militarismus, Cvrporalismus. Man sagt es nicht offen, aber man läßt es
durchblicken, daß im Fall eines Krieges der wahre deutsche Patriot aus Seite
Frankreichs und Oestreichs stehen müsse, denn aus der Zertrümmerung Preußens
werde mit Hilfe dieser Bundesgenossen die berühmte deutsche Freiheit hervor¬
gehen.
Es ist unnöthig, ausführlich zu zeigen, zu welchen Mitteln diese Presse
greift, um die nationalen Verträge bei der Bevölkerung zu denunciren. Es ist
immer dieselbe Methode. Die Zollcinigung hat natürlich keinen andern Zweck,
als die blühenden Finanzen der süddeutschen Staaten hinzuopfern für die un¬
ersättlichen Bedürfnisse Preußens, Süddeutschland ausplündern zu lassen
durch diese hungrigen Norddeutschen. Alle Lebensbedürfnisse des biederen Schwa¬
ben werden durch die bevorstehenden Steuern ins Unerschwingliche gesteigert,
der letzte Blutstropfe wird ihm durch die preußische Steuerschraube ausgepreßt,
ja nicht einmal das bescheidene Vergnügen, billigen Knaster aus ulmer Köpfen
zu rauchen, gönnen uns diese abscheulichen Junker, die sich anschicken, mit rohen
Händen dem biederen Landmann auch noch die traute Pfeife aus dem Munde
zu reißen, die ihm noch der einzige Balsam ist für den Schmerz über die drei¬
jährige Präsenzzeit seiner Söhne. Und vollends das Zollparlament! Der freie
Schwabe verschmäht es stolz, durch dieses Hinterpförtchen in ein deutsches Par¬
lament sich zu drücken. Hoch und weit muß die Einfahrt sein, wenn einst der
vom Nesenvach seinen Einzug hält. Aber noch hat es keine Elle, es kann ihn
nicht gelüsten nach dieser diäteulosen Anstalt für die besitzenden Classen, welche
die Schmach freiwilliger Knechtschaft als Wahlspruch über ihre Thüre geschrieben
hat; überhaupt wird es der Schwabe schon sagen, wenn er einmal ein Parla¬
ment haben will. Jetzt aber ist die höchste Zeit, der Verzündnadelung des Lan¬
des ein energisches Halt zuzurufen. Unverzeihlich ist es, daß man dem schwäbi¬
schen Krieger seine treffliche Waffe genommen hat, daß man sie auf preußisches
Kaliber auskolvt und damit zu elenden Blechbüchsen ruinirt. Mit Wehmuth
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