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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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waldigen, wenn er ein die langjährigen Erörterungen der Fr.ige zurückdenkt, ob
man wünschen und zulassen dürfe, daß Preußen mit dein nördlichen Deutsch¬
land in ein engeres bundesstaatliches Verhältniß trete, bevor der Südwesten'
dafür ebenfalls reif sei, oder ob man vielmehr darauf bestehen müsse, daß das
Ganze gleichzeitig neu construirt werde. Auf dem letzteren Standpunkt befindet
sich der skandinavischen Frage gegenüber der alte norwegische Storthingomann
Dunker, und findet warme Zustimmung bei den dänischen nationalen, Orla
Lehmann voran. Den ersteren Standpunkt nimmt die skandinavische Gesell¬
schaft zu Christiania ein, der Dunker und seine Anhänger infolge dessen den
Rücken gekehrt haben. Hauptsprecher dieser Richtung sind seitdem die Pro¬
fessoren Daa, Broch und Aschehoug. Ihr Programm für die Reform der
schwedisch-norwegischen Union empfing eine gewisse erste und gelegentliche Aus¬
prägung, als es sich im November vorigen Jahres um die Besetzung zweier
erledigter Plätze im Staatsrath handelte, wofür die Gesellschaft den Professor
Brock und den Höchstgerichtsasscssor Lövenskjold als Candidaien aufstellte. Bei
diesem Anlaß legte der Letztgenannte sein Glaubensbekenntniß ungefähr dahin
ab, daß die augenblickliche Unmöglichkeit der Union mit Dänemark weder die
Entwickelung der socialen Einheit des Nordens, noch namentlich auch ein nä¬
heres Zusammenschließe" der beiden bereits durch Personalunion vereinigten
Reiche aufhalten dürfe. Die Gemeinsamkeit der diplomatischen Angelegenheiten
bedürfe einer Fortbildung in dem Punkte, daß Norwegen ein größerer Einfluß
auf dieselben eingeräumt werde; das norwegische Heer müsse dem König vor¬
behaltloser zur Verfügung gestellt und mit dem schwedischen in soweit gleich¬
mäßig organisirt werden, daß das Zusammenwirken im KrieFe auf keinerlei
Schwierigkeiten stoße; endlich lasse sich vielleicht auch eine combinirte varia-
/ mentarische Körperschaft zur Controle gemeinsamer Angelegenheiten und Be¬
willigung des Unionsbudgets herstellen. Das Vielleicht in diesem letzten wich¬
tigen Stücke des Programms der norwegischen Slandinavisten ist beachtens-
werth. In der That hat die Unionsreform da ihren widerspenstigsten Haken.
Schwedens numerische Ueberlegenheit ist so groß, daß kaum eine Zusammen¬
setzung des gemeinsamen Parlaments denkbar erscheint, welche Norwegen be¬
ruhigte ohne Schweden allzu schreiend zu verkürzen. Hier würde Dänemarks
Zutritt allerdings das Mittel sein, ein schweres Hinderniß solchen Fortschritts
aus dem Wege zu räumen.

Neben den Anhängern der Univnsrefonn, welche die skandinavische Gesell¬
schaft, und den Danomanen, welche namentlich Dunker vertritt, giebt es in
Norwegen übrigens noch eine dritte Tendenz in Bezug auf auswärtige Politik,
von.^welcher die skandinavischen Federn als von "I. Sverdrups pangermani¬
schen Träumereien" sprechen. Mehr als daß hier eine ausgeprägte Hinneigung
zu Deutschland vorliegt, kann man zur Zeit daraus noch nicht schließen.


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waldigen, wenn er ein die langjährigen Erörterungen der Fr.ige zurückdenkt, ob
man wünschen und zulassen dürfe, daß Preußen mit dein nördlichen Deutsch¬
land in ein engeres bundesstaatliches Verhältniß trete, bevor der Südwesten'
dafür ebenfalls reif sei, oder ob man vielmehr darauf bestehen müsse, daß das
Ganze gleichzeitig neu construirt werde. Auf dem letzteren Standpunkt befindet
sich der skandinavischen Frage gegenüber der alte norwegische Storthingomann
Dunker, und findet warme Zustimmung bei den dänischen nationalen, Orla
Lehmann voran. Den ersteren Standpunkt nimmt die skandinavische Gesell¬
schaft zu Christiania ein, der Dunker und seine Anhänger infolge dessen den
Rücken gekehrt haben. Hauptsprecher dieser Richtung sind seitdem die Pro¬
fessoren Daa, Broch und Aschehoug. Ihr Programm für die Reform der
schwedisch-norwegischen Union empfing eine gewisse erste und gelegentliche Aus¬
prägung, als es sich im November vorigen Jahres um die Besetzung zweier
erledigter Plätze im Staatsrath handelte, wofür die Gesellschaft den Professor
Brock und den Höchstgerichtsasscssor Lövenskjold als Candidaien aufstellte. Bei
diesem Anlaß legte der Letztgenannte sein Glaubensbekenntniß ungefähr dahin
ab, daß die augenblickliche Unmöglichkeit der Union mit Dänemark weder die
Entwickelung der socialen Einheit des Nordens, noch namentlich auch ein nä¬
heres Zusammenschließe» der beiden bereits durch Personalunion vereinigten
Reiche aufhalten dürfe. Die Gemeinsamkeit der diplomatischen Angelegenheiten
bedürfe einer Fortbildung in dem Punkte, daß Norwegen ein größerer Einfluß
auf dieselben eingeräumt werde; das norwegische Heer müsse dem König vor¬
behaltloser zur Verfügung gestellt und mit dem schwedischen in soweit gleich¬
mäßig organisirt werden, daß das Zusammenwirken im KrieFe auf keinerlei
Schwierigkeiten stoße; endlich lasse sich vielleicht auch eine combinirte varia-
/ mentarische Körperschaft zur Controle gemeinsamer Angelegenheiten und Be¬
willigung des Unionsbudgets herstellen. Das Vielleicht in diesem letzten wich¬
tigen Stücke des Programms der norwegischen Slandinavisten ist beachtens-
werth. In der That hat die Unionsreform da ihren widerspenstigsten Haken.
Schwedens numerische Ueberlegenheit ist so groß, daß kaum eine Zusammen¬
setzung des gemeinsamen Parlaments denkbar erscheint, welche Norwegen be¬
ruhigte ohne Schweden allzu schreiend zu verkürzen. Hier würde Dänemarks
Zutritt allerdings das Mittel sein, ein schweres Hinderniß solchen Fortschritts
aus dem Wege zu räumen.

Neben den Anhängern der Univnsrefonn, welche die skandinavische Gesell¬
schaft, und den Danomanen, welche namentlich Dunker vertritt, giebt es in
Norwegen übrigens noch eine dritte Tendenz in Bezug auf auswärtige Politik,
von.^welcher die skandinavischen Federn als von „I. Sverdrups pangermani¬
schen Träumereien" sprechen. Mehr als daß hier eine ausgeprägte Hinneigung
zu Deutschland vorliegt, kann man zur Zeit daraus noch nicht schließen.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/513>, abgerufen am 22.12.2024.