Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

so nahe stehende Person dachte, macht dem Herzen des Herzogs Adolph alle
Ehre; aber immerhin macht- es einen nicht gleich objectiv zu classisicirendcn Ein¬
druck, an der Spitze der langen Liste den Kammerdiener und hinter ihm eine
endlose Reihe von Geheimen Regierungsräthen. Hofgerichtsräthen. Hofkammer-
räthen. Kirchenräthen, Obernu'dicinalräthen> Oberforsträthen, Geheimen Com-
merzienräthen. Gartendirectoren. Oberschulräthen. Seminardirectoren. Ober¬
steuerräthen und Edelleuten zu erblicken. Dieser wahrhaft excentrisch demokra¬
tische Einfall ist doppelt bemerkenswerth bei dem sonst (wenigstens höchstseiner
eigenen Meinung nach) so hocharistokratischen Herzog. Er verdient in der dem-
nächstigen "Iristor^ ok tlro äsoline: iurck k^II ot etre Mssovian lÄrixiiv" nicht
mit Stillschweigen übergangen zu werden. Wer weiß, was ein pragmatischer
Historiker daraus nicht alles zu deduciren wissen wird?

Sprechen wir nun von der nassauischen Medaille für Kunst und Wissen¬
schaft. An der Spitze der specifisch nassauischen Kunst und Wissenschaft mar-
schirt Herr Drächsler-Manfred,*) den wir auch bereits (mit einem pon-
ceaurothen Rockkragen und einem Paar grau melirter Pantalons bekleidet) an
der Spitze des darmstädter Hoftheaters angetroffen haben. Er hat einige sehr
rührende Gedichte tea.rlmng, xvLtiea) auf den Herzog Adolph gedichtet, welche
in der "Nassauischen Landeszeitung" die verdiente Ausnahme fanden.

Von Männern der Wissenschaft finden wir zwei wiener Aerzte, welche den
Herzog einmal behandelt haben, und den Vorsteher einer Privatirrenanstalt zu
Bendorf am Rhein. Die wichtigsten und am stärkste" bedachten Kategorien
aber sind: 1) Besitzer von Kaltwasserheilanstalten ^Stcinbacher in München,
Confeld in Wiesbaden u. s. w.); 2) Gärtner (Verschaffelt in Brüssel, Linden
daselbst. Geitner :c-); 3) Musiker und Mimen und Verwandtes, als da sind: MaMo
Salvi in Wien, Karl Formes, Kapellmeister Berlyn, Kapellmeister Hagen, Kapell¬
meister Jahr. Schauspieler Haase, Kantor Ludwig, Musiklehrer Ludwig, Theater-
secretär Dreher, Soloflötist Ciardi, k. k. Kapellmeister Zsäk u. f. w. Es scheint,
da der Großherzog Ludwig von Hessen bereits die Berühmtesten decorirt hatte,
so mußte der Herzog, der seine Wisscnschafts- und Kunstmedaille erst später
stiftete und deshalb wie der Achrenlcscr dem Schnitter folgte, zum Theil we¬
nigstens sich mit etwas weniger Berühmten begnügen. Einzelne dieser Groß'en
sind uns völlig unbekannt. Indessen liegt die Schuld gewiß nicht an diesen
decorirten und deshalb ohne Zweifel hochverdienten Männern, sondern einzig
und allein an unserer eigenen bedauerlichen Ignoranz.

In der Abhandlung " Hessen-Dcmnstadt in den Jahren 1850--1866" in



") In dem hessischen Staatshandbuch wird er in der Mitte seines ersten Namens mit
einem X. in dem nassauischen mit OI18 geschrieben. Eingeklemmt zwischen diesen beiden
officiellen Autoritäre", beginnt unser Witz sich zu drehe" und zwingt uns zu, dem Geständniß,
daß wir rathlos sind darüber, wie der Mann sich wohl wirklich schreibt. ^

so nahe stehende Person dachte, macht dem Herzen des Herzogs Adolph alle
Ehre; aber immerhin macht- es einen nicht gleich objectiv zu classisicirendcn Ein¬
druck, an der Spitze der langen Liste den Kammerdiener und hinter ihm eine
endlose Reihe von Geheimen Regierungsräthen. Hofgerichtsräthen. Hofkammer-
räthen. Kirchenräthen, Obernu'dicinalräthen> Oberforsträthen, Geheimen Com-
merzienräthen. Gartendirectoren. Oberschulräthen. Seminardirectoren. Ober¬
steuerräthen und Edelleuten zu erblicken. Dieser wahrhaft excentrisch demokra¬
tische Einfall ist doppelt bemerkenswerth bei dem sonst (wenigstens höchstseiner
eigenen Meinung nach) so hocharistokratischen Herzog. Er verdient in der dem-
nächstigen „Iristor^ ok tlro äsoline: iurck k^II ot etre Mssovian lÄrixiiv" nicht
mit Stillschweigen übergangen zu werden. Wer weiß, was ein pragmatischer
Historiker daraus nicht alles zu deduciren wissen wird?

Sprechen wir nun von der nassauischen Medaille für Kunst und Wissen¬
schaft. An der Spitze der specifisch nassauischen Kunst und Wissenschaft mar-
schirt Herr Drächsler-Manfred,*) den wir auch bereits (mit einem pon-
ceaurothen Rockkragen und einem Paar grau melirter Pantalons bekleidet) an
der Spitze des darmstädter Hoftheaters angetroffen haben. Er hat einige sehr
rührende Gedichte tea.rlmng, xvLtiea) auf den Herzog Adolph gedichtet, welche
in der „Nassauischen Landeszeitung" die verdiente Ausnahme fanden.

Von Männern der Wissenschaft finden wir zwei wiener Aerzte, welche den
Herzog einmal behandelt haben, und den Vorsteher einer Privatirrenanstalt zu
Bendorf am Rhein. Die wichtigsten und am stärkste» bedachten Kategorien
aber sind: 1) Besitzer von Kaltwasserheilanstalten ^Stcinbacher in München,
Confeld in Wiesbaden u. s. w.); 2) Gärtner (Verschaffelt in Brüssel, Linden
daselbst. Geitner :c-); 3) Musiker und Mimen und Verwandtes, als da sind: MaMo
Salvi in Wien, Karl Formes, Kapellmeister Berlyn, Kapellmeister Hagen, Kapell¬
meister Jahr. Schauspieler Haase, Kantor Ludwig, Musiklehrer Ludwig, Theater-
secretär Dreher, Soloflötist Ciardi, k. k. Kapellmeister Zsäk u. f. w. Es scheint,
da der Großherzog Ludwig von Hessen bereits die Berühmtesten decorirt hatte,
so mußte der Herzog, der seine Wisscnschafts- und Kunstmedaille erst später
stiftete und deshalb wie der Achrenlcscr dem Schnitter folgte, zum Theil we¬
nigstens sich mit etwas weniger Berühmten begnügen. Einzelne dieser Groß'en
sind uns völlig unbekannt. Indessen liegt die Schuld gewiß nicht an diesen
decorirten und deshalb ohne Zweifel hochverdienten Männern, sondern einzig
und allein an unserer eigenen bedauerlichen Ignoranz.

In der Abhandlung „ Hessen-Dcmnstadt in den Jahren 1850—1866" in



") In dem hessischen Staatshandbuch wird er in der Mitte seines ersten Namens mit
einem X. in dem nassauischen mit OI18 geschrieben. Eingeklemmt zwischen diesen beiden
officiellen Autoritäre», beginnt unser Witz sich zu drehe» und zwingt uns zu, dem Geständniß,
daß wir rathlos sind darüber, wie der Mann sich wohl wirklich schreibt. ^
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0405" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190564"/>
          <p xml:id="ID_1339" prev="#ID_1338"> so nahe stehende Person dachte, macht dem Herzen des Herzogs Adolph alle<lb/>
Ehre; aber immerhin macht- es einen nicht gleich objectiv zu classisicirendcn Ein¬<lb/>
druck, an der Spitze der langen Liste den Kammerdiener und hinter ihm eine<lb/>
endlose Reihe von Geheimen Regierungsräthen. Hofgerichtsräthen. Hofkammer-<lb/>
räthen. Kirchenräthen, Obernu'dicinalräthen&gt; Oberforsträthen, Geheimen Com-<lb/>
merzienräthen. Gartendirectoren. Oberschulräthen. Seminardirectoren. Ober¬<lb/>
steuerräthen und Edelleuten zu erblicken. Dieser wahrhaft excentrisch demokra¬<lb/>
tische Einfall ist doppelt bemerkenswerth bei dem sonst (wenigstens höchstseiner<lb/>
eigenen Meinung nach) so hocharistokratischen Herzog. Er verdient in der dem-<lb/>
nächstigen &#x201E;Iristor^ ok tlro äsoline: iurck k^II ot etre Mssovian lÄrixiiv" nicht<lb/>
mit Stillschweigen übergangen zu werden. Wer weiß, was ein pragmatischer<lb/>
Historiker daraus nicht alles zu deduciren wissen wird?</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1340"> Sprechen wir nun von der nassauischen Medaille für Kunst und Wissen¬<lb/>
schaft. An der Spitze der specifisch nassauischen Kunst und Wissenschaft mar-<lb/>
schirt Herr Drächsler-Manfred,*) den wir auch bereits (mit einem pon-<lb/>
ceaurothen Rockkragen und einem Paar grau melirter Pantalons bekleidet) an<lb/>
der Spitze des darmstädter Hoftheaters angetroffen haben. Er hat einige sehr<lb/>
rührende Gedichte tea.rlmng, xvLtiea) auf den Herzog Adolph gedichtet, welche<lb/>
in der &#x201E;Nassauischen Landeszeitung" die verdiente Ausnahme fanden.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1341"> Von Männern der Wissenschaft finden wir zwei wiener Aerzte, welche den<lb/>
Herzog einmal behandelt haben, und den Vorsteher einer Privatirrenanstalt zu<lb/>
Bendorf am Rhein. Die wichtigsten und am stärkste» bedachten Kategorien<lb/>
aber sind: 1) Besitzer von Kaltwasserheilanstalten ^Stcinbacher in München,<lb/>
Confeld in Wiesbaden u. s. w.); 2) Gärtner (Verschaffelt in Brüssel, Linden<lb/>
daselbst. Geitner :c-); 3) Musiker und Mimen und Verwandtes, als da sind: MaMo<lb/>
Salvi in Wien, Karl Formes, Kapellmeister Berlyn, Kapellmeister Hagen, Kapell¬<lb/>
meister Jahr. Schauspieler Haase, Kantor Ludwig, Musiklehrer Ludwig, Theater-<lb/>
secretär Dreher, Soloflötist Ciardi, k. k. Kapellmeister Zsäk u. f. w. Es scheint,<lb/>
da der Großherzog Ludwig von Hessen bereits die Berühmtesten decorirt hatte,<lb/>
so mußte der Herzog, der seine Wisscnschafts- und Kunstmedaille erst später<lb/>
stiftete und deshalb wie der Achrenlcscr dem Schnitter folgte, zum Theil we¬<lb/>
nigstens sich mit etwas weniger Berühmten begnügen. Einzelne dieser Groß'en<lb/>
sind uns völlig unbekannt. Indessen liegt die Schuld gewiß nicht an diesen<lb/>
decorirten und deshalb ohne Zweifel hochverdienten Männern, sondern einzig<lb/>
und allein an unserer eigenen bedauerlichen Ignoranz.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1342" next="#ID_1343"> In der Abhandlung &#x201E; Hessen-Dcmnstadt in den Jahren 1850&#x2014;1866" in</p><lb/>
          <note xml:id="FID_32" place="foot"> ") In dem hessischen Staatshandbuch wird er in der Mitte seines ersten Namens mit<lb/>
einem X. in dem nassauischen mit OI18 geschrieben. Eingeklemmt zwischen diesen beiden<lb/>
officiellen Autoritäre», beginnt unser Witz sich zu drehe» und zwingt uns zu, dem Geständniß,<lb/>
daß wir rathlos sind darüber, wie der Mann sich wohl wirklich schreibt. ^</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0405] so nahe stehende Person dachte, macht dem Herzen des Herzogs Adolph alle Ehre; aber immerhin macht- es einen nicht gleich objectiv zu classisicirendcn Ein¬ druck, an der Spitze der langen Liste den Kammerdiener und hinter ihm eine endlose Reihe von Geheimen Regierungsräthen. Hofgerichtsräthen. Hofkammer- räthen. Kirchenräthen, Obernu'dicinalräthen> Oberforsträthen, Geheimen Com- merzienräthen. Gartendirectoren. Oberschulräthen. Seminardirectoren. Ober¬ steuerräthen und Edelleuten zu erblicken. Dieser wahrhaft excentrisch demokra¬ tische Einfall ist doppelt bemerkenswerth bei dem sonst (wenigstens höchstseiner eigenen Meinung nach) so hocharistokratischen Herzog. Er verdient in der dem- nächstigen „Iristor^ ok tlro äsoline: iurck k^II ot etre Mssovian lÄrixiiv" nicht mit Stillschweigen übergangen zu werden. Wer weiß, was ein pragmatischer Historiker daraus nicht alles zu deduciren wissen wird? Sprechen wir nun von der nassauischen Medaille für Kunst und Wissen¬ schaft. An der Spitze der specifisch nassauischen Kunst und Wissenschaft mar- schirt Herr Drächsler-Manfred,*) den wir auch bereits (mit einem pon- ceaurothen Rockkragen und einem Paar grau melirter Pantalons bekleidet) an der Spitze des darmstädter Hoftheaters angetroffen haben. Er hat einige sehr rührende Gedichte tea.rlmng, xvLtiea) auf den Herzog Adolph gedichtet, welche in der „Nassauischen Landeszeitung" die verdiente Ausnahme fanden. Von Männern der Wissenschaft finden wir zwei wiener Aerzte, welche den Herzog einmal behandelt haben, und den Vorsteher einer Privatirrenanstalt zu Bendorf am Rhein. Die wichtigsten und am stärkste» bedachten Kategorien aber sind: 1) Besitzer von Kaltwasserheilanstalten ^Stcinbacher in München, Confeld in Wiesbaden u. s. w.); 2) Gärtner (Verschaffelt in Brüssel, Linden daselbst. Geitner :c-); 3) Musiker und Mimen und Verwandtes, als da sind: MaMo Salvi in Wien, Karl Formes, Kapellmeister Berlyn, Kapellmeister Hagen, Kapell¬ meister Jahr. Schauspieler Haase, Kantor Ludwig, Musiklehrer Ludwig, Theater- secretär Dreher, Soloflötist Ciardi, k. k. Kapellmeister Zsäk u. f. w. Es scheint, da der Großherzog Ludwig von Hessen bereits die Berühmtesten decorirt hatte, so mußte der Herzog, der seine Wisscnschafts- und Kunstmedaille erst später stiftete und deshalb wie der Achrenlcscr dem Schnitter folgte, zum Theil we¬ nigstens sich mit etwas weniger Berühmten begnügen. Einzelne dieser Groß'en sind uns völlig unbekannt. Indessen liegt die Schuld gewiß nicht an diesen decorirten und deshalb ohne Zweifel hochverdienten Männern, sondern einzig und allein an unserer eigenen bedauerlichen Ignoranz. In der Abhandlung „ Hessen-Dcmnstadt in den Jahren 1850—1866" in ") In dem hessischen Staatshandbuch wird er in der Mitte seines ersten Namens mit einem X. in dem nassauischen mit OI18 geschrieben. Eingeklemmt zwischen diesen beiden officiellen Autoritäre», beginnt unser Witz sich zu drehe» und zwingt uns zu, dem Geständniß, daß wir rathlos sind darüber, wie der Mann sich wohl wirklich schreibt. ^

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/405
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/405>, abgerufen am 30.06.2024.