Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.weiterem Felde der Entscheidung nickt allein eine Menge neuer Bundesgenossen, Während aber in Bremen die Sache gegenwärtig ruht, hat sie in Ham¬ ') Wir empfehlen Fachmänner" die statistischen Zusammenstellungen von Ferd. Plate
"Hamburgs Handel bei einem Anschlusse an den Zollverein" Hamburg, December 18KV <^"' lag von Otto Meißner und Bahre,) weiterem Felde der Entscheidung nickt allein eine Menge neuer Bundesgenossen, Während aber in Bremen die Sache gegenwärtig ruht, hat sie in Ham¬ ') Wir empfehlen Fachmänner» die statistischen Zusammenstellungen von Ferd. Plate
„Hamburgs Handel bei einem Anschlusse an den Zollverein" Hamburg, December 18KV <^"' lag von Otto Meißner und Bahre,) <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0370" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190529"/> <p xml:id="ID_1237" prev="#ID_1236"> weiterem Felde der Entscheidung nickt allein eine Menge neuer Bundesgenossen,<lb/> sondern gradezu das Übergewicht zu erlangen. Allein es scheint, daß es so<lb/> etwas wie eine eigentliche geschlossene Zvllvcreinspartei in Bremen gar nicht<lb/> mehr giebt. Nicht einmal die auch dort äußerst tiefgehende Aufregung der<lb/> Rcichstagswahlcn bat eine neue Bewegung für den Anschluß hervorgerufen.<lb/> Der eine Kandidat hat aus seiner dem Anschluß abgeneigten Ueberzeugung kein<lb/> Hehl zu machen gebraucht; der andere ist muthmaßlich für den Anschluß, wagte<lb/> ihn aber eben im Interesse seiner Wahl nicht ausdrücklich zu fordern. Wäre es<lb/> anders, hätte sich eine starke und eifrige Partei im Schoße der Stadt der ge¬<lb/> stiegenen Chancen für den Zollanschluß alsbald bemächtigt, so ließe sich Wohl<lb/> zweifeln, ob die preußische Regierung so bereitwillig zugestanden haben würde,<lb/> daß die Hansestädte sich über Eintritt in die Zollliuie oder Draußenvorbleiben<lb/> nach wie vor selbständig entscheiden sollen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1238" next="#ID_1239"> Während aber in Bremen die Sache gegenwärtig ruht, hat sie in Ham¬<lb/> burg, wo sie i» den fünfziger Jahren nur einen gewissen sanften Zeitungs¬<lb/> und Flugsebriflenkrieg veranlaßte, diesmal einen heftigeren und hartnäckigeren<lb/> Kampf entzündet, als selbst die Parlamentswahlen/) Natürlich genug! Hamburg<lb/> stand bisher in keinem intimeren Verhältniß zum Zollverein als etwa Däne¬<lb/> mark oder die Schweiz. Nun aber ereignet sich in Bezug auf Hamburg, was<lb/> in den fünfziger Jahren Bremen widerfuhr: seine unmittelbaren Umgebungen,<lb/> Schleswig-Holstein-Lauenburg und Mecklenburg, rüsten sich dem Zollverein bei-<lb/> zutreten. Und dazu kommt die gegenwärtige allgemeine Umwälzung in Deutsch¬<lb/> land, welche Hamburg gleich allen übrigen norddeutschen Staaten die handels¬<lb/> politische Autonomie kosten wird. Zwei gleich kräftige Gährungsstoffe sind hier<lb/> also auf einmal in die Gemüther geworfen. Rechtlich hört die hanseatische<lb/> Selbstbestimmung in Zollsachcn auf, und thatsächlich ist die bisherige völlige<lb/> Abschließung gegen den preußisch-deutschen Zvllverband, mit andern Worten<lb/> die handelspolitische Isolirung Hamburgs nicht länger haltbar. Das Zuge¬<lb/> ständnis; der preußischen Regierung in ihrem Verfassungsentwurf für den nord¬<lb/> deutsche» Bund, nach welchem die Hansestädte auch ferner selbständig über Fort-<lb/> dauer oder Aufgebung ihrer Frcihafenstellung entscheiden sollen, gewährt den<lb/> Anhängern des Bestehenden zwar eine gewisse Beruhigung. Aber wenn der<lb/> Reichstag demselben nicbt beitreten sollte, so fällt eben ihm. und nicht den han¬<lb/> seatischen Staaten und Bürgerschaften die Entscheidung anheim. Man hat daher<lb/> höchstens eine gewisse Aussicht, keine Gewißheit, daß die Frage in Hamburg<lb/> und Bremen selbst zum Auftrage kommen werde, statt in Berlin. Unter solchen<lb/> Umständen ist der Zungen- und Fcderkampf. der augenblicklich in Hamburg ge-</p><lb/> <note xml:id="FID_29" place="foot"> ') Wir empfehlen Fachmänner» die statistischen Zusammenstellungen von Ferd. Plate<lb/> „Hamburgs Handel bei einem Anschlusse an den Zollverein" Hamburg, December 18KV <^"'<lb/> lag von Otto Meißner und Bahre,)</note><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0370]
weiterem Felde der Entscheidung nickt allein eine Menge neuer Bundesgenossen,
sondern gradezu das Übergewicht zu erlangen. Allein es scheint, daß es so
etwas wie eine eigentliche geschlossene Zvllvcreinspartei in Bremen gar nicht
mehr giebt. Nicht einmal die auch dort äußerst tiefgehende Aufregung der
Rcichstagswahlcn bat eine neue Bewegung für den Anschluß hervorgerufen.
Der eine Kandidat hat aus seiner dem Anschluß abgeneigten Ueberzeugung kein
Hehl zu machen gebraucht; der andere ist muthmaßlich für den Anschluß, wagte
ihn aber eben im Interesse seiner Wahl nicht ausdrücklich zu fordern. Wäre es
anders, hätte sich eine starke und eifrige Partei im Schoße der Stadt der ge¬
stiegenen Chancen für den Zollanschluß alsbald bemächtigt, so ließe sich Wohl
zweifeln, ob die preußische Regierung so bereitwillig zugestanden haben würde,
daß die Hansestädte sich über Eintritt in die Zollliuie oder Draußenvorbleiben
nach wie vor selbständig entscheiden sollen.
Während aber in Bremen die Sache gegenwärtig ruht, hat sie in Ham¬
burg, wo sie i» den fünfziger Jahren nur einen gewissen sanften Zeitungs¬
und Flugsebriflenkrieg veranlaßte, diesmal einen heftigeren und hartnäckigeren
Kampf entzündet, als selbst die Parlamentswahlen/) Natürlich genug! Hamburg
stand bisher in keinem intimeren Verhältniß zum Zollverein als etwa Däne¬
mark oder die Schweiz. Nun aber ereignet sich in Bezug auf Hamburg, was
in den fünfziger Jahren Bremen widerfuhr: seine unmittelbaren Umgebungen,
Schleswig-Holstein-Lauenburg und Mecklenburg, rüsten sich dem Zollverein bei-
zutreten. Und dazu kommt die gegenwärtige allgemeine Umwälzung in Deutsch¬
land, welche Hamburg gleich allen übrigen norddeutschen Staaten die handels¬
politische Autonomie kosten wird. Zwei gleich kräftige Gährungsstoffe sind hier
also auf einmal in die Gemüther geworfen. Rechtlich hört die hanseatische
Selbstbestimmung in Zollsachcn auf, und thatsächlich ist die bisherige völlige
Abschließung gegen den preußisch-deutschen Zvllverband, mit andern Worten
die handelspolitische Isolirung Hamburgs nicht länger haltbar. Das Zuge¬
ständnis; der preußischen Regierung in ihrem Verfassungsentwurf für den nord¬
deutsche» Bund, nach welchem die Hansestädte auch ferner selbständig über Fort-
dauer oder Aufgebung ihrer Frcihafenstellung entscheiden sollen, gewährt den
Anhängern des Bestehenden zwar eine gewisse Beruhigung. Aber wenn der
Reichstag demselben nicbt beitreten sollte, so fällt eben ihm. und nicht den han¬
seatischen Staaten und Bürgerschaften die Entscheidung anheim. Man hat daher
höchstens eine gewisse Aussicht, keine Gewißheit, daß die Frage in Hamburg
und Bremen selbst zum Auftrage kommen werde, statt in Berlin. Unter solchen
Umständen ist der Zungen- und Fcderkampf. der augenblicklich in Hamburg ge-
') Wir empfehlen Fachmänner» die statistischen Zusammenstellungen von Ferd. Plate
„Hamburgs Handel bei einem Anschlusse an den Zollverein" Hamburg, December 18KV <^"'
lag von Otto Meißner und Bahre,)
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