Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.lich entsprach. Er formulirte das letztere mit unermüdlichem Eifer, im Sommer Vor uns liegen die officiellen Protokolle des kremsierer Verfassungsaus- So sprach und votirte am 23. Januar 1849 Palazky und sein treuer lich entsprach. Er formulirte das letztere mit unermüdlichem Eifer, im Sommer Vor uns liegen die officiellen Protokolle des kremsierer Verfassungsaus- So sprach und votirte am 23. Januar 1849 Palazky und sein treuer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0340" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190499"/> <p xml:id="ID_1157" prev="#ID_1156"> lich entsprach. Er formulirte das letztere mit unermüdlichem Eifer, im Sommer<lb/> und Winter 1848 und wiederholte sein Programm ein Jahr später. Selbstver¬<lb/> ständlich stand er aus einer revolutionären Basis und wollte von historischen<lb/> Rechten, von einer Anerkennung des bestehenden Rcchtsbodcs nichts wissen.<lb/> Hätte er nicht den Revolutionär herausgekehrt, so würden ihn seine eigenen<lb/> Landsleute, wie die Stimmung war, verläugnet haben. Da Palazly gegen¬<lb/> wärtig sowohl seine streng konservative Gesinnung, wie seine Consequenz zu<lb/> betonen liebt, und seine Anhänger mit dem Titel: Abtrünnige. Volksverräther<lb/> überaus freigebig sind, so ist es wohl gut. seinen föderalistischen Standpunkt<lb/> vom Jahre 1848 mit seinen eigenen Worten zu charakterisieren.</p><lb/> <p xml:id="ID_1158"> Vor uns liegen die officiellen Protokolle des kremsierer Verfassungsaus-<lb/> schusses. eine hoffentlich lautere, unverdächtige Quelle. In der Sitzung vom<lb/> 23. Januar 1849 bemerken wir unter den Rednern auch Palazky. der, nachdem<lb/> er gegen die Autonomie der Provinzen, wie sie in Oestreich thatsächlich be¬<lb/> stehen, geeifert, folgende Sätze aussprach: „Es geht eine Kraft durch die Welt,<lb/> man nennt sie den Weltgeist. In der historischen Entwicklung unserer Zeit<lb/> taucht ein Princip auf, welches im vorigen Jahre in die Geschichte Oestreichs<lb/> eintrat, es ist die Gleichberechtigung der Nationalitäten. Mit diesem Principe<lb/> ist die Emancipation der Slawen und Walachen in Oestreich ausgesprochen.<lb/> Wir müssen Oestreich so construiren. daß die Völker gern in Oestreich existi-<lb/> ren, das sei die uns leitende Idee. Die verschiedenen hier geltend gemachten<lb/> Ansprüche lassen sich dann befriedigen, wenn man der Geschichte und Ethno¬<lb/> graphie Rechnung trägt und einen Terminus der Convenienz findet, also natio¬<lb/> nal-historische Ländcrgruppcn dann als kleinere nationale Einheiten der Reichs¬<lb/> kreise annimmt. Ich schlage folgende Ländergruppen vor: 1) deutsch-östreichische,<lb/> 2) böhmische, 3) polnische. 4) illyrische, 5) italienische, 6) südslawische.<lb/> 7) magyarische, 8) Walachische Länder. Ich rechne zu der ersten Gruppe das Erz-<lb/> herzogthum Oestreich, Steiermark, Kärnthen, Salzburg. Deutschtirol, Deutsch-<lb/> böhmen. Deutschmähren und Schlesien, zur zweiten Czechisch-Böhmen,<lb/> Czechisch-Mähren und Schlesien, dann die Slowakei, zur dritten Galizien. Buko-<lb/> wina und ungarisch Ruthenier bis an die Karpathen, zum vierten Slawonien,<lb/> slawisch Steiermark, slawisch Kärnthen, Krain und Litorale. zur fünften Wälsch-<lb/> tirol. Lombardei und Venedig, zur sechsten Dalmatien, Kroatien, Slawonien,<lb/> und Waiwodowien, zur siebenten das magyarische Ungarn und Siebenbürgen, zur<lb/> achten die wallachischen Gebiete in Ungarn. Siebenbürgen und Bukowina. Ich<lb/> bin keineswegs gegen die Trennung Deutschböhmens und Czechiens.<lb/> wenn dies nur praktisch auszuführen wäre."</p><lb/> <p xml:id="ID_1159" next="#ID_1160"> So sprach und votirte am 23. Januar 1849 Palazky und sein treuer<lb/> Jünger, der dilettantisch gebildete Rieger wiederholte am nächsten Tage dasselbe<lb/> Programm: „Ich finde die Einteilung Oestreichs nach den bisherigen Pro-</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0340]
lich entsprach. Er formulirte das letztere mit unermüdlichem Eifer, im Sommer
und Winter 1848 und wiederholte sein Programm ein Jahr später. Selbstver¬
ständlich stand er aus einer revolutionären Basis und wollte von historischen
Rechten, von einer Anerkennung des bestehenden Rcchtsbodcs nichts wissen.
Hätte er nicht den Revolutionär herausgekehrt, so würden ihn seine eigenen
Landsleute, wie die Stimmung war, verläugnet haben. Da Palazly gegen¬
wärtig sowohl seine streng konservative Gesinnung, wie seine Consequenz zu
betonen liebt, und seine Anhänger mit dem Titel: Abtrünnige. Volksverräther
überaus freigebig sind, so ist es wohl gut. seinen föderalistischen Standpunkt
vom Jahre 1848 mit seinen eigenen Worten zu charakterisieren.
Vor uns liegen die officiellen Protokolle des kremsierer Verfassungsaus-
schusses. eine hoffentlich lautere, unverdächtige Quelle. In der Sitzung vom
23. Januar 1849 bemerken wir unter den Rednern auch Palazky. der, nachdem
er gegen die Autonomie der Provinzen, wie sie in Oestreich thatsächlich be¬
stehen, geeifert, folgende Sätze aussprach: „Es geht eine Kraft durch die Welt,
man nennt sie den Weltgeist. In der historischen Entwicklung unserer Zeit
taucht ein Princip auf, welches im vorigen Jahre in die Geschichte Oestreichs
eintrat, es ist die Gleichberechtigung der Nationalitäten. Mit diesem Principe
ist die Emancipation der Slawen und Walachen in Oestreich ausgesprochen.
Wir müssen Oestreich so construiren. daß die Völker gern in Oestreich existi-
ren, das sei die uns leitende Idee. Die verschiedenen hier geltend gemachten
Ansprüche lassen sich dann befriedigen, wenn man der Geschichte und Ethno¬
graphie Rechnung trägt und einen Terminus der Convenienz findet, also natio¬
nal-historische Ländcrgruppcn dann als kleinere nationale Einheiten der Reichs¬
kreise annimmt. Ich schlage folgende Ländergruppen vor: 1) deutsch-östreichische,
2) böhmische, 3) polnische. 4) illyrische, 5) italienische, 6) südslawische.
7) magyarische, 8) Walachische Länder. Ich rechne zu der ersten Gruppe das Erz-
herzogthum Oestreich, Steiermark, Kärnthen, Salzburg. Deutschtirol, Deutsch-
böhmen. Deutschmähren und Schlesien, zur zweiten Czechisch-Böhmen,
Czechisch-Mähren und Schlesien, dann die Slowakei, zur dritten Galizien. Buko-
wina und ungarisch Ruthenier bis an die Karpathen, zum vierten Slawonien,
slawisch Steiermark, slawisch Kärnthen, Krain und Litorale. zur fünften Wälsch-
tirol. Lombardei und Venedig, zur sechsten Dalmatien, Kroatien, Slawonien,
und Waiwodowien, zur siebenten das magyarische Ungarn und Siebenbürgen, zur
achten die wallachischen Gebiete in Ungarn. Siebenbürgen und Bukowina. Ich
bin keineswegs gegen die Trennung Deutschböhmens und Czechiens.
wenn dies nur praktisch auszuführen wäre."
So sprach und votirte am 23. Januar 1849 Palazky und sein treuer
Jünger, der dilettantisch gebildete Rieger wiederholte am nächsten Tage dasselbe
Programm: „Ich finde die Einteilung Oestreichs nach den bisherigen Pro-
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