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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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grau in grau gemalt, in irgendeiner überflüssigen Ecke. Erst nach dem Feste
kommt die Zeit zurück, wo sie sich wieder hinauswagt in der Form von Ansichts-
packeten, die der Sortimenter seinen Kunden ins Haus sendet.

Wie es bisher gegangen, so war es auch im verflossenen Jahre der Fall.
Ja. fast in noch höherem Grade. Das angenehme Gefühl ruhiger Zeiten
machte Vielen das Christfest doppelt behaglich. Wohl gab es Manche, die zu
Weihnachten nur Thränen haben konnten. Aber sie kauften vielleicht dafür
ernste Bücher zum Trost in traurigen Tagen. Und so hat der Sortimenter an
vielen Orten gute Geschäfte gemacht und der Verleger darf dafür hoffen, zu
Ostern zu ernten, was er zu Weihnachten gesäet.

Von buchhändlerischer Seite mag man sich der wieder friedlicher gewordenen
Zeit schon deshalb freuen, weil der Brochurcnverleger in seiner Thätigkeit be¬
deutend nachgelassen hat. Von beiden Seiten haben sich die Ansichten mehr
geklärt und der Schreier sind nicht mehr allzuviel?, die den Anschluß an Preußen
als das größte aller Uebel ansehen. Man fängt an zu finden, daß der Staats¬
mann nicht blos klug, sondern sogar erfolgreicher handelt, wenn er auch in der
Politik mit Weile eilt. So hofft man in der erträglichen Gegenwart auf eine
bessere Zukunft, und während draußen ein Streben nach größerer Konsolidation
sich geltend macht, hat auch das Börsenblatt für den deutschen Buchhandel von
Neujahr ab allen in Oestreich in ungarischer, slavischer und illyrischer Sprache
erscheinenden Bücher" seine officiellen Spalten verschlossen.

Wir können sonach kürzer über die Zeitbrochuren hinweggehen, als es uns
das letzte Mal möglich war. Die Ncupreußcn haben sich in ihr Schicksal gefügt
und nur von Wien ans ging ein -- wohl königlich hannoverscher -- Schmerzens-
schrei in die Welt "Deutschland und die Hohenzollern. Mahnruf an die deutsche
Nation". Mit Preußen und dem norddeutschen Bund beschäftigen sich einige
Hefte theils von antipreußischem, theils von preußischem Standpunkte aus.
So "Das norddeutsche Reich. Eine politische Studie"; "Preußen und die deutsche
Einheit"; "Das ganze Deutschland soll es sein. Ein Sendschreiben an das
deutsche Volk"; "Was hat Preußen gethan und was hat es zu thun. Zur Er-
wägung bei den Wahlen über den norddeutsche" Bundesstaat von Dr. A. Zimmer-
mann"; "Politische Theorie und Praxis. Ein Vortrag."; "Der norddeutsche
Bund und Mecklenburg". Auch Ludwig Bamberger hat von Paris aus ein
Schriftchen "Alte Parteien und neue Zustände" herübergesandt, während der
phantastische Rufer im Streit Jakob Benedey "Der Südbund" schrieb. Von
München gingen "Vier offene Briefe an den Grafen Bismarck" aus, während
aus dem übrigen Süddeutschland drei Brochüren vorliegen "Eine Stimme aus
Süddeutschland diesseits der Mainlinie. Als Mahnruf an Preußen von einem
Süddeutschen"; "Der Anschluß Süddeutschlands an den norddeutschen Bund.
Betrachtungen eines Süddeutschen im Herbst". Um das Kleeblatt voll zu


grau in grau gemalt, in irgendeiner überflüssigen Ecke. Erst nach dem Feste
kommt die Zeit zurück, wo sie sich wieder hinauswagt in der Form von Ansichts-
packeten, die der Sortimenter seinen Kunden ins Haus sendet.

Wie es bisher gegangen, so war es auch im verflossenen Jahre der Fall.
Ja. fast in noch höherem Grade. Das angenehme Gefühl ruhiger Zeiten
machte Vielen das Christfest doppelt behaglich. Wohl gab es Manche, die zu
Weihnachten nur Thränen haben konnten. Aber sie kauften vielleicht dafür
ernste Bücher zum Trost in traurigen Tagen. Und so hat der Sortimenter an
vielen Orten gute Geschäfte gemacht und der Verleger darf dafür hoffen, zu
Ostern zu ernten, was er zu Weihnachten gesäet.

Von buchhändlerischer Seite mag man sich der wieder friedlicher gewordenen
Zeit schon deshalb freuen, weil der Brochurcnverleger in seiner Thätigkeit be¬
deutend nachgelassen hat. Von beiden Seiten haben sich die Ansichten mehr
geklärt und der Schreier sind nicht mehr allzuviel?, die den Anschluß an Preußen
als das größte aller Uebel ansehen. Man fängt an zu finden, daß der Staats¬
mann nicht blos klug, sondern sogar erfolgreicher handelt, wenn er auch in der
Politik mit Weile eilt. So hofft man in der erträglichen Gegenwart auf eine
bessere Zukunft, und während draußen ein Streben nach größerer Konsolidation
sich geltend macht, hat auch das Börsenblatt für den deutschen Buchhandel von
Neujahr ab allen in Oestreich in ungarischer, slavischer und illyrischer Sprache
erscheinenden Bücher» seine officiellen Spalten verschlossen.

Wir können sonach kürzer über die Zeitbrochuren hinweggehen, als es uns
das letzte Mal möglich war. Die Ncupreußcn haben sich in ihr Schicksal gefügt
und nur von Wien ans ging ein — wohl königlich hannoverscher — Schmerzens-
schrei in die Welt „Deutschland und die Hohenzollern. Mahnruf an die deutsche
Nation". Mit Preußen und dem norddeutschen Bund beschäftigen sich einige
Hefte theils von antipreußischem, theils von preußischem Standpunkte aus.
So „Das norddeutsche Reich. Eine politische Studie"; „Preußen und die deutsche
Einheit"; „Das ganze Deutschland soll es sein. Ein Sendschreiben an das
deutsche Volk"; „Was hat Preußen gethan und was hat es zu thun. Zur Er-
wägung bei den Wahlen über den norddeutsche» Bundesstaat von Dr. A. Zimmer-
mann"; „Politische Theorie und Praxis. Ein Vortrag."; „Der norddeutsche
Bund und Mecklenburg". Auch Ludwig Bamberger hat von Paris aus ein
Schriftchen „Alte Parteien und neue Zustände" herübergesandt, während der
phantastische Rufer im Streit Jakob Benedey „Der Südbund" schrieb. Von
München gingen „Vier offene Briefe an den Grafen Bismarck" aus, während
aus dem übrigen Süddeutschland drei Brochüren vorliegen „Eine Stimme aus
Süddeutschland diesseits der Mainlinie. Als Mahnruf an Preußen von einem
Süddeutschen"; „Der Anschluß Süddeutschlands an den norddeutschen Bund.
Betrachtungen eines Süddeutschen im Herbst". Um das Kleeblatt voll zu


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/278>, abgerufen am 22.12.2024.