Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.Konsequenz und innere Widersprüche nachweisen; was dem Systematiker daran Andrerseits hat man seit dem August V. I. wieder preußischer Seits Manches Konsequenz und innere Widersprüche nachweisen; was dem Systematiker daran Andrerseits hat man seit dem August V. I. wieder preußischer Seits Manches <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0248" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190407"/> <p xml:id="ID_865" prev="#ID_864"> Konsequenz und innere Widersprüche nachweisen; was dem Systematiker daran<lb/> mißfallen wird, mag grade dem praktischen Mann behagen. Voraussetzung<lb/> für die Realisirung desselben ist immer ein Preußen, welches seine Uebermacht<lb/> sicher und schonend gebraucht, und ein Staatsmann darin, der seinem Geschick<lb/> vertraut, daß er in jeder Stunde, wo eine Aenderung nöthig wird, um die<lb/> nächstliegenden Auskunfsmittcl nicht verlegen sein werde. Denn es ist klar, daß die<lb/> Competenz des Bundespräsidiums sowohl als speciell des Reichstages für irgend¬<lb/> eine naheliegende große Frage nicht ausreichen werden. Es mag z. B. in der<lb/> nächsten Zukunft unvermeidlich werde», daß der Bund gegenüber dem Papst,<lb/> der katholischen Kirche und den geistlichen Genossenschaften einheitliche Stellung<lb/> nehme. Das wäre zur Zeit nach der neue» Verfassung nicht möglich. Es liegt<lb/> also im Wesen dieses Bundes, daß er sich bei neu entstellenden Bedürfnissen<lb/> enger ziehe und daß der Centralregierung und dem Reichstag allmälig auch<lb/> andere gemeinsame Interessen der Nation, welche jetzt nicht zu ihrer Competenz<lb/> gehören, untergestellt werden. Der Zug der großen Interessen wird ganz sicher<lb/> in vieler Richtung »ach dem Einheitsstaat gehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_866" next="#ID_867"> Andrerseits hat man seit dem August V. I. wieder preußischer Seits Manches<lb/> gethan und zugelassen, was dem Familieuintcresse einzelner crlanckter Häuser<lb/> und dem Separatismus der Landschaften günstig ist. Man wollte schonen und<lb/> versöhne», vor Europa den Beweis führen, daß man nicht unersättlich sei, und<lb/> man trug persönlichen Einflüssen mehrfach Rechnung. In den amuctirtcn<lb/> La»der» aber, wie bei den Bundesgenossen erhob sich in der Bevölkerung der Ruf:<lb/> Schonung der heimischen Einrichtungen, zum Theil, weil man die preußischen<lb/> Abgaben fürchtete, nicht weniger, weil man sich mit Recht bewußt war, daß man<lb/> i» Kirche, Schule und Volksbildung, in einzelnen Laudeoculturen, z. B. in<lb/> Forsten, ja sogar in der gesetzliche» Freiheit der Bürger und im Rechtsver-<lb/> fahren den Preußen voraus war. Fast in jeder Wablredc verspricht der Kan¬<lb/> didat für Schonung werther landschaftlicher Einrichtungen Sorge zu tragen und<lb/> die Borussificirung davon fern zu halten. Auch diese Strömung im Volke, welche<lb/> fast überall jenseit der alten Grenzen Preußens zu Tage kam, empfiehlt als<lb/> Rücksicht, nur das im Augenblick Nothwendige zu ce»trat>Siren. sieht mau<lb/> freilich näher zu. so ist diese locale Besorgnis; der Bevölkerung, Heimisches zu<lb/> verliere», nicht überall bedenklich u»d nicht überall unverständig. Daß mau<lb/> größere Lasten von sich fernhalten möchte, ist sehr menschlich, und seit es Wähler<lb/> und Gewählte giebt, war das nicht anders; in Geldsachen ist das zwingende<lb/> Bedürfniß des Staates immer zuerst als Härte empfunden worden. Auch das<lb/> Festhalte» am heimischen Recht, der Hannoveraner an ihrem Eivilprvceß. der<lb/> Hesse» an dem verfassungsmäßigen Recht ihrer Richter, über die Gesetzlichkeit<lb/> jeder landesherrlichen Verordnung zu entscheiden, können wir nicht tadeln, denn<lb/> dort war nach der erwähnten Richtung bereits Ansatz zu einer höheren Ent-</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0248]
Konsequenz und innere Widersprüche nachweisen; was dem Systematiker daran
mißfallen wird, mag grade dem praktischen Mann behagen. Voraussetzung
für die Realisirung desselben ist immer ein Preußen, welches seine Uebermacht
sicher und schonend gebraucht, und ein Staatsmann darin, der seinem Geschick
vertraut, daß er in jeder Stunde, wo eine Aenderung nöthig wird, um die
nächstliegenden Auskunfsmittcl nicht verlegen sein werde. Denn es ist klar, daß die
Competenz des Bundespräsidiums sowohl als speciell des Reichstages für irgend¬
eine naheliegende große Frage nicht ausreichen werden. Es mag z. B. in der
nächsten Zukunft unvermeidlich werde», daß der Bund gegenüber dem Papst,
der katholischen Kirche und den geistlichen Genossenschaften einheitliche Stellung
nehme. Das wäre zur Zeit nach der neue» Verfassung nicht möglich. Es liegt
also im Wesen dieses Bundes, daß er sich bei neu entstellenden Bedürfnissen
enger ziehe und daß der Centralregierung und dem Reichstag allmälig auch
andere gemeinsame Interessen der Nation, welche jetzt nicht zu ihrer Competenz
gehören, untergestellt werden. Der Zug der großen Interessen wird ganz sicher
in vieler Richtung »ach dem Einheitsstaat gehen.
Andrerseits hat man seit dem August V. I. wieder preußischer Seits Manches
gethan und zugelassen, was dem Familieuintcresse einzelner crlanckter Häuser
und dem Separatismus der Landschaften günstig ist. Man wollte schonen und
versöhne», vor Europa den Beweis führen, daß man nicht unersättlich sei, und
man trug persönlichen Einflüssen mehrfach Rechnung. In den amuctirtcn
La»der» aber, wie bei den Bundesgenossen erhob sich in der Bevölkerung der Ruf:
Schonung der heimischen Einrichtungen, zum Theil, weil man die preußischen
Abgaben fürchtete, nicht weniger, weil man sich mit Recht bewußt war, daß man
i» Kirche, Schule und Volksbildung, in einzelnen Laudeoculturen, z. B. in
Forsten, ja sogar in der gesetzliche» Freiheit der Bürger und im Rechtsver-
fahren den Preußen voraus war. Fast in jeder Wablredc verspricht der Kan¬
didat für Schonung werther landschaftlicher Einrichtungen Sorge zu tragen und
die Borussificirung davon fern zu halten. Auch diese Strömung im Volke, welche
fast überall jenseit der alten Grenzen Preußens zu Tage kam, empfiehlt als
Rücksicht, nur das im Augenblick Nothwendige zu ce»trat>Siren. sieht mau
freilich näher zu. so ist diese locale Besorgnis; der Bevölkerung, Heimisches zu
verliere», nicht überall bedenklich u»d nicht überall unverständig. Daß mau
größere Lasten von sich fernhalten möchte, ist sehr menschlich, und seit es Wähler
und Gewählte giebt, war das nicht anders; in Geldsachen ist das zwingende
Bedürfniß des Staates immer zuerst als Härte empfunden worden. Auch das
Festhalte» am heimischen Recht, der Hannoveraner an ihrem Eivilprvceß. der
Hesse» an dem verfassungsmäßigen Recht ihrer Richter, über die Gesetzlichkeit
jeder landesherrlichen Verordnung zu entscheiden, können wir nicht tadeln, denn
dort war nach der erwähnten Richtung bereits Ansatz zu einer höheren Ent-
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |