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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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Wegs mit solchen Übertragungen zu thun, wie sie fabrikmäßig dutzendweise zu
andern italienischen und französischen Opern geliefert wurden. Jetzt erst hat man
erkannt, wie schwer dergleichen ist.

Zum ersten Male liegt nun in der bitterschen Uebertragung ein Textbuch
des Don Juan vor, dessen man sich durchgehends erfreuen kann. Möglich, daß
einstens noch eine Verdeutschung gelingt, die mehr poetischen Reiz, noch größeren
innerlichen dichterischen Zauber hat, die den Gedanken an eine Uebersetzung ganz
vergessen läßt, aber begnügen wir uns vorerst mit dem Vorhandenen. Der
Don Juan in dieser neuen Uebertragung ist zugleich eine anmuthende Lectüre.
der Musik und der Darstellung wird ihre Aufnahme wesentlich zu Statten
kommen.

Daß es der gründliche und musikalisch hochgebildete Biograph I. S. Bachs,
der jenem trefflichen ersten Werke in dem vorliegenden Buche so rasch ein neues
schätzbares Zeugniß seiner Studien und seines Kunsteifers folgen ließ, nicht blos
auf Herausgabe seiner Ueberseßung allein abgesehen haben konnte, versteht sich.
Sein Buch giebt nicht nur die vollständige Verdeutschung des italienischen
Originals, wie es da Ponte schrieb, sondern auch dieses selbst. Weiter enthält
es eine eingehende Würdigung aller bereits vorliegenden Übersetzungen, eine
ebenso wirksame als fesselnde Darstellung der Charaktere der Oper, Bemerkun¬
gen über die samische Darstellung und die ruhige, einsichtige Abwägung einiger
immer wiederkehrender Controversen in Bezug auf dieselbe, ferner Anhänge
und Nachträge, die in engster Beziehung zu dem Gegenstande stehen. Seinen
ästhetischen Entscheidungen Pflichten wir vollständig bei. Wer noch eingehendere
Darstellung alles desjenigen, was auf den Don Juan Bezug hat. wünscht und
sucht, der findet dieselbe in Jahns großer Mozartbiographie (Band IV). Aber
auch neben diesem Meisterwerke darf Bitters Monographie als eine wesentliche
Bereicherung der Mozartliteratur angesehen werden.

Wir verzichten darauf, auch noch den zweiten Theil des in Rede stehenden
Werkes, die Uebersetzung von "Glucks Iphigenie in Tauris" und die sie be¬
gleitenden kritischen Bemerkungen näher ins Auge zu fassen. Es läßt sich darüber
in Bausch und Bogen nur ebenso Günstiges sagen, wie über den Don Juan
und somit sei auch diese werthvolle Arbeit der freundlichen Beachtung und Theil¬
Leut. nahme der Musik- und Literaturfreunde bestens empfohlen.




Wegs mit solchen Übertragungen zu thun, wie sie fabrikmäßig dutzendweise zu
andern italienischen und französischen Opern geliefert wurden. Jetzt erst hat man
erkannt, wie schwer dergleichen ist.

Zum ersten Male liegt nun in der bitterschen Uebertragung ein Textbuch
des Don Juan vor, dessen man sich durchgehends erfreuen kann. Möglich, daß
einstens noch eine Verdeutschung gelingt, die mehr poetischen Reiz, noch größeren
innerlichen dichterischen Zauber hat, die den Gedanken an eine Uebersetzung ganz
vergessen läßt, aber begnügen wir uns vorerst mit dem Vorhandenen. Der
Don Juan in dieser neuen Uebertragung ist zugleich eine anmuthende Lectüre.
der Musik und der Darstellung wird ihre Aufnahme wesentlich zu Statten
kommen.

Daß es der gründliche und musikalisch hochgebildete Biograph I. S. Bachs,
der jenem trefflichen ersten Werke in dem vorliegenden Buche so rasch ein neues
schätzbares Zeugniß seiner Studien und seines Kunsteifers folgen ließ, nicht blos
auf Herausgabe seiner Ueberseßung allein abgesehen haben konnte, versteht sich.
Sein Buch giebt nicht nur die vollständige Verdeutschung des italienischen
Originals, wie es da Ponte schrieb, sondern auch dieses selbst. Weiter enthält
es eine eingehende Würdigung aller bereits vorliegenden Übersetzungen, eine
ebenso wirksame als fesselnde Darstellung der Charaktere der Oper, Bemerkun¬
gen über die samische Darstellung und die ruhige, einsichtige Abwägung einiger
immer wiederkehrender Controversen in Bezug auf dieselbe, ferner Anhänge
und Nachträge, die in engster Beziehung zu dem Gegenstande stehen. Seinen
ästhetischen Entscheidungen Pflichten wir vollständig bei. Wer noch eingehendere
Darstellung alles desjenigen, was auf den Don Juan Bezug hat. wünscht und
sucht, der findet dieselbe in Jahns großer Mozartbiographie (Band IV). Aber
auch neben diesem Meisterwerke darf Bitters Monographie als eine wesentliche
Bereicherung der Mozartliteratur angesehen werden.

Wir verzichten darauf, auch noch den zweiten Theil des in Rede stehenden
Werkes, die Uebersetzung von „Glucks Iphigenie in Tauris" und die sie be¬
gleitenden kritischen Bemerkungen näher ins Auge zu fassen. Es läßt sich darüber
in Bausch und Bogen nur ebenso Günstiges sagen, wie über den Don Juan
und somit sei auch diese werthvolle Arbeit der freundlichen Beachtung und Theil¬
Leut. nahme der Musik- und Literaturfreunde bestens empfohlen.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/201>, abgerufen am 01.07.2024.