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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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In einem Aufsatze, den zunächst Ascolis "kritische Studien" veranlaßt haben,
handelt Herr Nuggiero Bonghi, dessen Name schon oben genannt wurde, von
der Classification der Sprachen und beweist darin eine Vertrautheit mit Stein¬
thals, Max Müllers, Humboldts Leistungen, von der wir wünschen, sie möge
in seiner Heimath recht allgemein werden. Ob er mia't besser gethan haben
würde, den Lesern der "Anthologie" erst nach einiger Vorbereitung Theilnahme
und Verständniß für seinen Gegenstand zuzumuthen, wollen wir dahin gestellt
sein lassen.

Die bildenden Künste finden in der neuen Zeitschrift die gebührende Be¬
rücksichtigung, indem theils neue Kunstwerke beurtheilt, theils die Fortschritte
der Bildhauerei und der Malerei in Italien seit dem Beginne des Jahrhunderts
ins Auge gefaßt, theils Winke zu einer neuen Bearbeitung verschiedener Gebiete
der italienischen Kunstgeschichte gegeben und die Leistungen bisheriger Bearbeiter
gekennzeichnet werden. -- Mit Theilnahme beobachten wir Deutsche in den
musikalischen Berichten das erwachende Interesse an deutscher Musik und die
gute Aufnahme, welche Mozart bei dem italienischen Opernpublikum findet!
durch Mozarts Vermittelung wird vielleicht auch seinen italienischen Zeitgenossen
und freilich überholten Lehrern die Bühne ihrer Heimath sich wieder aufthun
und nach und nach die Gesellschaft von allerlei ästhetischen Verirrungen zurück¬
kommen.

Wir würden die poetischen Beiträge, welche die "Anthologie" veröffentlicht,
nicht so weit zurückstelle", wenn sie nicht gar so spärlich zugemessen wären;
eine kleine Uebersetzung aus dem Indischen, Bruchstücke einer Faustübersetzung
von Massai, ebenfalls von ganz geringem Umfange, und ein nicht eben werth¬
volles dramatisirtcs Sprichwort sind alles, was wir von poetischen Leistungen
zu verzeichnen haben. Doch wollen wir ja nicht den Herausgeber, wenn ihm
diese Zeilen zu Gesichte kommen sollten, veranlaßt haben, auch nur einen
mittelmäßigen Vers aufzunehmen. den er sonst zurückgewiesen hätte.

Indem wir noch der Besprechungen neuer Bücher aus dem Inland und
aus der Ficmde und der allmonatlichen Uebersicht der politischen Ereignisse er¬
wähnen, glauben wir den letzten wesentlichen Zug beizufügen, welcher zum
Bild von der Thätigkeit der sehr schätzenswerthen Zeitschrift gehört. Doch nein,
es bleibt noch eines. Auf der Innenseite des Umschlages finden sich hinten,
ganz wie bei der hierin gewiß nicht mustergiltigen Revue des deux Mondes,
kürzere Recensionen, die für uns wenigstens gar nicht zu dem am wenigsten
Wertvollen gehören und die des weißen statt des rosenfarbenen Papieres nicht
minder werth sind und unter die Abfälle des Buchbinders zu gerathen nicht
eher verdienen, als manches was ihnen vorangeht.

Wir haben uns überzeugt, daß die "neue Anthologie" dem Ausländer er¬
möglicht, in einer recht ersprießlichen Verbindung mit dem geistigen Leben in


In einem Aufsatze, den zunächst Ascolis „kritische Studien" veranlaßt haben,
handelt Herr Nuggiero Bonghi, dessen Name schon oben genannt wurde, von
der Classification der Sprachen und beweist darin eine Vertrautheit mit Stein¬
thals, Max Müllers, Humboldts Leistungen, von der wir wünschen, sie möge
in seiner Heimath recht allgemein werden. Ob er mia't besser gethan haben
würde, den Lesern der „Anthologie" erst nach einiger Vorbereitung Theilnahme
und Verständniß für seinen Gegenstand zuzumuthen, wollen wir dahin gestellt
sein lassen.

Die bildenden Künste finden in der neuen Zeitschrift die gebührende Be¬
rücksichtigung, indem theils neue Kunstwerke beurtheilt, theils die Fortschritte
der Bildhauerei und der Malerei in Italien seit dem Beginne des Jahrhunderts
ins Auge gefaßt, theils Winke zu einer neuen Bearbeitung verschiedener Gebiete
der italienischen Kunstgeschichte gegeben und die Leistungen bisheriger Bearbeiter
gekennzeichnet werden. — Mit Theilnahme beobachten wir Deutsche in den
musikalischen Berichten das erwachende Interesse an deutscher Musik und die
gute Aufnahme, welche Mozart bei dem italienischen Opernpublikum findet!
durch Mozarts Vermittelung wird vielleicht auch seinen italienischen Zeitgenossen
und freilich überholten Lehrern die Bühne ihrer Heimath sich wieder aufthun
und nach und nach die Gesellschaft von allerlei ästhetischen Verirrungen zurück¬
kommen.

Wir würden die poetischen Beiträge, welche die „Anthologie" veröffentlicht,
nicht so weit zurückstelle», wenn sie nicht gar so spärlich zugemessen wären;
eine kleine Uebersetzung aus dem Indischen, Bruchstücke einer Faustübersetzung
von Massai, ebenfalls von ganz geringem Umfange, und ein nicht eben werth¬
volles dramatisirtcs Sprichwort sind alles, was wir von poetischen Leistungen
zu verzeichnen haben. Doch wollen wir ja nicht den Herausgeber, wenn ihm
diese Zeilen zu Gesichte kommen sollten, veranlaßt haben, auch nur einen
mittelmäßigen Vers aufzunehmen. den er sonst zurückgewiesen hätte.

Indem wir noch der Besprechungen neuer Bücher aus dem Inland und
aus der Ficmde und der allmonatlichen Uebersicht der politischen Ereignisse er¬
wähnen, glauben wir den letzten wesentlichen Zug beizufügen, welcher zum
Bild von der Thätigkeit der sehr schätzenswerthen Zeitschrift gehört. Doch nein,
es bleibt noch eines. Auf der Innenseite des Umschlages finden sich hinten,
ganz wie bei der hierin gewiß nicht mustergiltigen Revue des deux Mondes,
kürzere Recensionen, die für uns wenigstens gar nicht zu dem am wenigsten
Wertvollen gehören und die des weißen statt des rosenfarbenen Papieres nicht
minder werth sind und unter die Abfälle des Buchbinders zu gerathen nicht
eher verdienen, als manches was ihnen vorangeht.

Wir haben uns überzeugt, daß die „neue Anthologie" dem Ausländer er¬
möglicht, in einer recht ersprießlichen Verbindung mit dem geistigen Leben in


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[0160] In einem Aufsatze, den zunächst Ascolis „kritische Studien" veranlaßt haben, handelt Herr Nuggiero Bonghi, dessen Name schon oben genannt wurde, von der Classification der Sprachen und beweist darin eine Vertrautheit mit Stein¬ thals, Max Müllers, Humboldts Leistungen, von der wir wünschen, sie möge in seiner Heimath recht allgemein werden. Ob er mia't besser gethan haben würde, den Lesern der „Anthologie" erst nach einiger Vorbereitung Theilnahme und Verständniß für seinen Gegenstand zuzumuthen, wollen wir dahin gestellt sein lassen. Die bildenden Künste finden in der neuen Zeitschrift die gebührende Be¬ rücksichtigung, indem theils neue Kunstwerke beurtheilt, theils die Fortschritte der Bildhauerei und der Malerei in Italien seit dem Beginne des Jahrhunderts ins Auge gefaßt, theils Winke zu einer neuen Bearbeitung verschiedener Gebiete der italienischen Kunstgeschichte gegeben und die Leistungen bisheriger Bearbeiter gekennzeichnet werden. — Mit Theilnahme beobachten wir Deutsche in den musikalischen Berichten das erwachende Interesse an deutscher Musik und die gute Aufnahme, welche Mozart bei dem italienischen Opernpublikum findet! durch Mozarts Vermittelung wird vielleicht auch seinen italienischen Zeitgenossen und freilich überholten Lehrern die Bühne ihrer Heimath sich wieder aufthun und nach und nach die Gesellschaft von allerlei ästhetischen Verirrungen zurück¬ kommen. Wir würden die poetischen Beiträge, welche die „Anthologie" veröffentlicht, nicht so weit zurückstelle», wenn sie nicht gar so spärlich zugemessen wären; eine kleine Uebersetzung aus dem Indischen, Bruchstücke einer Faustübersetzung von Massai, ebenfalls von ganz geringem Umfange, und ein nicht eben werth¬ volles dramatisirtcs Sprichwort sind alles, was wir von poetischen Leistungen zu verzeichnen haben. Doch wollen wir ja nicht den Herausgeber, wenn ihm diese Zeilen zu Gesichte kommen sollten, veranlaßt haben, auch nur einen mittelmäßigen Vers aufzunehmen. den er sonst zurückgewiesen hätte. Indem wir noch der Besprechungen neuer Bücher aus dem Inland und aus der Ficmde und der allmonatlichen Uebersicht der politischen Ereignisse er¬ wähnen, glauben wir den letzten wesentlichen Zug beizufügen, welcher zum Bild von der Thätigkeit der sehr schätzenswerthen Zeitschrift gehört. Doch nein, es bleibt noch eines. Auf der Innenseite des Umschlages finden sich hinten, ganz wie bei der hierin gewiß nicht mustergiltigen Revue des deux Mondes, kürzere Recensionen, die für uns wenigstens gar nicht zu dem am wenigsten Wertvollen gehören und die des weißen statt des rosenfarbenen Papieres nicht minder werth sind und unter die Abfälle des Buchbinders zu gerathen nicht eher verdienen, als manches was ihnen vorangeht. Wir haben uns überzeugt, daß die „neue Anthologie" dem Ausländer er¬ möglicht, in einer recht ersprießlichen Verbindung mit dem geistigen Leben in

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/160>, abgerufen am 04.07.2024.