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Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

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ist nicht Gußstahl oder die noch zähere aber allerdings schwerere Bronce, son¬
dern gewöhnliches sprödes Gußeisen nach dem Nvdmangeschützsystem, und
endlich läßt die geringe Wandstärke der Mündung (2^ Zoll) darauf schließen,
daß die drcihundertsechzigpsündigen Bomben (Hvhlgeschosse) und die vierhundert-
achtzigpfündigen Vvllgeschvssc (runde Kugeln, nicht Bolzen) sehr großen Spiel¬
raum im Laufe habe", wodurch natürlich ein großer Theil der Pulverkraft ver¬
loren geht. Die Gcschützpforten sind elliptisch, so daß die Geschützmündungen
beliebige Elevation nehmen können; während des Ladens, wo die Geschütze
zurückgezogen sind, werden die Pforten durch kolossale 13 Zoll starke massive
Eisenkrummzapfen (port-stoxpLrs) geschlossen, indessen nicht ganz dicht. Für
den Sachverständige" haben die Geschlitzpforten insofern hervorragendes Interesse,
als sich hier die Dicke des Panzers controliren läßt. Der amerikanische
Panzer besteht aus zehn einzölligen aufcinandergenieteten Platte", ist also
nur zehnmal so stark als eine einzöllige Platte, während die in den Mariner
aller andern Länder gebräuchliche Panze ung mit massiven 4'/s zölligen Platten
20'/4 Mal so stark ist als einzöllige Panzerung. Der Grund dieses theoretisch
richtigen und bei den englischen Schießversuchcn in Shoeburyneß praktisch er¬
probten Verhältnisses möchte darin zu suchen sein, daß bei einer Erschütterung
der äußeren zolldicken Schicht durch feindliche Geschosse diese Schicht nicht
vibriren kann, ohne durchweg an der dahinterliegenden Schicht einen Rückhalt
zu haben, während bei einzölligen Platten dieser Rückhalt blos an den Niet¬
stellen vorhanden ist und somit ein Springen der Platten viel leichter vorkommen
kann. Bei den folgenden Platten ist dann genau dasselbe Verhältniß. Es ist
also der zehuzvllige Panzer, von dem die Amerikaner so viel Rühmens machen,
keineswegs ein Bortheil, sondern vielmehr ein durch die Verhältnisse der ameri¬
kanischen Eisenfabnkaiion bedingter schwerer Nachtheil: das preußische Panzer¬
schiff Arminiuö mit seinen englischen 4V" völligen Platten ist dem Miantonomoh
an Widerstandsfähigkeit des Panzers um mehr als das Doppelte überlegen.
Ebenso übertrifft die Trefffähigteit und Durchschlagskraft seiner weittragenden
Kanonen die des amerikanischen Schiffs der Art, daß der Führer des Arminius,
der berühmte Cvrveltencapitän Werner, ohne Gefahr dem Miantonomoh ein
Duell zur See anbieten konnte; seine Schnelligkeit überragt die des Amerikaners
in noch höheren Grade, wie auch die Drehung der Maschinerie, die von zwei
Leuten bedient wird, und in Rollen läuft, weit einfacher und dauerhafter ist --
kurz der Arminius übertrifft den Mianlvnvmoh fast in jeder Beziehung und
mit vollstem Recht hat die preußische Negierung es abgelehnt, den Miantonomoh
zu kaufen, obwohl er ihr für nur Zwciorittel der Herstellungskosten (Vs Mil¬
lion Dollars) angeboten war.

Für jede" Norddeutschen ist eS ein Stolz, sich sagen zu dürfen, daß schon
jetzt Schiffe der Marine seines Vaterlandes die vielgepriesenen amerikanischen


Grenzboten I. 18ö7. 17

ist nicht Gußstahl oder die noch zähere aber allerdings schwerere Bronce, son¬
dern gewöhnliches sprödes Gußeisen nach dem Nvdmangeschützsystem, und
endlich läßt die geringe Wandstärke der Mündung (2^ Zoll) darauf schließen,
daß die drcihundertsechzigpsündigen Bomben (Hvhlgeschosse) und die vierhundert-
achtzigpfündigen Vvllgeschvssc (runde Kugeln, nicht Bolzen) sehr großen Spiel¬
raum im Laufe habe», wodurch natürlich ein großer Theil der Pulverkraft ver¬
loren geht. Die Gcschützpforten sind elliptisch, so daß die Geschützmündungen
beliebige Elevation nehmen können; während des Ladens, wo die Geschütze
zurückgezogen sind, werden die Pforten durch kolossale 13 Zoll starke massive
Eisenkrummzapfen (port-stoxpLrs) geschlossen, indessen nicht ganz dicht. Für
den Sachverständige» haben die Geschlitzpforten insofern hervorragendes Interesse,
als sich hier die Dicke des Panzers controliren läßt. Der amerikanische
Panzer besteht aus zehn einzölligen aufcinandergenieteten Platte», ist also
nur zehnmal so stark als eine einzöllige Platte, während die in den Mariner
aller andern Länder gebräuchliche Panze ung mit massiven 4'/s zölligen Platten
20'/4 Mal so stark ist als einzöllige Panzerung. Der Grund dieses theoretisch
richtigen und bei den englischen Schießversuchcn in Shoeburyneß praktisch er¬
probten Verhältnisses möchte darin zu suchen sein, daß bei einer Erschütterung
der äußeren zolldicken Schicht durch feindliche Geschosse diese Schicht nicht
vibriren kann, ohne durchweg an der dahinterliegenden Schicht einen Rückhalt
zu haben, während bei einzölligen Platten dieser Rückhalt blos an den Niet¬
stellen vorhanden ist und somit ein Springen der Platten viel leichter vorkommen
kann. Bei den folgenden Platten ist dann genau dasselbe Verhältniß. Es ist
also der zehuzvllige Panzer, von dem die Amerikaner so viel Rühmens machen,
keineswegs ein Bortheil, sondern vielmehr ein durch die Verhältnisse der ameri¬
kanischen Eisenfabnkaiion bedingter schwerer Nachtheil: das preußische Panzer¬
schiff Arminiuö mit seinen englischen 4V» völligen Platten ist dem Miantonomoh
an Widerstandsfähigkeit des Panzers um mehr als das Doppelte überlegen.
Ebenso übertrifft die Trefffähigteit und Durchschlagskraft seiner weittragenden
Kanonen die des amerikanischen Schiffs der Art, daß der Führer des Arminius,
der berühmte Cvrveltencapitän Werner, ohne Gefahr dem Miantonomoh ein
Duell zur See anbieten konnte; seine Schnelligkeit überragt die des Amerikaners
in noch höheren Grade, wie auch die Drehung der Maschinerie, die von zwei
Leuten bedient wird, und in Rollen läuft, weit einfacher und dauerhafter ist —
kurz der Arminius übertrifft den Mianlvnvmoh fast in jeder Beziehung und
mit vollstem Recht hat die preußische Negierung es abgelehnt, den Miantonomoh
zu kaufen, obwohl er ihr für nur Zwciorittel der Herstellungskosten (Vs Mil¬
lion Dollars) angeboten war.

Für jede» Norddeutschen ist eS ein Stolz, sich sagen zu dürfen, daß schon
jetzt Schiffe der Marine seines Vaterlandes die vielgepriesenen amerikanischen


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[0139] ist nicht Gußstahl oder die noch zähere aber allerdings schwerere Bronce, son¬ dern gewöhnliches sprödes Gußeisen nach dem Nvdmangeschützsystem, und endlich läßt die geringe Wandstärke der Mündung (2^ Zoll) darauf schließen, daß die drcihundertsechzigpsündigen Bomben (Hvhlgeschosse) und die vierhundert- achtzigpfündigen Vvllgeschvssc (runde Kugeln, nicht Bolzen) sehr großen Spiel¬ raum im Laufe habe», wodurch natürlich ein großer Theil der Pulverkraft ver¬ loren geht. Die Gcschützpforten sind elliptisch, so daß die Geschützmündungen beliebige Elevation nehmen können; während des Ladens, wo die Geschütze zurückgezogen sind, werden die Pforten durch kolossale 13 Zoll starke massive Eisenkrummzapfen (port-stoxpLrs) geschlossen, indessen nicht ganz dicht. Für den Sachverständige» haben die Geschlitzpforten insofern hervorragendes Interesse, als sich hier die Dicke des Panzers controliren läßt. Der amerikanische Panzer besteht aus zehn einzölligen aufcinandergenieteten Platte», ist also nur zehnmal so stark als eine einzöllige Platte, während die in den Mariner aller andern Länder gebräuchliche Panze ung mit massiven 4'/s zölligen Platten 20'/4 Mal so stark ist als einzöllige Panzerung. Der Grund dieses theoretisch richtigen und bei den englischen Schießversuchcn in Shoeburyneß praktisch er¬ probten Verhältnisses möchte darin zu suchen sein, daß bei einer Erschütterung der äußeren zolldicken Schicht durch feindliche Geschosse diese Schicht nicht vibriren kann, ohne durchweg an der dahinterliegenden Schicht einen Rückhalt zu haben, während bei einzölligen Platten dieser Rückhalt blos an den Niet¬ stellen vorhanden ist und somit ein Springen der Platten viel leichter vorkommen kann. Bei den folgenden Platten ist dann genau dasselbe Verhältniß. Es ist also der zehuzvllige Panzer, von dem die Amerikaner so viel Rühmens machen, keineswegs ein Bortheil, sondern vielmehr ein durch die Verhältnisse der ameri¬ kanischen Eisenfabnkaiion bedingter schwerer Nachtheil: das preußische Panzer¬ schiff Arminiuö mit seinen englischen 4V» völligen Platten ist dem Miantonomoh an Widerstandsfähigkeit des Panzers um mehr als das Doppelte überlegen. Ebenso übertrifft die Trefffähigteit und Durchschlagskraft seiner weittragenden Kanonen die des amerikanischen Schiffs der Art, daß der Führer des Arminius, der berühmte Cvrveltencapitän Werner, ohne Gefahr dem Miantonomoh ein Duell zur See anbieten konnte; seine Schnelligkeit überragt die des Amerikaners in noch höheren Grade, wie auch die Drehung der Maschinerie, die von zwei Leuten bedient wird, und in Rollen läuft, weit einfacher und dauerhafter ist — kurz der Arminius übertrifft den Mianlvnvmoh fast in jeder Beziehung und mit vollstem Recht hat die preußische Negierung es abgelehnt, den Miantonomoh zu kaufen, obwohl er ihr für nur Zwciorittel der Herstellungskosten (Vs Mil¬ lion Dollars) angeboten war. Für jede» Norddeutschen ist eS ein Stolz, sich sagen zu dürfen, daß schon jetzt Schiffe der Marine seines Vaterlandes die vielgepriesenen amerikanischen Grenzboten I. 18ö7. 17

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/139>, abgerufen am 22.12.2024.