Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

schieden vorzuziehen, >werrn bei ihm auch andrerseits die Verwendung der Ge¬
schütze und die Gewichlsvcrthcilung weit ungünstiger ist. Die Vortheile beider
Systeme aber vereinigt das N in genn ne lsy se e in, bei dem die Thürme fest
und durch einen Tunnel verbunden sind, während um jeden Thurm in der
Höhe der Geschützpforten ein drehbarer Nrng liegt/) Das Ringtunnelsystem
soll namentlich dem schwerwiegenden Uebelstande vorbeugen, daß durch aus¬
schlagende Schüsse die Drehuugsmaschineric der Thürme leidet, die grade beim
Miantonomoh sehr angreifbarer Natur ist, und deren Eigenthümlichkeiten gleich
beim ersten Blick alle aufzufassen selbst für den Sachverständigen Schwierigkeiten
bietet. Der ganze Thurm ruht auf einer kolossalen 14 Zoll starken massiv-
eisernen senkrechten Achse, auf deren beiden Kragen sein Fußboden und seine
Decke fest aufliegen. Der Fuß dieser Welle läßt sich durch Untertreiben von
Keilen einige Zoll heben.respective wieder senken: ist die Welle gesenkt, so
ruht der untere Rand der Thurmpanzcrung fest auf dem hier art Kauischuck
belegten Deck und läßt so keinen Tropfen Wasser eindringen, wobei dann aber
der Thurm nicht gedreht werden kann. Ist dagegen die Welle gehoben, so
schwebt die ganze kolossale Gewichtsmasse des Thurmes (etwa 80 Tons -- 1,600
Centner oder das Gewicht zweier Locomoiiven) frei auf dieser Welle, ohne auf
dem Deck aufzuliegen, und dann kann der Thurm sich frei schwebend drehen.
Begreiflicherweise ist aber hierbei äußerste Gefahr, wenn dreihundert- oder gar
sechshnndertpfündige Geschosse des Gegners die ganze Masse stark erschüttern,
so daß d>e Welle gebogen und der Thurm unbrauchbar wird, während die Ge¬
schütze dann blos nach einer einzigen Richtung zu verwenden sind. Außerdem
ist es ein Fehler, daß die Thürme nur durch Dampf gedreht werden können
(und zwar einmal herum in 90 Secunden): denn bei einem Versagen der Ma¬
schinerie ist die Bewegung des Thurms und der Geschütze wiederum unmöglich;
die Drehung durch Menschenkraft bleibt aber ausführbar, so lange überhaupt
noch Bemannung auf dem Schiffe ist.

Auch die Geschützausrüstung des Miantonomoh ist keineswegs fehler¬
frei. Die beiden Kanonen jedes Thurmes sind trotz ihrer gigantischen Dimen¬
sionen (14 Fuß 1 Zoll Länge, 4 Fuß Dicke hinten, am Stoß -- denn das
ganze Geschütz ist flaschcnförmig) den schweren Geschützen andrer Floftcn auf
größere Distanzen nicht im Entferntesten gewachsen. Erstens sind diese Geschütze
nicht gezogene Kanonen, sondern sie haben glatte Läufe, wodurch die Sicherheit
des Schusses und die Tragfähigkeit bedeutend beeinträchtigt werden. Sodann
sind diese Kanonen keine Hinterlader, wie die preußischen gezognen Geschütze
und die englischen Armstrongs, sondern Vorderlader, so daß sie nach jedem
Schusse zum Laden zurückgezogen werden müssen. Das Material der Geschütze



") Wir verweisen in dieser Beziehung auf die Hamburger Seezcitung "Hansa".

schieden vorzuziehen, >werrn bei ihm auch andrerseits die Verwendung der Ge¬
schütze und die Gewichlsvcrthcilung weit ungünstiger ist. Die Vortheile beider
Systeme aber vereinigt das N in genn ne lsy se e in, bei dem die Thürme fest
und durch einen Tunnel verbunden sind, während um jeden Thurm in der
Höhe der Geschützpforten ein drehbarer Nrng liegt/) Das Ringtunnelsystem
soll namentlich dem schwerwiegenden Uebelstande vorbeugen, daß durch aus¬
schlagende Schüsse die Drehuugsmaschineric der Thürme leidet, die grade beim
Miantonomoh sehr angreifbarer Natur ist, und deren Eigenthümlichkeiten gleich
beim ersten Blick alle aufzufassen selbst für den Sachverständigen Schwierigkeiten
bietet. Der ganze Thurm ruht auf einer kolossalen 14 Zoll starken massiv-
eisernen senkrechten Achse, auf deren beiden Kragen sein Fußboden und seine
Decke fest aufliegen. Der Fuß dieser Welle läßt sich durch Untertreiben von
Keilen einige Zoll heben.respective wieder senken: ist die Welle gesenkt, so
ruht der untere Rand der Thurmpanzcrung fest auf dem hier art Kauischuck
belegten Deck und läßt so keinen Tropfen Wasser eindringen, wobei dann aber
der Thurm nicht gedreht werden kann. Ist dagegen die Welle gehoben, so
schwebt die ganze kolossale Gewichtsmasse des Thurmes (etwa 80 Tons — 1,600
Centner oder das Gewicht zweier Locomoiiven) frei auf dieser Welle, ohne auf
dem Deck aufzuliegen, und dann kann der Thurm sich frei schwebend drehen.
Begreiflicherweise ist aber hierbei äußerste Gefahr, wenn dreihundert- oder gar
sechshnndertpfündige Geschosse des Gegners die ganze Masse stark erschüttern,
so daß d>e Welle gebogen und der Thurm unbrauchbar wird, während die Ge¬
schütze dann blos nach einer einzigen Richtung zu verwenden sind. Außerdem
ist es ein Fehler, daß die Thürme nur durch Dampf gedreht werden können
(und zwar einmal herum in 90 Secunden): denn bei einem Versagen der Ma¬
schinerie ist die Bewegung des Thurms und der Geschütze wiederum unmöglich;
die Drehung durch Menschenkraft bleibt aber ausführbar, so lange überhaupt
noch Bemannung auf dem Schiffe ist.

Auch die Geschützausrüstung des Miantonomoh ist keineswegs fehler¬
frei. Die beiden Kanonen jedes Thurmes sind trotz ihrer gigantischen Dimen¬
sionen (14 Fuß 1 Zoll Länge, 4 Fuß Dicke hinten, am Stoß — denn das
ganze Geschütz ist flaschcnförmig) den schweren Geschützen andrer Floftcn auf
größere Distanzen nicht im Entferntesten gewachsen. Erstens sind diese Geschütze
nicht gezogene Kanonen, sondern sie haben glatte Läufe, wodurch die Sicherheit
des Schusses und die Tragfähigkeit bedeutend beeinträchtigt werden. Sodann
sind diese Kanonen keine Hinterlader, wie die preußischen gezognen Geschütze
und die englischen Armstrongs, sondern Vorderlader, so daß sie nach jedem
Schusse zum Laden zurückgezogen werden müssen. Das Material der Geschütze



") Wir verweisen in dieser Beziehung auf die Hamburger Seezcitung „Hansa".
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0138" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/190297"/>
          <p xml:id="ID_405" prev="#ID_404"> schieden vorzuziehen, &gt;werrn bei ihm auch andrerseits die Verwendung der Ge¬<lb/>
schütze und die Gewichlsvcrthcilung weit ungünstiger ist. Die Vortheile beider<lb/>
Systeme aber vereinigt das N in genn ne lsy se e in, bei dem die Thürme fest<lb/>
und durch einen Tunnel verbunden sind, während um jeden Thurm in der<lb/>
Höhe der Geschützpforten ein drehbarer Nrng liegt/) Das Ringtunnelsystem<lb/>
soll namentlich dem schwerwiegenden Uebelstande vorbeugen, daß durch aus¬<lb/>
schlagende Schüsse die Drehuugsmaschineric der Thürme leidet, die grade beim<lb/>
Miantonomoh sehr angreifbarer Natur ist, und deren Eigenthümlichkeiten gleich<lb/>
beim ersten Blick alle aufzufassen selbst für den Sachverständigen Schwierigkeiten<lb/>
bietet. Der ganze Thurm ruht auf einer kolossalen 14 Zoll starken massiv-<lb/>
eisernen senkrechten Achse, auf deren beiden Kragen sein Fußboden und seine<lb/>
Decke fest aufliegen. Der Fuß dieser Welle läßt sich durch Untertreiben von<lb/>
Keilen einige Zoll heben.respective wieder senken: ist die Welle gesenkt, so<lb/>
ruht der untere Rand der Thurmpanzcrung fest auf dem hier art Kauischuck<lb/>
belegten Deck und läßt so keinen Tropfen Wasser eindringen, wobei dann aber<lb/>
der Thurm nicht gedreht werden kann. Ist dagegen die Welle gehoben, so<lb/>
schwebt die ganze kolossale Gewichtsmasse des Thurmes (etwa 80 Tons &#x2014; 1,600<lb/>
Centner oder das Gewicht zweier Locomoiiven) frei auf dieser Welle, ohne auf<lb/>
dem Deck aufzuliegen, und dann kann der Thurm sich frei schwebend drehen.<lb/>
Begreiflicherweise ist aber hierbei äußerste Gefahr, wenn dreihundert- oder gar<lb/>
sechshnndertpfündige Geschosse des Gegners die ganze Masse stark erschüttern,<lb/>
so daß d&gt;e Welle gebogen und der Thurm unbrauchbar wird, während die Ge¬<lb/>
schütze dann blos nach einer einzigen Richtung zu verwenden sind. Außerdem<lb/>
ist es ein Fehler, daß die Thürme nur durch Dampf gedreht werden können<lb/>
(und zwar einmal herum in 90 Secunden): denn bei einem Versagen der Ma¬<lb/>
schinerie ist die Bewegung des Thurms und der Geschütze wiederum unmöglich;<lb/>
die Drehung durch Menschenkraft bleibt aber ausführbar, so lange überhaupt<lb/>
noch Bemannung auf dem Schiffe ist.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_406" next="#ID_407"> Auch die Geschützausrüstung des Miantonomoh ist keineswegs fehler¬<lb/>
frei. Die beiden Kanonen jedes Thurmes sind trotz ihrer gigantischen Dimen¬<lb/>
sionen (14 Fuß 1 Zoll Länge, 4 Fuß Dicke hinten, am Stoß &#x2014; denn das<lb/>
ganze Geschütz ist flaschcnförmig) den schweren Geschützen andrer Floftcn auf<lb/>
größere Distanzen nicht im Entferntesten gewachsen. Erstens sind diese Geschütze<lb/>
nicht gezogene Kanonen, sondern sie haben glatte Läufe, wodurch die Sicherheit<lb/>
des Schusses und die Tragfähigkeit bedeutend beeinträchtigt werden. Sodann<lb/>
sind diese Kanonen keine Hinterlader, wie die preußischen gezognen Geschütze<lb/>
und die englischen Armstrongs, sondern Vorderlader, so daß sie nach jedem<lb/>
Schusse zum Laden zurückgezogen werden müssen.  Das Material der Geschütze</p><lb/>
          <note xml:id="FID_4" place="foot"> ") Wir verweisen in dieser Beziehung auf die Hamburger Seezcitung &#x201E;Hansa".</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0138] schieden vorzuziehen, >werrn bei ihm auch andrerseits die Verwendung der Ge¬ schütze und die Gewichlsvcrthcilung weit ungünstiger ist. Die Vortheile beider Systeme aber vereinigt das N in genn ne lsy se e in, bei dem die Thürme fest und durch einen Tunnel verbunden sind, während um jeden Thurm in der Höhe der Geschützpforten ein drehbarer Nrng liegt/) Das Ringtunnelsystem soll namentlich dem schwerwiegenden Uebelstande vorbeugen, daß durch aus¬ schlagende Schüsse die Drehuugsmaschineric der Thürme leidet, die grade beim Miantonomoh sehr angreifbarer Natur ist, und deren Eigenthümlichkeiten gleich beim ersten Blick alle aufzufassen selbst für den Sachverständigen Schwierigkeiten bietet. Der ganze Thurm ruht auf einer kolossalen 14 Zoll starken massiv- eisernen senkrechten Achse, auf deren beiden Kragen sein Fußboden und seine Decke fest aufliegen. Der Fuß dieser Welle läßt sich durch Untertreiben von Keilen einige Zoll heben.respective wieder senken: ist die Welle gesenkt, so ruht der untere Rand der Thurmpanzcrung fest auf dem hier art Kauischuck belegten Deck und läßt so keinen Tropfen Wasser eindringen, wobei dann aber der Thurm nicht gedreht werden kann. Ist dagegen die Welle gehoben, so schwebt die ganze kolossale Gewichtsmasse des Thurmes (etwa 80 Tons — 1,600 Centner oder das Gewicht zweier Locomoiiven) frei auf dieser Welle, ohne auf dem Deck aufzuliegen, und dann kann der Thurm sich frei schwebend drehen. Begreiflicherweise ist aber hierbei äußerste Gefahr, wenn dreihundert- oder gar sechshnndertpfündige Geschosse des Gegners die ganze Masse stark erschüttern, so daß d>e Welle gebogen und der Thurm unbrauchbar wird, während die Ge¬ schütze dann blos nach einer einzigen Richtung zu verwenden sind. Außerdem ist es ein Fehler, daß die Thürme nur durch Dampf gedreht werden können (und zwar einmal herum in 90 Secunden): denn bei einem Versagen der Ma¬ schinerie ist die Bewegung des Thurms und der Geschütze wiederum unmöglich; die Drehung durch Menschenkraft bleibt aber ausführbar, so lange überhaupt noch Bemannung auf dem Schiffe ist. Auch die Geschützausrüstung des Miantonomoh ist keineswegs fehler¬ frei. Die beiden Kanonen jedes Thurmes sind trotz ihrer gigantischen Dimen¬ sionen (14 Fuß 1 Zoll Länge, 4 Fuß Dicke hinten, am Stoß — denn das ganze Geschütz ist flaschcnförmig) den schweren Geschützen andrer Floftcn auf größere Distanzen nicht im Entferntesten gewachsen. Erstens sind diese Geschütze nicht gezogene Kanonen, sondern sie haben glatte Läufe, wodurch die Sicherheit des Schusses und die Tragfähigkeit bedeutend beeinträchtigt werden. Sodann sind diese Kanonen keine Hinterlader, wie die preußischen gezognen Geschütze und die englischen Armstrongs, sondern Vorderlader, so daß sie nach jedem Schusse zum Laden zurückgezogen werden müssen. Das Material der Geschütze ") Wir verweisen in dieser Beziehung auf die Hamburger Seezcitung „Hansa".

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/138
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 26, 1867, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341805_190158/138>, abgerufen am 22.12.2024.