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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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wurde, während die Fischliebhaber Newcastles nicht diejenigen von Manchester
allein, sondern von vielen anderen volkreichen Städten in die Bewerbung um
den Fang an ihren Küsten miteintreten sahen.

Die Frage, ob es mit dieser Heranziehung der Meeresbewohner für die
Nahrungsbedürfnisse des Menschen in den bisherigen Progressionen fortgehen
oder ob etwa der befürchteten Erschöpfung des zum Ackerbau oder zur Vieh¬
zucht geeigneten Bodens in altcivilisirten Ländern, der thatsächlich eingetretenen
Verminderung des Fischreichthums der Flüsse eine Abnahme des Fisches in den
vom Lande aus zugänglichen Gewässern an die Seite treten werde, hat die
letzten Jahre über in England durch eine aus Sachverständigen zusammen¬
gesetzte königliche Commission die gründlichste Untersuchung erfahren. Dieselbe
hat die ganze Küste des Jnselkönigreichs bereist, an siebzig bis achtzig für den
Fischfang oder Fischhandel wichtigen Orten vermöge der ihr verliehenen amt¬
lichen Autorität Verhör mit geeigneten Zeugen angestellt. Die von ihr erhobenen
Antworten füllen mit den dazu gehörigen Fragen einen der stärksten Bände der
englischen Revortsliteratur. Das Ergebniß war, daß nicht entfernt an eine Ab-
nähme der Menge des erreichbaren Fisches zu denken sei. Fischgründe, die seit
unvordenklicher Zeit mit tiesreichenden Netzen ohne Unterlaß abgestreift worden,
wie z. B. die Bucht von Nye im Kanal, sind heute noch so ergiebig oder er¬
giebiger als je. Auch uus^e deutschen Fischer wissen, daß man sich in der
Ausbeutung eines einmal gefundenen guten Grundes keinen Zwang aufzuerlegen
braucht: sie sind gewohnt, sobald einer von ihnen aus ein solches fruchtbares
Feld gestoßen ist, hinter ihm drein dieselbe Stelle wieder und wieder abzu¬
ernten. "Der Ertrag der See rund um unsere Küsten," sagt die erwähnte
englische Untersuchungscommisston, "steht in einem viel höheren Verhält¬
niß zu dem Ertrage des Landes, als gemeinhin angenommen wird. Die
besuchtesten Fischgründe sind noch immer weit ergiebiger als dieselbe Ausdehnung
des fruchtbarsten Bodens am Lande. Ein Acker guten Bodens trägt, sorgfältig
bearbeitet, einmal im Jahre eine Tonne Korn, oder zwei bis drei Centner
Fleisch oder Käse. Von derselben Fläche Meeresboden auf guten Fischgründen
birgt der ausdauernde Fischer ein größeres Gewicht guter Nahrung als dieses
jede Woche im Jahr. Fünf Schiffe des Herrn Krott in Grimsby singen in
einer einzigen Nacht siebzehn Tonnen Fisch, oder gesunde Nahrung im Gewicht
gleich derjenigen von fünfzig Rindern oder dreihundert Schafen. Die Fläche,
Welche diese fünf Schiffe während der fraglichen Nacht abweideten, kann fünfzig
Acker nicht überstiegen haben. So wohlbekannt die Fischgründe der Nordsee
auch sind, so werden sie trotz der ungeheuern Nachfrage doch immer nur erst
zum Theil benutzt. Die Doggerbank (zwischen dem nördlichen England und
Dänemark gelegen), welche mehre hundert englische Geviertmeilen des reich¬
haltigsten Fischgrundes enthält, ist großentheils noch von keinem Trawler


wurde, während die Fischliebhaber Newcastles nicht diejenigen von Manchester
allein, sondern von vielen anderen volkreichen Städten in die Bewerbung um
den Fang an ihren Küsten miteintreten sahen.

Die Frage, ob es mit dieser Heranziehung der Meeresbewohner für die
Nahrungsbedürfnisse des Menschen in den bisherigen Progressionen fortgehen
oder ob etwa der befürchteten Erschöpfung des zum Ackerbau oder zur Vieh¬
zucht geeigneten Bodens in altcivilisirten Ländern, der thatsächlich eingetretenen
Verminderung des Fischreichthums der Flüsse eine Abnahme des Fisches in den
vom Lande aus zugänglichen Gewässern an die Seite treten werde, hat die
letzten Jahre über in England durch eine aus Sachverständigen zusammen¬
gesetzte königliche Commission die gründlichste Untersuchung erfahren. Dieselbe
hat die ganze Küste des Jnselkönigreichs bereist, an siebzig bis achtzig für den
Fischfang oder Fischhandel wichtigen Orten vermöge der ihr verliehenen amt¬
lichen Autorität Verhör mit geeigneten Zeugen angestellt. Die von ihr erhobenen
Antworten füllen mit den dazu gehörigen Fragen einen der stärksten Bände der
englischen Revortsliteratur. Das Ergebniß war, daß nicht entfernt an eine Ab-
nähme der Menge des erreichbaren Fisches zu denken sei. Fischgründe, die seit
unvordenklicher Zeit mit tiesreichenden Netzen ohne Unterlaß abgestreift worden,
wie z. B. die Bucht von Nye im Kanal, sind heute noch so ergiebig oder er¬
giebiger als je. Auch uus^e deutschen Fischer wissen, daß man sich in der
Ausbeutung eines einmal gefundenen guten Grundes keinen Zwang aufzuerlegen
braucht: sie sind gewohnt, sobald einer von ihnen aus ein solches fruchtbares
Feld gestoßen ist, hinter ihm drein dieselbe Stelle wieder und wieder abzu¬
ernten. „Der Ertrag der See rund um unsere Küsten," sagt die erwähnte
englische Untersuchungscommisston, „steht in einem viel höheren Verhält¬
niß zu dem Ertrage des Landes, als gemeinhin angenommen wird. Die
besuchtesten Fischgründe sind noch immer weit ergiebiger als dieselbe Ausdehnung
des fruchtbarsten Bodens am Lande. Ein Acker guten Bodens trägt, sorgfältig
bearbeitet, einmal im Jahre eine Tonne Korn, oder zwei bis drei Centner
Fleisch oder Käse. Von derselben Fläche Meeresboden auf guten Fischgründen
birgt der ausdauernde Fischer ein größeres Gewicht guter Nahrung als dieses
jede Woche im Jahr. Fünf Schiffe des Herrn Krott in Grimsby singen in
einer einzigen Nacht siebzehn Tonnen Fisch, oder gesunde Nahrung im Gewicht
gleich derjenigen von fünfzig Rindern oder dreihundert Schafen. Die Fläche,
Welche diese fünf Schiffe während der fraglichen Nacht abweideten, kann fünfzig
Acker nicht überstiegen haben. So wohlbekannt die Fischgründe der Nordsee
auch sind, so werden sie trotz der ungeheuern Nachfrage doch immer nur erst
zum Theil benutzt. Die Doggerbank (zwischen dem nördlichen England und
Dänemark gelegen), welche mehre hundert englische Geviertmeilen des reich¬
haltigsten Fischgrundes enthält, ist großentheils noch von keinem Trawler


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/448>, abgerufen am 04.07.2024.