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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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Wie weit diese sich vernünftigerweise erstrecken lasse, mag jeder, den es angeht,
erwägen; zunächst wünsche ich zu wissen, welchem Kollegen diese Divination
geglückt ist, was doch wohl kein Geheimniß zu bleiben braucht. Die Frage, wer
die oben mitgetheilte Auflösung zuerst aufgestellt hat, ist noch unbeantwortet;
sie wird hiermit wiederholt.

Es bleibt mir noch übrig hinzuzufügen, daß ich auf die Priorität der
Entlarvung dieses Betrugs keinen Anspruch habe und keinen Anspruch mache.
Von Herrn Brambachs Artikeln über diese Angelegenheit habe ich noch heute
keinen gelesen; der " trierer Philolog" irrt, wenn er mein vorschnelles Ab-
urtheilen seltsamerweise damit entschuldigt, daß ich mich durch das Urtheil
Herrn Brambachs als der Specialität für rheinische Inschriften habe hinreißen
lassen; nicht minder, wenn er zu verstehen giebt, daß, da meine und Herrn Bram¬
bachs Gründe wesentlich dieselben seien, ich wohl Herrn Brambach ausgeschrieben
haben werde. Diese Freundlichkeiten zeigen nur, wie wenig den Herren in
Trier das ABC der Epigraphik geläufig ist. Die Correctur eines solchen Exer¬
citiums voll von schülerhaften Schnitzern muß Von jedem Fachmann in gleicher
Weise erfolgen; ich könnte Herrn Professor Leonardi auf der Stelle sechs bis
acht hiesige junge Doctoren und Studenten namhaft machen, die sie grade ebenso
gut angestellt und die alle dasselbe gesagt haben würden. Daß ich, als die
Inschriften in Gesellschaften, deren Mitglied ich bin, vorgelegt wurden, zwar
auf die schon von andrer Seite erhobene Verdächtigung hinwies, aber vor allen
Dingen meine Ansicht aussprach, war, sollte ich meinen, in der Ordnung; um
jene Auseinandersetzungen Herrn Brambachs mich weiter zu kümmern hatte ich
keine Veranlassung. Wenn dieselben mir zu Gesicht kommen, werde ich daraus
vielleicht anderes lernen; für die nenniger Inschriften brauchte und brauche ich
sie nicht. Indeß die "Priorität" dieser Enthüllung mit allem Zubehör räumte
und räume ich Herrn Brambach von Rechtswegen und mit Vergnügen ein.


Th. Mommsen.


Wie weit diese sich vernünftigerweise erstrecken lasse, mag jeder, den es angeht,
erwägen; zunächst wünsche ich zu wissen, welchem Kollegen diese Divination
geglückt ist, was doch wohl kein Geheimniß zu bleiben braucht. Die Frage, wer
die oben mitgetheilte Auflösung zuerst aufgestellt hat, ist noch unbeantwortet;
sie wird hiermit wiederholt.

Es bleibt mir noch übrig hinzuzufügen, daß ich auf die Priorität der
Entlarvung dieses Betrugs keinen Anspruch habe und keinen Anspruch mache.
Von Herrn Brambachs Artikeln über diese Angelegenheit habe ich noch heute
keinen gelesen; der „ trierer Philolog" irrt, wenn er mein vorschnelles Ab-
urtheilen seltsamerweise damit entschuldigt, daß ich mich durch das Urtheil
Herrn Brambachs als der Specialität für rheinische Inschriften habe hinreißen
lassen; nicht minder, wenn er zu verstehen giebt, daß, da meine und Herrn Bram¬
bachs Gründe wesentlich dieselben seien, ich wohl Herrn Brambach ausgeschrieben
haben werde. Diese Freundlichkeiten zeigen nur, wie wenig den Herren in
Trier das ABC der Epigraphik geläufig ist. Die Correctur eines solchen Exer¬
citiums voll von schülerhaften Schnitzern muß Von jedem Fachmann in gleicher
Weise erfolgen; ich könnte Herrn Professor Leonardi auf der Stelle sechs bis
acht hiesige junge Doctoren und Studenten namhaft machen, die sie grade ebenso
gut angestellt und die alle dasselbe gesagt haben würden. Daß ich, als die
Inschriften in Gesellschaften, deren Mitglied ich bin, vorgelegt wurden, zwar
auf die schon von andrer Seite erhobene Verdächtigung hinwies, aber vor allen
Dingen meine Ansicht aussprach, war, sollte ich meinen, in der Ordnung; um
jene Auseinandersetzungen Herrn Brambachs mich weiter zu kümmern hatte ich
keine Veranlassung. Wenn dieselben mir zu Gesicht kommen, werde ich daraus
vielleicht anderes lernen; für die nenniger Inschriften brauchte und brauche ich
sie nicht. Indeß die „Priorität" dieser Enthüllung mit allem Zubehör räumte
und räume ich Herrn Brambach von Rechtswegen und mit Vergnügen ein.


Th. Mommsen.


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[0445] Wie weit diese sich vernünftigerweise erstrecken lasse, mag jeder, den es angeht, erwägen; zunächst wünsche ich zu wissen, welchem Kollegen diese Divination geglückt ist, was doch wohl kein Geheimniß zu bleiben braucht. Die Frage, wer die oben mitgetheilte Auflösung zuerst aufgestellt hat, ist noch unbeantwortet; sie wird hiermit wiederholt. Es bleibt mir noch übrig hinzuzufügen, daß ich auf die Priorität der Entlarvung dieses Betrugs keinen Anspruch habe und keinen Anspruch mache. Von Herrn Brambachs Artikeln über diese Angelegenheit habe ich noch heute keinen gelesen; der „ trierer Philolog" irrt, wenn er mein vorschnelles Ab- urtheilen seltsamerweise damit entschuldigt, daß ich mich durch das Urtheil Herrn Brambachs als der Specialität für rheinische Inschriften habe hinreißen lassen; nicht minder, wenn er zu verstehen giebt, daß, da meine und Herrn Bram¬ bachs Gründe wesentlich dieselben seien, ich wohl Herrn Brambach ausgeschrieben haben werde. Diese Freundlichkeiten zeigen nur, wie wenig den Herren in Trier das ABC der Epigraphik geläufig ist. Die Correctur eines solchen Exer¬ citiums voll von schülerhaften Schnitzern muß Von jedem Fachmann in gleicher Weise erfolgen; ich könnte Herrn Professor Leonardi auf der Stelle sechs bis acht hiesige junge Doctoren und Studenten namhaft machen, die sie grade ebenso gut angestellt und die alle dasselbe gesagt haben würden. Daß ich, als die Inschriften in Gesellschaften, deren Mitglied ich bin, vorgelegt wurden, zwar auf die schon von andrer Seite erhobene Verdächtigung hinwies, aber vor allen Dingen meine Ansicht aussprach, war, sollte ich meinen, in der Ordnung; um jene Auseinandersetzungen Herrn Brambachs mich weiter zu kümmern hatte ich keine Veranlassung. Wenn dieselben mir zu Gesicht kommen, werde ich daraus vielleicht anderes lernen; für die nenniger Inschriften brauchte und brauche ich sie nicht. Indeß die „Priorität" dieser Enthüllung mit allem Zubehör räumte und räume ich Herrn Brambach von Rechtswegen und mit Vergnügen ein. Th. Mommsen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/445>, abgerufen am 04.07.2024.