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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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tete, nur nicht gegen die, welche es verdienten, und welchen gegenüber der Her¬
zog ebenso übertriebene Güte und Nachsicht zeigte.

Seinem Hofmarschall. einem vormaligen k. k. Major Leo v. Miltitz, hatte
der Herzog eines Tages einige Vorwürfe gemacht. Miltitz schmollte darauf in
ostensibelster Weise und zwar mit einem solchen Erfolg, daß ihn sein Herr schon
nach wenige" Tagen auf die Schulter klopfte mit den Worten: "Lieber Miltitz,
es war neulich nicht so böse gemeint. Seien wir wieder Freunde!"

Das Mißtrauen wurde genährt durch die schon erwähnte permanente Auf¬
hetzerei, welche theils mündlich, theils durch ein zu diesem Zweck gegründetes
Winkelbättchen -- sonst las der Herzog nichts -- betrieben wurde, den Herzog
zu keiner ruhigen und behaglichen Minute mehr kommen ließ und allmälig so
seine Nerven zerrüttete, daß er schon seit Jahren an Schlaflosigkeit leidet. Cha¬
rakteristisch bleibt es immer für Gemüth und Urtheil des Fürsten, daß es den
Demagogen des Hofes gelingen konnte, ihn dergestalt gegen seine Unterthanen
einzunehmen. Sein gutmüthiges, treuherziges, leichtlebiges Völkchen stellte man
ihm als eine Verschwörerbande dar, geleitet von den Landtagsabgeordneten
Dr. Lang und Braun. Diesen beiden wurde eine geheimnißvolle Allmacht bei¬
gelegt. Sie müßten mehr als Halbgötter sein, wenn sie alles das gemacht
hätten, was man bei dem Herzog auf ihr Conto setzte. Sie conspirirten mit
Mazzini und reisten jeden Augenblick nach Berlin, "um das Land an den
sah 1-1'1'- Preuß*) zu verkaufen" (jxsissimg. perdu); mit dem Grafen Bis-
marck standen sie natürlich auf dem Du-Fuß, obgleich den letzteren Herr Lang
niemals, und Herr Braun, unsres Wissens, das erste und einzige 'Mal am
11. September 1866 gesehen hat.

Braun und Lang Waren die Sündenböcke der Hofpartci. Sie verwandelten
so hieß es bei Hof, durch böse Zauberkünste das gediegene Gold der Weisheit,
welches die östreichische Clique zu produciren behauptete, über Nacht in das
Blech des Unverstandes und in das welke Laub des Mißerfolgs. Deshalb
mußten sie vernichtet werden. Ueber den Feldzug gegen zwei einfache Privat¬
personen im Lande, gegen welche die ganze Staatsmaschine fortwährend mit
dem Druck aller Atmosphären arbeitete, vergaß man die Vorsichtsmaßregeln gegen
den mächtigen Feind außer Landes.

Am 22. April 1852 wurde dem Herzog der älteste Prinz geboren. Die
Stände gratulirten am 25. April zu der Geburt des "Erben des Throns".
Der Herzog unterhielt sich huldreich mit denselben und bemerkte u. a., er werde
nunmehr alles so stabilisiren, daß diesem seinem Sohne dereinst die Herzogs¬
würde leicht sein, und ihm das Regieren nicht so schwer gemacht werde, wie



") Ein sich reimendes -- freilich sehr unreiner neunt -- Doppelwort, das auch am
Ufer der Darm mit gleicher Vorliebe in hohen Regionen gebraucht wird.

tete, nur nicht gegen die, welche es verdienten, und welchen gegenüber der Her¬
zog ebenso übertriebene Güte und Nachsicht zeigte.

Seinem Hofmarschall. einem vormaligen k. k. Major Leo v. Miltitz, hatte
der Herzog eines Tages einige Vorwürfe gemacht. Miltitz schmollte darauf in
ostensibelster Weise und zwar mit einem solchen Erfolg, daß ihn sein Herr schon
nach wenige» Tagen auf die Schulter klopfte mit den Worten: „Lieber Miltitz,
es war neulich nicht so böse gemeint. Seien wir wieder Freunde!"

Das Mißtrauen wurde genährt durch die schon erwähnte permanente Auf¬
hetzerei, welche theils mündlich, theils durch ein zu diesem Zweck gegründetes
Winkelbättchen — sonst las der Herzog nichts — betrieben wurde, den Herzog
zu keiner ruhigen und behaglichen Minute mehr kommen ließ und allmälig so
seine Nerven zerrüttete, daß er schon seit Jahren an Schlaflosigkeit leidet. Cha¬
rakteristisch bleibt es immer für Gemüth und Urtheil des Fürsten, daß es den
Demagogen des Hofes gelingen konnte, ihn dergestalt gegen seine Unterthanen
einzunehmen. Sein gutmüthiges, treuherziges, leichtlebiges Völkchen stellte man
ihm als eine Verschwörerbande dar, geleitet von den Landtagsabgeordneten
Dr. Lang und Braun. Diesen beiden wurde eine geheimnißvolle Allmacht bei¬
gelegt. Sie müßten mehr als Halbgötter sein, wenn sie alles das gemacht
hätten, was man bei dem Herzog auf ihr Conto setzte. Sie conspirirten mit
Mazzini und reisten jeden Augenblick nach Berlin, „um das Land an den
sah 1-1'1'- Preuß*) zu verkaufen" (jxsissimg. perdu); mit dem Grafen Bis-
marck standen sie natürlich auf dem Du-Fuß, obgleich den letzteren Herr Lang
niemals, und Herr Braun, unsres Wissens, das erste und einzige 'Mal am
11. September 1866 gesehen hat.

Braun und Lang Waren die Sündenböcke der Hofpartci. Sie verwandelten
so hieß es bei Hof, durch böse Zauberkünste das gediegene Gold der Weisheit,
welches die östreichische Clique zu produciren behauptete, über Nacht in das
Blech des Unverstandes und in das welke Laub des Mißerfolgs. Deshalb
mußten sie vernichtet werden. Ueber den Feldzug gegen zwei einfache Privat¬
personen im Lande, gegen welche die ganze Staatsmaschine fortwährend mit
dem Druck aller Atmosphären arbeitete, vergaß man die Vorsichtsmaßregeln gegen
den mächtigen Feind außer Landes.

Am 22. April 1852 wurde dem Herzog der älteste Prinz geboren. Die
Stände gratulirten am 25. April zu der Geburt des „Erben des Throns".
Der Herzog unterhielt sich huldreich mit denselben und bemerkte u. a., er werde
nunmehr alles so stabilisiren, daß diesem seinem Sohne dereinst die Herzogs¬
würde leicht sein, und ihm das Regieren nicht so schwer gemacht werde, wie



") Ein sich reimendes — freilich sehr unreiner neunt — Doppelwort, das auch am
Ufer der Darm mit gleicher Vorliebe in hohen Regionen gebraucht wird.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/403>, abgerufen am 04.11.2024.