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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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falls gewesen sein -- wenn sie nicht etwa auch provokatorische Haltung gezeigt
haben -- sonst wären sie von den Soldaten nicht mit solcher Entschlossenheit
zertrümmert worden. Vier Fremde wurden verhaftet und in ein schlechtes Gefängniß
geworfen, aus dem man sie jedoch nach einigen Tagen wieder entlassen mußte,
weil man nicht im Stande war, irgendeine Anklage gegen sie zu begründen.
Die siegreiche Armada kehrte um Mitternacht nach Wiesbaden zurück und ihre
Tambours trommelten bei dem Einmarsch so fürchterlich, daß die Kranken und
Kurfremden erschreckt aus den Betten sprangen und fragten, was los sei?....

Ein Jahr später trommelte es wieder i" Wiesbaden. Aber zwischen dem
dumpfen Tone der Trommeln schallte mit scharfem, spitzem, neckischen Klang
eine lustige Melodie hindurch. Das waren die preußischen Pfeifen: ?mis
Mssoviae!....




Mecklenburgische Finanzen.

Die Finanzverhältnisse des Großherzogthums Mecklenburg-Schwerin. Von Moritz
Wiggers. Berlin, Verlag von F. Duncker. 1806. (VIII. und 232 S. gr, 8.)

Wer sich an concreten Verhältnissen das Wesen des alten mecklenburgischen
Feudalstaats zur Anschauung bringen will, dem können wir nur empfehlen, sich
mit dem Inhalt des oben genannten Werkes bekannt zu machen, welches die
finanziellen Einrichtungen und Zustände des Landes in Verbindung mit den
bedingenden Momenten der feudalen Verfassung und des feudalen Wirthschafts¬
systems darstellt. Was hier vorgeführt wird, erscheint wie ein Bild aus längst
vergangener Zeit und wie ein Hilfsmittel für historische Studien, und doch hat
es sich vor der lebendigen Gegenwart noch nicht zurückgezogen und die Ver¬
fechter des Feudalismus sind weit entfernt, es unter die Todten zu werfen.
Sie legen vielmehr Werth darauf, daß es den Anforderungen der modernen
Welt nicht entspricht und betreiben nichts eifriger, als es gegen alle Anfech¬
tungen in Schutz zu nehmen und es in unveränderter Gestalt für die Nachwelt
aufzubewahren.

Es erklärt sich aus der großen Verschiedenheit des feudalen Staatswesens
und des modernen Staats, wenn sogar in Mecklenburg selbst eine sehr weit
verbreitete Unkenntniß der hier dargestellten Verhältnisse angetroffen wird und
wenn man auf letztere glaubt Anschauungen zur Anwendung bringen zu können,


falls gewesen sein — wenn sie nicht etwa auch provokatorische Haltung gezeigt
haben — sonst wären sie von den Soldaten nicht mit solcher Entschlossenheit
zertrümmert worden. Vier Fremde wurden verhaftet und in ein schlechtes Gefängniß
geworfen, aus dem man sie jedoch nach einigen Tagen wieder entlassen mußte,
weil man nicht im Stande war, irgendeine Anklage gegen sie zu begründen.
Die siegreiche Armada kehrte um Mitternacht nach Wiesbaden zurück und ihre
Tambours trommelten bei dem Einmarsch so fürchterlich, daß die Kranken und
Kurfremden erschreckt aus den Betten sprangen und fragten, was los sei?....

Ein Jahr später trommelte es wieder i» Wiesbaden. Aber zwischen dem
dumpfen Tone der Trommeln schallte mit scharfem, spitzem, neckischen Klang
eine lustige Melodie hindurch. Das waren die preußischen Pfeifen: ?mis
Mssoviae!....




Mecklenburgische Finanzen.

Die Finanzverhältnisse des Großherzogthums Mecklenburg-Schwerin. Von Moritz
Wiggers. Berlin, Verlag von F. Duncker. 1806. (VIII. und 232 S. gr, 8.)

Wer sich an concreten Verhältnissen das Wesen des alten mecklenburgischen
Feudalstaats zur Anschauung bringen will, dem können wir nur empfehlen, sich
mit dem Inhalt des oben genannten Werkes bekannt zu machen, welches die
finanziellen Einrichtungen und Zustände des Landes in Verbindung mit den
bedingenden Momenten der feudalen Verfassung und des feudalen Wirthschafts¬
systems darstellt. Was hier vorgeführt wird, erscheint wie ein Bild aus längst
vergangener Zeit und wie ein Hilfsmittel für historische Studien, und doch hat
es sich vor der lebendigen Gegenwart noch nicht zurückgezogen und die Ver¬
fechter des Feudalismus sind weit entfernt, es unter die Todten zu werfen.
Sie legen vielmehr Werth darauf, daß es den Anforderungen der modernen
Welt nicht entspricht und betreiben nichts eifriger, als es gegen alle Anfech¬
tungen in Schutz zu nehmen und es in unveränderter Gestalt für die Nachwelt
aufzubewahren.

Es erklärt sich aus der großen Verschiedenheit des feudalen Staatswesens
und des modernen Staats, wenn sogar in Mecklenburg selbst eine sehr weit
verbreitete Unkenntniß der hier dargestellten Verhältnisse angetroffen wird und
wenn man auf letztere glaubt Anschauungen zur Anwendung bringen zu können,


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/359>, abgerufen am 04.07.2024.