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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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durch Anekdoten und Burlesken zu verscheuchen verstand und endlich 9) General¬
major Roth, der direct aus Spanien, wo er an der Spitze der Verpflegungs-
colonne einer Karlistenbande stand, hierher bezogen worden war, um in kürzester
Frist vom Hauptmann zum Generalbrigadier auszurücken, aber 1866 die Feld-
Herrnkünste schuldig zu bleiben, die man sich von dem "iriZemoso KiäalZo" ver¬
sprochen hatte.

Rechnet man nun den Herzog Adolph als zehnten hinzu, so kam auf je
fünfhundert Mann Soldaten ein General. Gab die Kargheit der Landstände
oder die Schranke, welche das (freilich auch oft genug verletzte) Finanzgesetz
zog, keinen Raum für generalsmäßige Dotirung, so legte Herzog Adolph mit
freigebiger Hand aus seiner Civilliste zu. was fehlte. Dasselbe Verfahren
wurde eingehalten bei den oberen dem Herzog persönlich nahe stehenden Civil¬
dienern. Wo man damit nicht ausreichte, da griff man zur Stellencumulation.
Der Chef der gesammten Forstverwaltung deS Staats und der Gemeinden war
auch Oberjägermeister des Herzogs. In ersterer Eigenschaft hatte er die Auf¬
gabe, das von dem Staate, den Gemeinden und den Waldeigenthümern besol¬
dete Forstpersonal zur gehörigen Führung der Verwaltung der Forsten anzu¬
halten und letzteren zu schützen vor den Nachtheilen, welche aus der übermäßigen
Hegung des Wildstanoes erwachsen. In seiner Eigenschaft als Hofoberjäger¬
meister dagegen hatte er die Aufgabe, in dem fürstlichen Leibgehege, das sich
beinahe über das ganze Land erstreckte, Wild aller Art auf Kosten der Wald-
und Landwirthschaft zu hegen und zu Pflegen, damit der nobeln Jagdpassion
der Hofdiener Genüge geleistet werde, und bei den Jagden das Forstpersonal
und die Waldschützen als "herzogliche Jägerei" zu verwenden, obgleich dieselben
dadurch ihrem eigentlichen Beruf, für welchen sie die Steuerpflichtigen und die
Waldeigenthümer bezahlten, entfremdet wurden. Es gehört keine Propheten¬
gabe dazu, zu errathen, wer unterliegen mußte, wenn der Forstverwaltungschef
und der Oberjägermeister, welche als zwei Seelen in dieser einen Brust wohnten,
mit einander in Collision geriethen. Wenn aber die Bauern wegen Devasti-
rung ihrer Aecker und Wiesen und die Gemeinden wegen schlechter Bewirth¬
schaftung ihrer Waldungen und wegen Vernachlässigung des Waldschutzes durch
dje nur der Jagd nachgehenden Forstbedienstcten lebhafte Beschwerden erhoben,
welche auf dem Landtag ihr Echo fanden, dann versicherten die Hofdiener, das
sei eine künstliche Agitation, hervorgerufen durch die Fortschrittsadvocaten; und
das Hofblatt, welches redigirt wurde von einem durch den ausgedehntesten Ge¬
brauch des fürstlichen Begnadigungsrechts gegenüber allen ihm wegen Ehren¬
kränkungen und Verleumdungen zuerkannten und noch in Aussicht stehenden
gerichtlichen Bestrafungen hieb- und stichfest gemachten Literaten von eisernster
Stirne, versicherte, nichts Besseres gebe es für die Landwirthschaft als einen
gehörigen Wildstand, denn die Saaten sproßten viel üppiger, wenn sie das


durch Anekdoten und Burlesken zu verscheuchen verstand und endlich 9) General¬
major Roth, der direct aus Spanien, wo er an der Spitze der Verpflegungs-
colonne einer Karlistenbande stand, hierher bezogen worden war, um in kürzester
Frist vom Hauptmann zum Generalbrigadier auszurücken, aber 1866 die Feld-
Herrnkünste schuldig zu bleiben, die man sich von dem „iriZemoso KiäalZo" ver¬
sprochen hatte.

Rechnet man nun den Herzog Adolph als zehnten hinzu, so kam auf je
fünfhundert Mann Soldaten ein General. Gab die Kargheit der Landstände
oder die Schranke, welche das (freilich auch oft genug verletzte) Finanzgesetz
zog, keinen Raum für generalsmäßige Dotirung, so legte Herzog Adolph mit
freigebiger Hand aus seiner Civilliste zu. was fehlte. Dasselbe Verfahren
wurde eingehalten bei den oberen dem Herzog persönlich nahe stehenden Civil¬
dienern. Wo man damit nicht ausreichte, da griff man zur Stellencumulation.
Der Chef der gesammten Forstverwaltung deS Staats und der Gemeinden war
auch Oberjägermeister des Herzogs. In ersterer Eigenschaft hatte er die Auf¬
gabe, das von dem Staate, den Gemeinden und den Waldeigenthümern besol¬
dete Forstpersonal zur gehörigen Führung der Verwaltung der Forsten anzu¬
halten und letzteren zu schützen vor den Nachtheilen, welche aus der übermäßigen
Hegung des Wildstanoes erwachsen. In seiner Eigenschaft als Hofoberjäger¬
meister dagegen hatte er die Aufgabe, in dem fürstlichen Leibgehege, das sich
beinahe über das ganze Land erstreckte, Wild aller Art auf Kosten der Wald-
und Landwirthschaft zu hegen und zu Pflegen, damit der nobeln Jagdpassion
der Hofdiener Genüge geleistet werde, und bei den Jagden das Forstpersonal
und die Waldschützen als „herzogliche Jägerei" zu verwenden, obgleich dieselben
dadurch ihrem eigentlichen Beruf, für welchen sie die Steuerpflichtigen und die
Waldeigenthümer bezahlten, entfremdet wurden. Es gehört keine Propheten¬
gabe dazu, zu errathen, wer unterliegen mußte, wenn der Forstverwaltungschef
und der Oberjägermeister, welche als zwei Seelen in dieser einen Brust wohnten,
mit einander in Collision geriethen. Wenn aber die Bauern wegen Devasti-
rung ihrer Aecker und Wiesen und die Gemeinden wegen schlechter Bewirth¬
schaftung ihrer Waldungen und wegen Vernachlässigung des Waldschutzes durch
dje nur der Jagd nachgehenden Forstbedienstcten lebhafte Beschwerden erhoben,
welche auf dem Landtag ihr Echo fanden, dann versicherten die Hofdiener, das
sei eine künstliche Agitation, hervorgerufen durch die Fortschrittsadvocaten; und
das Hofblatt, welches redigirt wurde von einem durch den ausgedehntesten Ge¬
brauch des fürstlichen Begnadigungsrechts gegenüber allen ihm wegen Ehren¬
kränkungen und Verleumdungen zuerkannten und noch in Aussicht stehenden
gerichtlichen Bestrafungen hieb- und stichfest gemachten Literaten von eisernster
Stirne, versicherte, nichts Besseres gebe es für die Landwirthschaft als einen
gehörigen Wildstand, denn die Saaten sproßten viel üppiger, wenn sie das


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[0348] durch Anekdoten und Burlesken zu verscheuchen verstand und endlich 9) General¬ major Roth, der direct aus Spanien, wo er an der Spitze der Verpflegungs- colonne einer Karlistenbande stand, hierher bezogen worden war, um in kürzester Frist vom Hauptmann zum Generalbrigadier auszurücken, aber 1866 die Feld- Herrnkünste schuldig zu bleiben, die man sich von dem „iriZemoso KiäalZo" ver¬ sprochen hatte. Rechnet man nun den Herzog Adolph als zehnten hinzu, so kam auf je fünfhundert Mann Soldaten ein General. Gab die Kargheit der Landstände oder die Schranke, welche das (freilich auch oft genug verletzte) Finanzgesetz zog, keinen Raum für generalsmäßige Dotirung, so legte Herzog Adolph mit freigebiger Hand aus seiner Civilliste zu. was fehlte. Dasselbe Verfahren wurde eingehalten bei den oberen dem Herzog persönlich nahe stehenden Civil¬ dienern. Wo man damit nicht ausreichte, da griff man zur Stellencumulation. Der Chef der gesammten Forstverwaltung deS Staats und der Gemeinden war auch Oberjägermeister des Herzogs. In ersterer Eigenschaft hatte er die Auf¬ gabe, das von dem Staate, den Gemeinden und den Waldeigenthümern besol¬ dete Forstpersonal zur gehörigen Führung der Verwaltung der Forsten anzu¬ halten und letzteren zu schützen vor den Nachtheilen, welche aus der übermäßigen Hegung des Wildstanoes erwachsen. In seiner Eigenschaft als Hofoberjäger¬ meister dagegen hatte er die Aufgabe, in dem fürstlichen Leibgehege, das sich beinahe über das ganze Land erstreckte, Wild aller Art auf Kosten der Wald- und Landwirthschaft zu hegen und zu Pflegen, damit der nobeln Jagdpassion der Hofdiener Genüge geleistet werde, und bei den Jagden das Forstpersonal und die Waldschützen als „herzogliche Jägerei" zu verwenden, obgleich dieselben dadurch ihrem eigentlichen Beruf, für welchen sie die Steuerpflichtigen und die Waldeigenthümer bezahlten, entfremdet wurden. Es gehört keine Propheten¬ gabe dazu, zu errathen, wer unterliegen mußte, wenn der Forstverwaltungschef und der Oberjägermeister, welche als zwei Seelen in dieser einen Brust wohnten, mit einander in Collision geriethen. Wenn aber die Bauern wegen Devasti- rung ihrer Aecker und Wiesen und die Gemeinden wegen schlechter Bewirth¬ schaftung ihrer Waldungen und wegen Vernachlässigung des Waldschutzes durch dje nur der Jagd nachgehenden Forstbedienstcten lebhafte Beschwerden erhoben, welche auf dem Landtag ihr Echo fanden, dann versicherten die Hofdiener, das sei eine künstliche Agitation, hervorgerufen durch die Fortschrittsadvocaten; und das Hofblatt, welches redigirt wurde von einem durch den ausgedehntesten Ge¬ brauch des fürstlichen Begnadigungsrechts gegenüber allen ihm wegen Ehren¬ kränkungen und Verleumdungen zuerkannten und noch in Aussicht stehenden gerichtlichen Bestrafungen hieb- und stichfest gemachten Literaten von eisernster Stirne, versicherte, nichts Besseres gebe es für die Landwirthschaft als einen gehörigen Wildstand, denn die Saaten sproßten viel üppiger, wenn sie das

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/348>, abgerufen am 30.06.2024.