Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.und verschafft ihm einen festen Grund deutlich ausgeprägter und wohlgefügter Dieses Geschick bewährt Lübke von neuem in seiner "Vorschule zum Stu¬ Eine höchst schätzenswerthe Zugabe bildet in der neuen Ausgabe, außer und verschafft ihm einen festen Grund deutlich ausgeprägter und wohlgefügter Dieses Geschick bewährt Lübke von neuem in seiner „Vorschule zum Stu¬ Eine höchst schätzenswerthe Zugabe bildet in der neuen Ausgabe, außer <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0290" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286438"/> <p xml:id="ID_834" prev="#ID_833"> und verschafft ihm einen festen Grund deutlich ausgeprägter und wohlgefügter<lb/> Kenntnisse.</p><lb/> <p xml:id="ID_835"> Dieses Geschick bewährt Lübke von neuem in seiner „Vorschule zum Stu¬<lb/> dium der kirchlichen Kunst des deutschen Mittelalters", die nun in fünfter Auf¬<lb/> lage bedeutend erweitert erschienen ist. Hier war zunächst die Aufgabe, für den<lb/> weitesten Laienkreis kurz und verständlich die bestimmenden Züge hervorzuheben,<lb/> welche das Gerüste gleichsam der verschiedenen Kirchenstile — der altchnstlichen<lb/> Basilika, des byzantinischen, romanischen und gothischen Stiles — ausmachen:<lb/> wobei es vor allem darauf ankam, das richtige Maß zwischen dem Zuviel und<lb/> Zuwenig zu treffen und immer die wesentlichen Momente in das volle Licht zu<lb/> setzen. Diesen Zweck erreicht das kleine gedrängte, mit gewandter und fester<lb/> Hand geschriebene Buch vollständig. Selbst wer nur die oberflächliche An¬<lb/> schauung, wie sie das tägliche Leben giebt, von der mittelalterlichen Kunst mit¬<lb/> bringt, wird aus jener sicheren Zeichnung ihrer Hauptmerkmale ein klares Bild<lb/> empfangen. Allerdings mußte bei so knapper Uebersichtlichkeit der Darstellung<lb/> auf eine tiefere Entwickelung der Stile sowohl aus dem Wesen der Zeiten als<lb/> aus den inhärirenden Gesetzen der Baukunst verzichtet werden. Auch im Ein¬<lb/> zelnen wird vielleicht der Fachmann die Entstehung mancher Formen eindringen¬<lb/> der erklärt wünschen: so z. B. die des Rundbogenfrieses unter dem Dachgesimse<lb/> romanischer Kirchen und die constructive Nothwendigkeit des Spitzbogens aus<lb/> dem Bedürfniß nach einer einheitlichen Form für die durch die ungleichen Spann¬<lb/> weiten der Innenräume bewirkte Mannigfaltigkeit des Gewölbebaues. Indessen<lb/> solche Unterlassungen sind wohl nicht zufällig, da es galt, sich auf das Wesent¬<lb/> liche zu beschränken, und an allgemeinen Andeutungen jener Art läßt es auch<lb/> Luvte nicht fehlen.</p><lb/> <p xml:id="ID_836" next="#ID_837"> Eine höchst schätzenswerthe Zugabe bildet in der neuen Ausgabe, außer<lb/> dem Abschnitt über die Klosteranlagen des Mittelalters, der zweite Theil des<lb/> Werkchens: „Die Ausstattung der Kirche", welche alle Geräthschaften und Zu-<lb/> behörden des Cultus umfaßt, vom Altar und der Kanzel bis zum Leuchter und<lb/> Zum Meßbuch, vom malerischen und plastischen Schmuck bis zu den wenig ge¬<lb/> kannten Schallgefäßen und den Kirchhofsleuchtern. Der Leser erhält so ein<lb/> belebtes Gesammtbild der christlichen Kirche und mit ihm der christlichen Kunst.<lb/> Nicht blos das nackte Mauerwerk baut sich vor seinen Blicken auf; sondern<lb/> womit im Laufe der Zeiten der sinnige Fleiß des Handwerkers für frommen<lb/> Gebrauch und das Jneinanderwirken von Leben , und Religion die stillen Räume<lb/> schmückte und das Gotteshaus für die Gläubigen wohnlich herrichtete, das er¬<lb/> hält nun, im Zusammenhang mit der Architektur betrachtet, erhöhte Bedeutung,<lb/> wie es umgekehrt das ernste strenge Werk derselben mit vertrauten Zügen belebt.<lb/> Dieser Theil wird wohl auch dem Gebildeten, dem der Gegenstand nicht fremd<lb/> ist, manches bieten, das seine Beachtung verdient und ihm bisher entging. Er</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0290]
und verschafft ihm einen festen Grund deutlich ausgeprägter und wohlgefügter
Kenntnisse.
Dieses Geschick bewährt Lübke von neuem in seiner „Vorschule zum Stu¬
dium der kirchlichen Kunst des deutschen Mittelalters", die nun in fünfter Auf¬
lage bedeutend erweitert erschienen ist. Hier war zunächst die Aufgabe, für den
weitesten Laienkreis kurz und verständlich die bestimmenden Züge hervorzuheben,
welche das Gerüste gleichsam der verschiedenen Kirchenstile — der altchnstlichen
Basilika, des byzantinischen, romanischen und gothischen Stiles — ausmachen:
wobei es vor allem darauf ankam, das richtige Maß zwischen dem Zuviel und
Zuwenig zu treffen und immer die wesentlichen Momente in das volle Licht zu
setzen. Diesen Zweck erreicht das kleine gedrängte, mit gewandter und fester
Hand geschriebene Buch vollständig. Selbst wer nur die oberflächliche An¬
schauung, wie sie das tägliche Leben giebt, von der mittelalterlichen Kunst mit¬
bringt, wird aus jener sicheren Zeichnung ihrer Hauptmerkmale ein klares Bild
empfangen. Allerdings mußte bei so knapper Uebersichtlichkeit der Darstellung
auf eine tiefere Entwickelung der Stile sowohl aus dem Wesen der Zeiten als
aus den inhärirenden Gesetzen der Baukunst verzichtet werden. Auch im Ein¬
zelnen wird vielleicht der Fachmann die Entstehung mancher Formen eindringen¬
der erklärt wünschen: so z. B. die des Rundbogenfrieses unter dem Dachgesimse
romanischer Kirchen und die constructive Nothwendigkeit des Spitzbogens aus
dem Bedürfniß nach einer einheitlichen Form für die durch die ungleichen Spann¬
weiten der Innenräume bewirkte Mannigfaltigkeit des Gewölbebaues. Indessen
solche Unterlassungen sind wohl nicht zufällig, da es galt, sich auf das Wesent¬
liche zu beschränken, und an allgemeinen Andeutungen jener Art läßt es auch
Luvte nicht fehlen.
Eine höchst schätzenswerthe Zugabe bildet in der neuen Ausgabe, außer
dem Abschnitt über die Klosteranlagen des Mittelalters, der zweite Theil des
Werkchens: „Die Ausstattung der Kirche", welche alle Geräthschaften und Zu-
behörden des Cultus umfaßt, vom Altar und der Kanzel bis zum Leuchter und
Zum Meßbuch, vom malerischen und plastischen Schmuck bis zu den wenig ge¬
kannten Schallgefäßen und den Kirchhofsleuchtern. Der Leser erhält so ein
belebtes Gesammtbild der christlichen Kirche und mit ihm der christlichen Kunst.
Nicht blos das nackte Mauerwerk baut sich vor seinen Blicken auf; sondern
womit im Laufe der Zeiten der sinnige Fleiß des Handwerkers für frommen
Gebrauch und das Jneinanderwirken von Leben , und Religion die stillen Räume
schmückte und das Gotteshaus für die Gläubigen wohnlich herrichtete, das er¬
hält nun, im Zusammenhang mit der Architektur betrachtet, erhöhte Bedeutung,
wie es umgekehrt das ernste strenge Werk derselben mit vertrauten Zügen belebt.
Dieser Theil wird wohl auch dem Gebildeten, dem der Gegenstand nicht fremd
ist, manches bieten, das seine Beachtung verdient und ihm bisher entging. Er
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