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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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erwiederte er: "wisset: wenn Ihr uns das Schwert über den Nacken legt, so
wollen wir doch darunter durch zur Predigt gehen." Als er nun am Abend
in die Kirche ging, sagte ihm der Priester Goriel: "Wenn Du zu den Diaconen
gehst, so verlaß schnell die Kirche, ehe noch die Leute kommen, damit Du nicbt
von ihnen beschämt werdest." Doch er erwiederte: "Ich wünscke,>daß Du
mich vor allen Leuten fortjagest; ich schäme mich nicht, denn ich werde nicht
wegen etwas Bösen verjagt, sondern um Gottes willen." Nachdem also die
Gemeinde versammelt war, jagten sie den Diaconus Jschat weg, und er verließ
-die Versammlung. Da sagte auch der Diaconus Ambar, der eigne Bruder des
Priesters: "wenn der Diaconus Jschak aus Eurer Gemeinschaft ausgetreten ist,
so will auch ich das Abendmahl nicht mehr aus Eurer Hand empfangen," und
trat gleichfalls aus. Gott und seine große Macht sei gepriesen, daß er den
Diaconus Jschak aus dem Hause des Priesters Goriel erwählt und sein Herz
dazu sehr erleuchtet hat, Beweise aus der heiligen Schrift herauszunehmen, um
den unwissenden Leuten Antwort zu geben! Viel Eifer hat auch seine Mutter
Marjam; sie sucht die Worte Christi eifrig auf und leistet den Predigern Hilfe
und Beistand.

Am ersten Sonntag im Januar kam endlich aus Mosul die Antwort für
uns, daß man unsere Sache dem Bruder des Consuls übergeben habe. Wir
gingen nun nach Schach zum Predigen, wurden aber nicht aufgenommen, denn
man sagte: "Gewiß hat der Priester Goriel etwas an Euch gefunden und Euch
darum aus der Kirche gejagt; nun können wir Euch auel nicht aufnehmen."
Von dort kehrten wir nach Gezira zurück und sagten zum"Kaufmann Mansur.
dem Bruder des (Consuls) Mr. Rassam: "so steht unsre Sache". Darauf er¬
wiederte er: "In Gezira giebt es keine obrigkeitliche Gewalt, auch ich habe
hier nichts zu sagen, darum geht nach Mosul." Wir sahen ein, daß unsre
Sache in Gezira schlecht stand. Wir kehrten also nach unserm Quartier zurück,
schrieben einige Briefe und sandten sie durch die beide" Diaconen Eschaja und
Jschak nach Mosul. So ging nun unser Werk: alltäglich beteten wir im Hause
des Diaconus Eschaja; wenn wir dann sangen, so sagte" Einige: "da hört
man die Stimme der Esel". Aber die glaubenöeisngr Mutter Marjam nahm.
wenn wir mit der Abendpredigt fertig waren, das, was sie von uns gehört
hatte, mit ins Haus eines Mannes mit Namen Daniel, eines Nachbarn deö
Priesters Goriel, und trug den Leuten das vor, was sie gehört hatte.

Unser Her, Jesus Christus hat durch seine gcoßc Kraft den Daniel und
seine Familie auserwählt. Einst kam Marjam bei Nacht sehr froh zu uns
und sprach: "Ich bringe Euch eine Freudenbotschaft!" Daniel hatte nämlich
nach uns geschickt. Wir gingen nun nach seinem Hause, wo er uns den
Wunsch ausdnickte. daß wir daselbst predigen und singen möchten. Als wir
ihn fragten, ob er sich denn nicht davor fürchtete, daß ihm der Priester Goriel


erwiederte er: „wisset: wenn Ihr uns das Schwert über den Nacken legt, so
wollen wir doch darunter durch zur Predigt gehen." Als er nun am Abend
in die Kirche ging, sagte ihm der Priester Goriel: „Wenn Du zu den Diaconen
gehst, so verlaß schnell die Kirche, ehe noch die Leute kommen, damit Du nicbt
von ihnen beschämt werdest." Doch er erwiederte: „Ich wünscke,>daß Du
mich vor allen Leuten fortjagest; ich schäme mich nicht, denn ich werde nicht
wegen etwas Bösen verjagt, sondern um Gottes willen." Nachdem also die
Gemeinde versammelt war, jagten sie den Diaconus Jschat weg, und er verließ
-die Versammlung. Da sagte auch der Diaconus Ambar, der eigne Bruder des
Priesters: „wenn der Diaconus Jschak aus Eurer Gemeinschaft ausgetreten ist,
so will auch ich das Abendmahl nicht mehr aus Eurer Hand empfangen," und
trat gleichfalls aus. Gott und seine große Macht sei gepriesen, daß er den
Diaconus Jschak aus dem Hause des Priesters Goriel erwählt und sein Herz
dazu sehr erleuchtet hat, Beweise aus der heiligen Schrift herauszunehmen, um
den unwissenden Leuten Antwort zu geben! Viel Eifer hat auch seine Mutter
Marjam; sie sucht die Worte Christi eifrig auf und leistet den Predigern Hilfe
und Beistand.

Am ersten Sonntag im Januar kam endlich aus Mosul die Antwort für
uns, daß man unsere Sache dem Bruder des Consuls übergeben habe. Wir
gingen nun nach Schach zum Predigen, wurden aber nicht aufgenommen, denn
man sagte: „Gewiß hat der Priester Goriel etwas an Euch gefunden und Euch
darum aus der Kirche gejagt; nun können wir Euch auel nicht aufnehmen."
Von dort kehrten wir nach Gezira zurück und sagten zum"Kaufmann Mansur.
dem Bruder des (Consuls) Mr. Rassam: „so steht unsre Sache". Darauf er¬
wiederte er: „In Gezira giebt es keine obrigkeitliche Gewalt, auch ich habe
hier nichts zu sagen, darum geht nach Mosul." Wir sahen ein, daß unsre
Sache in Gezira schlecht stand. Wir kehrten also nach unserm Quartier zurück,
schrieben einige Briefe und sandten sie durch die beide» Diaconen Eschaja und
Jschak nach Mosul. So ging nun unser Werk: alltäglich beteten wir im Hause
des Diaconus Eschaja; wenn wir dann sangen, so sagte» Einige: „da hört
man die Stimme der Esel". Aber die glaubenöeisngr Mutter Marjam nahm.
wenn wir mit der Abendpredigt fertig waren, das, was sie von uns gehört
hatte, mit ins Haus eines Mannes mit Namen Daniel, eines Nachbarn deö
Priesters Goriel, und trug den Leuten das vor, was sie gehört hatte.

Unser Her, Jesus Christus hat durch seine gcoßc Kraft den Daniel und
seine Familie auserwählt. Einst kam Marjam bei Nacht sehr froh zu uns
und sprach: „Ich bringe Euch eine Freudenbotschaft!" Daniel hatte nämlich
nach uns geschickt. Wir gingen nun nach seinem Hause, wo er uns den
Wunsch ausdnickte. daß wir daselbst predigen und singen möchten. Als wir
ihn fragten, ob er sich denn nicht davor fürchtete, daß ihm der Priester Goriel


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/257>, abgerufen am 04.07.2024.