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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band.

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ficht, die dem geänderten Kriegsplan des Feindes zu Grunde lag, war kaum
zu verkennen; man beschloß daher einen Handstreich mit 4--6,000 Mann, da
man auf eine fast fünfmal größere Macht Garibaldis gefaßt sein mußte. In
der Nacht vom 20, Juli überstiegen zwei Halbbrigaden unter dem Obersten
Montluisant und Major Graf Grüne nebst zwei Landesschützencompagnien den
6000 Fuß hohen Pichea, Überstelen am 21. früh die Garibaldianer bei Locca,
einem am Fuße jenes Berges und an der Mündung des Ledro- ins Conzeithal
stoßenden Dörfchen, nahmen es im Sturm und vertrieben den Feind auch aus
dem darunter gelegenen Bececa, wobei sie 1,200 Gefangene machten. Umsonst
riefen die garibaldianischen Offiziere den fliehenden Regimentern zu: "Lalverts
almöiw l'onoi'e della, es-inieia, rossa,!" Weder die Ehre noch Versprechungen
konnten sie zum Stehen bringen. Nachdem die Oestreicher dem Feinde noch
außerdem einen Verlust von 1000 Todten und 2000 Verwundeten beigebracht,
traten sie um 3 Uhr Nachmittags den Rückzug an. Die Garibaldianer waren
durch diesen Schlag so völlig entmuthigt, daß von ihren weiteren Kämpfen
wenig mehr zu erwähnen kommt. Um ihr Vordringen gegen Riva zu verhin¬
dern, sprengten die Kaiserlichen, ohne auch nur einen Schuß zu thun, das ober¬
halb Sperone gelegene Fort, das zur Abhaltung der feindlichen Geschütze er¬
baut war, und zerstörten damit einen Theil der schönen Ponalstraße. Als nun
die Garibaldianer auf der westlichen Seite über Campi und Deva bis an die
Mauorn von Riva zu herankamen, wurden sie auch von dort durch die Kanonen
der östreichischen Florille verjagt. Von Garibaldis Truppen standen am 3. August
im Bezirke von Condino noch 9 Compagnien, er selbst erhielt am 10. in Bececa
bei seiner Hauptmacht die'Weisung, Tirol zu räumen und eröffnete sie seinen
Offizieren mit den Worten: Oou 1,000 uvwim g-bdiamo xrosv ig, Sicilia, von
20,000 uomini übbiamo preso I'Italia ekirtiirle <z in<zriäi0lig,l<z, con 40,000
uomiiü non gMiamo prizso die eine montaMö. M rivereses al äover vis
rM'teeipg.i'öl, speriamo s, tempi mogliori !"

Ueber das Mißlingen eines Heerzugs mit ungeübten Truppen, vor deren
Kugeln man je näher um so sicherer ist, und einem Generalstabe, der nach dem
Berichte der "Kölner Zeitung" auch nicht einen militärisch gebildeten Offizier
zählt, kann man sich kaum verwundern. Was vermag die Zahl ohne Schule
und Leitung? Auch der tiroler Landsturm scheiterte im Jahre 1809 an der
Kriegskunst der Franzosen.

Der Raum dieser Blätter gestattet uns nicht, auch noch die einzelnen Ge¬
fechte aufzuzählen, die am Stelvio. Tonale und in Vallaisa stattfanden und
auch den Landesschützen manchen kleinen Erfolg eintrugen. Der Feind stand
mit 6,000 Mann in sabio, anderen 5,000 in Thiere und 8,000 in Agordo, ohne
einen Angriff zu versuchen, drang aber nur durch Valsugana ein, das wenig
besetzt war. Die Italiener wollten eben noch zur rechten Zeit das trienter


ficht, die dem geänderten Kriegsplan des Feindes zu Grunde lag, war kaum
zu verkennen; man beschloß daher einen Handstreich mit 4—6,000 Mann, da
man auf eine fast fünfmal größere Macht Garibaldis gefaßt sein mußte. In
der Nacht vom 20, Juli überstiegen zwei Halbbrigaden unter dem Obersten
Montluisant und Major Graf Grüne nebst zwei Landesschützencompagnien den
6000 Fuß hohen Pichea, Überstelen am 21. früh die Garibaldianer bei Locca,
einem am Fuße jenes Berges und an der Mündung des Ledro- ins Conzeithal
stoßenden Dörfchen, nahmen es im Sturm und vertrieben den Feind auch aus
dem darunter gelegenen Bececa, wobei sie 1,200 Gefangene machten. Umsonst
riefen die garibaldianischen Offiziere den fliehenden Regimentern zu: „Lalverts
almöiw l'onoi'e della, es-inieia, rossa,!" Weder die Ehre noch Versprechungen
konnten sie zum Stehen bringen. Nachdem die Oestreicher dem Feinde noch
außerdem einen Verlust von 1000 Todten und 2000 Verwundeten beigebracht,
traten sie um 3 Uhr Nachmittags den Rückzug an. Die Garibaldianer waren
durch diesen Schlag so völlig entmuthigt, daß von ihren weiteren Kämpfen
wenig mehr zu erwähnen kommt. Um ihr Vordringen gegen Riva zu verhin¬
dern, sprengten die Kaiserlichen, ohne auch nur einen Schuß zu thun, das ober¬
halb Sperone gelegene Fort, das zur Abhaltung der feindlichen Geschütze er¬
baut war, und zerstörten damit einen Theil der schönen Ponalstraße. Als nun
die Garibaldianer auf der westlichen Seite über Campi und Deva bis an die
Mauorn von Riva zu herankamen, wurden sie auch von dort durch die Kanonen
der östreichischen Florille verjagt. Von Garibaldis Truppen standen am 3. August
im Bezirke von Condino noch 9 Compagnien, er selbst erhielt am 10. in Bececa
bei seiner Hauptmacht die'Weisung, Tirol zu räumen und eröffnete sie seinen
Offizieren mit den Worten: Oou 1,000 uvwim g-bdiamo xrosv ig, Sicilia, von
20,000 uomini übbiamo preso I'Italia ekirtiirle <z in<zriäi0lig,l<z, con 40,000
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Ueber das Mißlingen eines Heerzugs mit ungeübten Truppen, vor deren
Kugeln man je näher um so sicherer ist, und einem Generalstabe, der nach dem
Berichte der „Kölner Zeitung" auch nicht einen militärisch gebildeten Offizier
zählt, kann man sich kaum verwundern. Was vermag die Zahl ohne Schule
und Leitung? Auch der tiroler Landsturm scheiterte im Jahre 1809 an der
Kriegskunst der Franzosen.

Der Raum dieser Blätter gestattet uns nicht, auch noch die einzelnen Ge¬
fechte aufzuzählen, die am Stelvio. Tonale und in Vallaisa stattfanden und
auch den Landesschützen manchen kleinen Erfolg eintrugen. Der Feind stand
mit 6,000 Mann in sabio, anderen 5,000 in Thiere und 8,000 in Agordo, ohne
einen Angriff zu versuchen, drang aber nur durch Valsugana ein, das wenig
besetzt war. Die Italiener wollten eben noch zur rechten Zeit das trienter


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. IV. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_286147/120>, abgerufen am 02.07.2024.