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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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selbst die Bahn von Eisenach nach Berlin unfahrbar gemacht hatten!! --
Uebrigens zogen die Hannoveraner in eine Friedensstellung bei Langensalza
zurück.

ES ist aus den Zeitungen bekannt, daß sich in diesem Moment in Berlin
verschiedene Einwirkungen auf die Entschlüsse geltend machten, am 26. kam
Oberst v. Döring mit den letzten Anerbietungen Preußens nach Gotha, von
dort in das Hauptquartier nach Langensalza, er bot dem Könige noch einmal,
wie verlautet, Wiedereinsetzung, seinem Lande Neutralität, unter der Bedingung,
den preußischen Reformentwurf und die Wahlen zu einem deutschen Parlament
zu acceptiren, der König von Hannover wies diesen Vorschlag von der Hand,
und die preußischen Truppen bewegten sich am 26. von Gotha auf Langen¬
salza zu.

Unterdeß schwärmten die hannöverischen Husaren frisch durch das Land.
Schon von Göttingen war Rittmeister v. d. Wense bis nach Kassel vor¬
gegangen, grade als die Preußen einzogen, er ritt mit einigen Husaren
in die Stadt, hielt vor dem Hause des kurhessischen Kriegsministers, der bei
seinem Anblick erschrocken die Hände zusammenschlug, und ritt wieder zum Thore
hinaus, unmittelbar bevor die Preußen den Ausgang besetzten. Derselbe muthige
Offizier, einer der besten Reiter der hannöverischen Armee, war es, wie berichtet
wird, der bei Witzenhausen am 22. mit preußischen Husaren zusammenstieß.
Er rückte an der Spitze seiner Husaren, im Ganzen eine halbe Escadron (35
Pferde) auf der Chaussee vor, als er sich gegenüber einer Vedettenchaine von
14 bis 16 Pferden der neunten preußischen Husaren (Rheinländer) sah. Diese
gingen vor ihm en üsbimÄackö zurück, bis sie eine Biegung der ansteigenden
Chaussee erreichten, dort bemerkt der preußische Offizier, daß sein Gegner eben¬
falls nicht gesammelt ist, er läßt seine Leute im Galopp Kehrt machen, raillirt
sich im Augenblick in zwei Glieder und stürzt sich längs der Chaussee auf den
Feind. In erbittertem Handgemenge fuhren die Gegner auf der Chaussee inein¬
ander. Der preußische Offizier erhielt einen Hieb aus den Arm, daß ihm der
Säbel entfiel, er vertheidigte sich aber mit seinem Revolver, der hannöversche
Rittmeister stürzte, kam auf die Füße zu stehen, und hatte grade seine Freude
beim Anblick deS wouvermannschen Bildes, als er einen Hieb quer über daS
Gesicht erhielt, der ihn für den Augenblick betäubte. Unterdeß war seine Ver¬
stärkung herangekommen, die Preußen verloren einige Schwerverwundete und
Pferde, und beide Theile schieden mit Achtung vor der Bravour des Gegners.
Die kriegerische Haltung der hannöverischen Mannschaft wurde von ihnen höch¬
lich gerühmt, auch die vortrefflichen Pferde von halbenglischer Race. Einer
Escadron, welche acht Tage lang die sorcirtesten Recognoscirungspatrouillen
neben dem Marsch zu machen hatte, waren nur zwei Pferde abgegangen.

Der Zusammenstoß bei Witzenhausen wird deshalb erwähnt, weil die frank-


selbst die Bahn von Eisenach nach Berlin unfahrbar gemacht hatten!! —
Uebrigens zogen die Hannoveraner in eine Friedensstellung bei Langensalza
zurück.

ES ist aus den Zeitungen bekannt, daß sich in diesem Moment in Berlin
verschiedene Einwirkungen auf die Entschlüsse geltend machten, am 26. kam
Oberst v. Döring mit den letzten Anerbietungen Preußens nach Gotha, von
dort in das Hauptquartier nach Langensalza, er bot dem Könige noch einmal,
wie verlautet, Wiedereinsetzung, seinem Lande Neutralität, unter der Bedingung,
den preußischen Reformentwurf und die Wahlen zu einem deutschen Parlament
zu acceptiren, der König von Hannover wies diesen Vorschlag von der Hand,
und die preußischen Truppen bewegten sich am 26. von Gotha auf Langen¬
salza zu.

Unterdeß schwärmten die hannöverischen Husaren frisch durch das Land.
Schon von Göttingen war Rittmeister v. d. Wense bis nach Kassel vor¬
gegangen, grade als die Preußen einzogen, er ritt mit einigen Husaren
in die Stadt, hielt vor dem Hause des kurhessischen Kriegsministers, der bei
seinem Anblick erschrocken die Hände zusammenschlug, und ritt wieder zum Thore
hinaus, unmittelbar bevor die Preußen den Ausgang besetzten. Derselbe muthige
Offizier, einer der besten Reiter der hannöverischen Armee, war es, wie berichtet
wird, der bei Witzenhausen am 22. mit preußischen Husaren zusammenstieß.
Er rückte an der Spitze seiner Husaren, im Ganzen eine halbe Escadron (35
Pferde) auf der Chaussee vor, als er sich gegenüber einer Vedettenchaine von
14 bis 16 Pferden der neunten preußischen Husaren (Rheinländer) sah. Diese
gingen vor ihm en üsbimÄackö zurück, bis sie eine Biegung der ansteigenden
Chaussee erreichten, dort bemerkt der preußische Offizier, daß sein Gegner eben¬
falls nicht gesammelt ist, er läßt seine Leute im Galopp Kehrt machen, raillirt
sich im Augenblick in zwei Glieder und stürzt sich längs der Chaussee auf den
Feind. In erbittertem Handgemenge fuhren die Gegner auf der Chaussee inein¬
ander. Der preußische Offizier erhielt einen Hieb aus den Arm, daß ihm der
Säbel entfiel, er vertheidigte sich aber mit seinem Revolver, der hannöversche
Rittmeister stürzte, kam auf die Füße zu stehen, und hatte grade seine Freude
beim Anblick deS wouvermannschen Bildes, als er einen Hieb quer über daS
Gesicht erhielt, der ihn für den Augenblick betäubte. Unterdeß war seine Ver¬
stärkung herangekommen, die Preußen verloren einige Schwerverwundete und
Pferde, und beide Theile schieden mit Achtung vor der Bravour des Gegners.
Die kriegerische Haltung der hannöverischen Mannschaft wurde von ihnen höch¬
lich gerühmt, auch die vortrefflichen Pferde von halbenglischer Race. Einer
Escadron, welche acht Tage lang die sorcirtesten Recognoscirungspatrouillen
neben dem Marsch zu machen hatte, waren nur zwei Pferde abgegangen.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/83>, abgerufen am 22.07.2024.