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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Die Hannoveraner behielten den Parlamentär wegen mangelnder schriftlicher
Legitimation zurück und nahmen ihre Marschrichtung statt auf Eisenach auf
Gotha. Es wäre ihnen nicht unmöglich gewesen, bis zum 23. bei Gotha durch¬
zubrechen, aber der große Hoftroß hemmte die Bewegungen des Heeres. Die
preußisch-gothaischen Truppen hatten sich am 23. nach Gotha zurückbewegt und
vor der Stadt Aufstellung genommen, statt des hannöverischen Heeres erschien
Major Jacobi vom Generalstabe als Parlamentär mit der bereits erwähnten
Antwort auf die preußische Aufforderung vom 20" es sei unerhört, daß Preußen
von einem unbesiegten Heere in freiem Felde ein Wasserstrecken fordere, man
wünsche sich durch Augenschein davon zu überzeugen, daß man eernirt sei. Am
24. früh kehrte der Offizier zu seinem König zurück, weil aus Berlin bis dahin
keine Antwort auf den mitgetheilten Wunsch der Hannoveraner erfolgt war.

Aber einige Stunden später, um Uhr. kam derselbe Parlamentär
mit dem Generaladjutanten des Königs, Oberst Dämmers, wieder, sie ersuchten
den Herzog von Gotha um seine Vermittelung beim Könige und forderten
Durchmarsch nach einem Punkt im Süden, den der König von Preußen be-
stimmen solle, wogegen sie sich verpflichten wollten, sechs Monate nicht an Feind¬
seligkeiten gegen Preußen theilzunehmen. Der Herzog proponirte statt der sechs
Monate ein Jahr und empfahl den so modificirten Vorschlag mit Uebereinstim¬
mung der Parlamentäre dem König. Die Parlamentäre erklärten sich bereit,
bis um 12 Uhr die Antwort von Berlin zu erwarten.

Kurz nach 12 Uhr kam der Bescheid von Berlin, daß General v. Alvens¬
leben sofort mit Extrazug geschickt werden würde, um mit dem König von
Hannover direct zu verhandeln. Oberst Dämmers fuhr in das Hauptquartier
zurück, Major Jacobi blieb in Gotha, die Ankunft des Generals v. Alvensleben
zu erwarten. Auf dem Rückwege begegnete Oberst Dämmers einem zweiten
Parlamentär des Königs von Hannover, dem Rittmeister v. d. Wense. mit dem
er sich gegen Parlamentärgebrauch unterhielt, v. d. Wense erklärte gegen den
Herzog von Gotha, daß sein Auftrag dahin gehe, die Verhandlungen für ab¬
gebrochen zu erklären und den Major Jacobi zurückzuholen. Da v. d. Wense nicht
legitimirt war, wurde er dem früher legitimirten Parlamentär gegenübergestellt
und nach einer Erörterung zwischen beiden erklärte sich Major Jacobi bereit,
die Ankunft des Generals v. Alvensleben abzuwarten. Unterdeß war auch ein
Telegramm des Ministerpräsidenten eingetroffen, daß man preußischerseits auf
die von dem König von Hannover proponirten Bedingungen eingehe, unter der
selbstverständlichen Voraussehung, daß Hannover für Erfüllung derselben Ga¬
rantien gebe. Dies Telegramm wird durch Rittmeister v. d. Wense sofort an
den König von Hannover befördert.

Nach 6 Uhr Abends kehrt" der Rittmeister v. d. Wense mit einem Schrei-
ben des Königs zurück. Der König wolle keine Garantien geben, die Verband-


Die Hannoveraner behielten den Parlamentär wegen mangelnder schriftlicher
Legitimation zurück und nahmen ihre Marschrichtung statt auf Eisenach auf
Gotha. Es wäre ihnen nicht unmöglich gewesen, bis zum 23. bei Gotha durch¬
zubrechen, aber der große Hoftroß hemmte die Bewegungen des Heeres. Die
preußisch-gothaischen Truppen hatten sich am 23. nach Gotha zurückbewegt und
vor der Stadt Aufstellung genommen, statt des hannöverischen Heeres erschien
Major Jacobi vom Generalstabe als Parlamentär mit der bereits erwähnten
Antwort auf die preußische Aufforderung vom 20„ es sei unerhört, daß Preußen
von einem unbesiegten Heere in freiem Felde ein Wasserstrecken fordere, man
wünsche sich durch Augenschein davon zu überzeugen, daß man eernirt sei. Am
24. früh kehrte der Offizier zu seinem König zurück, weil aus Berlin bis dahin
keine Antwort auf den mitgetheilten Wunsch der Hannoveraner erfolgt war.

Aber einige Stunden später, um Uhr. kam derselbe Parlamentär
mit dem Generaladjutanten des Königs, Oberst Dämmers, wieder, sie ersuchten
den Herzog von Gotha um seine Vermittelung beim Könige und forderten
Durchmarsch nach einem Punkt im Süden, den der König von Preußen be-
stimmen solle, wogegen sie sich verpflichten wollten, sechs Monate nicht an Feind¬
seligkeiten gegen Preußen theilzunehmen. Der Herzog proponirte statt der sechs
Monate ein Jahr und empfahl den so modificirten Vorschlag mit Uebereinstim¬
mung der Parlamentäre dem König. Die Parlamentäre erklärten sich bereit,
bis um 12 Uhr die Antwort von Berlin zu erwarten.

Kurz nach 12 Uhr kam der Bescheid von Berlin, daß General v. Alvens¬
leben sofort mit Extrazug geschickt werden würde, um mit dem König von
Hannover direct zu verhandeln. Oberst Dämmers fuhr in das Hauptquartier
zurück, Major Jacobi blieb in Gotha, die Ankunft des Generals v. Alvensleben
zu erwarten. Auf dem Rückwege begegnete Oberst Dämmers einem zweiten
Parlamentär des Königs von Hannover, dem Rittmeister v. d. Wense. mit dem
er sich gegen Parlamentärgebrauch unterhielt, v. d. Wense erklärte gegen den
Herzog von Gotha, daß sein Auftrag dahin gehe, die Verhandlungen für ab¬
gebrochen zu erklären und den Major Jacobi zurückzuholen. Da v. d. Wense nicht
legitimirt war, wurde er dem früher legitimirten Parlamentär gegenübergestellt
und nach einer Erörterung zwischen beiden erklärte sich Major Jacobi bereit,
die Ankunft des Generals v. Alvensleben abzuwarten. Unterdeß war auch ein
Telegramm des Ministerpräsidenten eingetroffen, daß man preußischerseits auf
die von dem König von Hannover proponirten Bedingungen eingehe, unter der
selbstverständlichen Voraussehung, daß Hannover für Erfüllung derselben Ga¬
rantien gebe. Dies Telegramm wird durch Rittmeister v. d. Wense sofort an
den König von Hannover befördert.

Nach 6 Uhr Abends kehrt« der Rittmeister v. d. Wense mit einem Schrei-
ben des Königs zurück. Der König wolle keine Garantien geben, die Verband-


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[0081] Die Hannoveraner behielten den Parlamentär wegen mangelnder schriftlicher Legitimation zurück und nahmen ihre Marschrichtung statt auf Eisenach auf Gotha. Es wäre ihnen nicht unmöglich gewesen, bis zum 23. bei Gotha durch¬ zubrechen, aber der große Hoftroß hemmte die Bewegungen des Heeres. Die preußisch-gothaischen Truppen hatten sich am 23. nach Gotha zurückbewegt und vor der Stadt Aufstellung genommen, statt des hannöverischen Heeres erschien Major Jacobi vom Generalstabe als Parlamentär mit der bereits erwähnten Antwort auf die preußische Aufforderung vom 20„ es sei unerhört, daß Preußen von einem unbesiegten Heere in freiem Felde ein Wasserstrecken fordere, man wünsche sich durch Augenschein davon zu überzeugen, daß man eernirt sei. Am 24. früh kehrte der Offizier zu seinem König zurück, weil aus Berlin bis dahin keine Antwort auf den mitgetheilten Wunsch der Hannoveraner erfolgt war. Aber einige Stunden später, um Uhr. kam derselbe Parlamentär mit dem Generaladjutanten des Königs, Oberst Dämmers, wieder, sie ersuchten den Herzog von Gotha um seine Vermittelung beim Könige und forderten Durchmarsch nach einem Punkt im Süden, den der König von Preußen be- stimmen solle, wogegen sie sich verpflichten wollten, sechs Monate nicht an Feind¬ seligkeiten gegen Preußen theilzunehmen. Der Herzog proponirte statt der sechs Monate ein Jahr und empfahl den so modificirten Vorschlag mit Uebereinstim¬ mung der Parlamentäre dem König. Die Parlamentäre erklärten sich bereit, bis um 12 Uhr die Antwort von Berlin zu erwarten. Kurz nach 12 Uhr kam der Bescheid von Berlin, daß General v. Alvens¬ leben sofort mit Extrazug geschickt werden würde, um mit dem König von Hannover direct zu verhandeln. Oberst Dämmers fuhr in das Hauptquartier zurück, Major Jacobi blieb in Gotha, die Ankunft des Generals v. Alvensleben zu erwarten. Auf dem Rückwege begegnete Oberst Dämmers einem zweiten Parlamentär des Königs von Hannover, dem Rittmeister v. d. Wense. mit dem er sich gegen Parlamentärgebrauch unterhielt, v. d. Wense erklärte gegen den Herzog von Gotha, daß sein Auftrag dahin gehe, die Verhandlungen für ab¬ gebrochen zu erklären und den Major Jacobi zurückzuholen. Da v. d. Wense nicht legitimirt war, wurde er dem früher legitimirten Parlamentär gegenübergestellt und nach einer Erörterung zwischen beiden erklärte sich Major Jacobi bereit, die Ankunft des Generals v. Alvensleben abzuwarten. Unterdeß war auch ein Telegramm des Ministerpräsidenten eingetroffen, daß man preußischerseits auf die von dem König von Hannover proponirten Bedingungen eingehe, unter der selbstverständlichen Voraussehung, daß Hannover für Erfüllung derselben Ga¬ rantien gebe. Dies Telegramm wird durch Rittmeister v. d. Wense sofort an den König von Hannover befördert. Nach 6 Uhr Abends kehrt« der Rittmeister v. d. Wense mit einem Schrei- ben des Königs zurück. Der König wolle keine Garantien geben, die Verband-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/81>, abgerufen am 22.07.2024.