Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.grande zu sein, der ihm ein höchst erlauchter und ehrenvoller Verein zu sein Antonio: Eine schöne Antwort, würdig eines klugen, einsichtigen Bürgers. Luigi: Ich muß lachen, daß Michelangelo wieder auf ein Thema gekom¬ Nun geht die Unterhaltung über Dante weiter, nachdem Michelangelo das Und wenn Dante der Meinung war, Brutus und Cassius hätten übel Donato: Die Gedanken, die er hatte, waren, daß er König heißen wollte. Michelangelo: Zugegeben; aber war das nicht ein geringeres Uebel, als Gltnzbottn III. 1866. 8
grande zu sein, der ihm ein höchst erlauchter und ehrenvoller Verein zu sein Antonio: Eine schöne Antwort, würdig eines klugen, einsichtigen Bürgers. Luigi: Ich muß lachen, daß Michelangelo wieder auf ein Thema gekom¬ Nun geht die Unterhaltung über Dante weiter, nachdem Michelangelo das Und wenn Dante der Meinung war, Brutus und Cassius hätten übel Donato: Die Gedanken, die er hatte, waren, daß er König heißen wollte. Michelangelo: Zugegeben; aber war das nicht ein geringeres Uebel, als Gltnzbottn III. 1866. 8
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0069" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285657"/> <p xml:id="ID_184" prev="#ID_183"> grande zu sein, der ihm ein höchst erlauchter und ehrenvoller Verein zu sein<lb/> scheine.</p><lb/> <p xml:id="ID_185"> Antonio: Eine schöne Antwort, würdig eines klugen, einsichtigen Bürgers.<lb/> Ihr lacht?</p><lb/> <p xml:id="ID_186"> Luigi: Ich muß lachen, daß Michelangelo wieder auf ein Thema gekom¬<lb/> men ist, das ihm allzusehr gefällt. Und wenn wir ihn hier einmal warm wer¬<lb/> den lassen, so fürchte ich, wir werden den ganzen Morgen nichts weiter zu hören<lb/> bekommen als Jammer und Klagen über unsre Zeit. Darum ein anderes;<lb/> lassen wir die Consili grandi, die Senate, die Gesetze, die politischen Ein-<lb/> richtungen und Gedanken — daß ich nicht sage, beim Henker, aber da, wo<lb/> Gott sie hingeführt hat, dessen Willen ja jeder Kluge und Rechtschaffene sich<lb/> beugen muß.</p><lb/> <p xml:id="ID_187"> Nun geht die Unterhaltung über Dante weiter, nachdem Michelangelo das<lb/> Lob, daß er ein großer Dantist sei, und anderes schmeichelhafte über seine Ge¬<lb/> dichte vergebens abgewehrt. Aber das Gespräch lenkt später doch zur Politik<lb/> zurück. Donato bringt die Rede daraus, daß Dante unbegreiflicherweise die<lb/> Mörder Cäsars in den Rachen Lucifers versetzt habe. Michelangelo übernimmt<lb/> die Vertheidigung des Dichters. Nicht weil sie einem Tyrannen das Leben<lb/> genommen, sondern weil sie sich an der kaiserlichen Majestät selbst vergangen,<lb/> seien sie in die Giudecea versetzt. Dann fährt er fort, unter unverkennbarer<lb/> Anspielung auf die Verhältnisse von Florenz, das nach Alefsandros Ermordung<lb/> in Costmos Hände fiel:</p><lb/> <p xml:id="ID_188"> Und wenn Dante der Meinung war, Brutus und Cassius hätten übel<lb/> daran gethan, Cäsar zu ermorden, wisset ihr denn nicht, welche Verheerung in<lb/> der Welt durch seinen Tod entstand? Sehet ihr nicht, welche verruchte Nach¬<lb/> folge von Kaisern er gehabt hat? War es nicht besser, er blieb am Leben und<lb/> führte seine Gedanken hinaus?</p><lb/> <p xml:id="ID_189"> Donato: Die Gedanken, die er hatte, waren, daß er König heißen wollte.</p><lb/> <p xml:id="ID_190" next="#ID_191"> Michelangelo: Zugegeben; aber war das nicht ein geringeres Uebel, als<lb/> das, welches hernach kam? Wisset ihr denn, ob er nicht eines Tages, der Herr¬<lb/> schaft müde, es gemacht hätte wie Sulla, ob er nicht dem Vaterland die Frei¬<lb/> heit wiedergegeben, die Republik wiederhergestellt hätte? Und wenn er am<lb/> Leben blieb und dieses that, hätten dann nicht Brutus und Cassius eine schwere<lb/> Sünde mit seiner Ermordung gethan? Es ist ein großes Wagniß, sich zur Er¬<lb/> mordung irgendeines Fürsten, eines gerechten oder ungerechten, anzuschicken, da<lb/> man nicht gewiß wissen kann, was sein Tod Gutes bringen wird und man<lb/> immer noch irgendein Gutes von seinem Leben hoffen darf. ... Glaubt ihr<lb/> nicht, daß zur Zeit Sullas gleichfalls Viele die Freiheit Roms und die Er¬<lb/> mordung Sullas wollten? Aber als sie sahen, daß Sulla freiwillig die Dikta¬<lb/> tur niederlegte und die Freiheit wiederherstellte, meint ihr nicht, sie mußten eine</p><lb/> <fw place="bottom" type="sig"> Gltnzbottn III. 1866. 8</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0069]
grande zu sein, der ihm ein höchst erlauchter und ehrenvoller Verein zu sein
scheine.
Antonio: Eine schöne Antwort, würdig eines klugen, einsichtigen Bürgers.
Ihr lacht?
Luigi: Ich muß lachen, daß Michelangelo wieder auf ein Thema gekom¬
men ist, das ihm allzusehr gefällt. Und wenn wir ihn hier einmal warm wer¬
den lassen, so fürchte ich, wir werden den ganzen Morgen nichts weiter zu hören
bekommen als Jammer und Klagen über unsre Zeit. Darum ein anderes;
lassen wir die Consili grandi, die Senate, die Gesetze, die politischen Ein-
richtungen und Gedanken — daß ich nicht sage, beim Henker, aber da, wo
Gott sie hingeführt hat, dessen Willen ja jeder Kluge und Rechtschaffene sich
beugen muß.
Nun geht die Unterhaltung über Dante weiter, nachdem Michelangelo das
Lob, daß er ein großer Dantist sei, und anderes schmeichelhafte über seine Ge¬
dichte vergebens abgewehrt. Aber das Gespräch lenkt später doch zur Politik
zurück. Donato bringt die Rede daraus, daß Dante unbegreiflicherweise die
Mörder Cäsars in den Rachen Lucifers versetzt habe. Michelangelo übernimmt
die Vertheidigung des Dichters. Nicht weil sie einem Tyrannen das Leben
genommen, sondern weil sie sich an der kaiserlichen Majestät selbst vergangen,
seien sie in die Giudecea versetzt. Dann fährt er fort, unter unverkennbarer
Anspielung auf die Verhältnisse von Florenz, das nach Alefsandros Ermordung
in Costmos Hände fiel:
Und wenn Dante der Meinung war, Brutus und Cassius hätten übel
daran gethan, Cäsar zu ermorden, wisset ihr denn nicht, welche Verheerung in
der Welt durch seinen Tod entstand? Sehet ihr nicht, welche verruchte Nach¬
folge von Kaisern er gehabt hat? War es nicht besser, er blieb am Leben und
führte seine Gedanken hinaus?
Donato: Die Gedanken, die er hatte, waren, daß er König heißen wollte.
Michelangelo: Zugegeben; aber war das nicht ein geringeres Uebel, als
das, welches hernach kam? Wisset ihr denn, ob er nicht eines Tages, der Herr¬
schaft müde, es gemacht hätte wie Sulla, ob er nicht dem Vaterland die Frei¬
heit wiedergegeben, die Republik wiederhergestellt hätte? Und wenn er am
Leben blieb und dieses that, hätten dann nicht Brutus und Cassius eine schwere
Sünde mit seiner Ermordung gethan? Es ist ein großes Wagniß, sich zur Er¬
mordung irgendeines Fürsten, eines gerechten oder ungerechten, anzuschicken, da
man nicht gewiß wissen kann, was sein Tod Gutes bringen wird und man
immer noch irgendein Gutes von seinem Leben hoffen darf. ... Glaubt ihr
nicht, daß zur Zeit Sullas gleichfalls Viele die Freiheit Roms und die Er¬
mordung Sullas wollten? Aber als sie sahen, daß Sulla freiwillig die Dikta¬
tur niederlegte und die Freiheit wiederherstellte, meint ihr nicht, sie mußten eine
Gltnzbottn III. 1866. 8
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |