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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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werden. Jede Einmischung des höbe" Klerus in die Angelegenheiten des
Schulwesens wäre unnachsichtig nach östreichischen Gesetz zu bestrafen. Da der
Staat die Seminare und Schulen der Jesuiten zu übernehmen hätte, da die
Errichtung neuer Lehranstalten dringendes Erfordernis; ist, so würde sich gewiß für
strebsame und gebildete Ordensgeistliche immer Unterkunft genug si"den; auch
Pensionen für wirklich Invalide würden sich ermöglichen lassen; Aufsässigkeit
aber oder systematischer Widerspruch müßte Landesverweisung zur Folge haben.

Nur diejenigen Orden, welche sich mit Schulunterricht befassen, brauchten
vom Staate respectirt und mit Geld in Gestalt von Gehalten für bestimmte
Leistungen unterstützt zu werden. Im nebligen wäre das Heilsamste, sie auf
den Aussterbeetat zu setzen.

Die Orden, welche sich der Krankenpflege annehmen, stehen unter der spe¬
ciellen Aussicht der Medicinalbehörde und erhalten vom Staate nach deren
Schätzung die zur Führung ihres Lebens und der Pflege nothwendigen Sum¬
men. Als Kaiser Joseph der Zweite die Regierung antrat, fand er 2,024
Klöster vor, deren Zahl durch seine Reformen, ebenso wie durch die französischen
Kriege gewaltig vermindert wurde, denn im Jahre 1816 wird die Zahl der¬
selben nur auf circa 800 angegeben, die sich bis zum Jahre 1849 bereits
wieder bis auf 739 Mönchs- und 176 Nonnenklöster vermehrt haben und im
Jahre 1861 schon wieder die beträchtliche Ziffer von 1,020 erreichten, ausschlie߬
lich der 50 Klöster, welche durch den Wegfall der Lombardei an Italien ge¬
langt sind.

Im Ganzen hat die Geistlichkeit in Oestreich nach dem Ausweis von
Ende 1851: 12 Erzbisthümer (Wien, Salzburg. Görz, Prag, Olmütz. Lem-
berg. Venedig, Zara, Gran, Kolocsa, Erlau und Agram), 61 Bisthümer.
15.118 Pfarreien und Localkaplaneien und 40,516 Wcltgcistliche. Die Zahl
der Mönche und Nonnen, die 1842 bereits wieder 10,677 Mönche und 3,836
Nonnen betrug, weist heute, Wohl zu beachten, nach Wegfall der SO Klöster
der Lombardei, ebenfalls eine hübsche Zunahme auf, denn wir finden im
Jahre 1861 schon 9,660 Mönche und 5,198 Nonnen, von denen jedoch, Gott
sei Dank, ein gut Theil mit Venetien verloren geht!




werden. Jede Einmischung des höbe» Klerus in die Angelegenheiten des
Schulwesens wäre unnachsichtig nach östreichischen Gesetz zu bestrafen. Da der
Staat die Seminare und Schulen der Jesuiten zu übernehmen hätte, da die
Errichtung neuer Lehranstalten dringendes Erfordernis; ist, so würde sich gewiß für
strebsame und gebildete Ordensgeistliche immer Unterkunft genug si»den; auch
Pensionen für wirklich Invalide würden sich ermöglichen lassen; Aufsässigkeit
aber oder systematischer Widerspruch müßte Landesverweisung zur Folge haben.

Nur diejenigen Orden, welche sich mit Schulunterricht befassen, brauchten
vom Staate respectirt und mit Geld in Gestalt von Gehalten für bestimmte
Leistungen unterstützt zu werden. Im nebligen wäre das Heilsamste, sie auf
den Aussterbeetat zu setzen.

Die Orden, welche sich der Krankenpflege annehmen, stehen unter der spe¬
ciellen Aussicht der Medicinalbehörde und erhalten vom Staate nach deren
Schätzung die zur Führung ihres Lebens und der Pflege nothwendigen Sum¬
men. Als Kaiser Joseph der Zweite die Regierung antrat, fand er 2,024
Klöster vor, deren Zahl durch seine Reformen, ebenso wie durch die französischen
Kriege gewaltig vermindert wurde, denn im Jahre 1816 wird die Zahl der¬
selben nur auf circa 800 angegeben, die sich bis zum Jahre 1849 bereits
wieder bis auf 739 Mönchs- und 176 Nonnenklöster vermehrt haben und im
Jahre 1861 schon wieder die beträchtliche Ziffer von 1,020 erreichten, ausschlie߬
lich der 50 Klöster, welche durch den Wegfall der Lombardei an Italien ge¬
langt sind.

Im Ganzen hat die Geistlichkeit in Oestreich nach dem Ausweis von
Ende 1851: 12 Erzbisthümer (Wien, Salzburg. Görz, Prag, Olmütz. Lem-
berg. Venedig, Zara, Gran, Kolocsa, Erlau und Agram), 61 Bisthümer.
15.118 Pfarreien und Localkaplaneien und 40,516 Wcltgcistliche. Die Zahl
der Mönche und Nonnen, die 1842 bereits wieder 10,677 Mönche und 3,836
Nonnen betrug, weist heute, Wohl zu beachten, nach Wegfall der SO Klöster
der Lombardei, ebenfalls eine hübsche Zunahme auf, denn wir finden im
Jahre 1861 schon 9,660 Mönche und 5,198 Nonnen, von denen jedoch, Gott
sei Dank, ein gut Theil mit Venetien verloren geht!




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/511>, abgerufen am 22.07.2024.