Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

und schwenkte seinen Säbel, da pfeifen die Zündnadeln aus dem letzten Loch.
Vorwärts! Und das war richtig so, unsere Podewils gaben Schlag aus Schlag
Feuer!"

Die Bayern waren in allem gut ausgerüstet und nach dem Reglement
gut verpflegt. Der Mann erhielt täglich V- Pfund gutes Fleisch, Zuthat, hin¬
reichendes Brod und 9 baare Kreuzer in die Hand. Mit alle dem und was
noch daran hing stand er sich täglich fast auf einen halben Gulden, während
Viele der anderen Bundestruppen kaum auf die Hälfte oder gar ein Drittel
Anspruch hatten. "Die Kerle haben Geld wie Heu!" sagte ein armer, aber
mit Einquartierung reich gesegnet gewesener Bauersmann. Auch die Offiziere
waren vom Gouvernement sehr gut bedacht worden. Der Oifizier hatte als
Mobilisirungsgelder das Dreifache seiner Gage ausbezahlt erhalten. Aber merk¬
würdig war auch da die Sorglosigkeit bei mehren. Einige hatten mehre tausend
Gulden in Staatspapieren in der Brieftasche bei sich. Einem war diese abhan¬
den gekommen und er erhielt diese sammt den 6000 Gulden, die darin waren,
nicht wieder. "Es war mein ganzes Vermögen!" sagte der Geprellte. Andere
ließen bei offenen Thüren ihr Geld, meist in Silber, offen liegen.

Im Quartier benahmen sich die bayerischen Offiziere durchweg anständig
und nobel, sie suchten ihre Hauswirthe so wenig wie möglich zu incommodiren
und zahlten meist gute Trinkgelder an die Dienerschaft. Die Bayern wurden
fast überall nach Möglichkeit gut aufgenommen und bewirthet und als "Be¬
freundeten" ihnen alle Aufmerksamkeit erwiesen. Als am Morgen eine Abthei¬
lung aus dem Dorfe zog, in dem sie übernachtet hatte, sagte einer der Soldaten
zu den umstehenden Leuten, die alles zu ihrer Ausnahme gethan hatten: "Jetzt
scheiden wir als Freunde; aber müssen wir wieder zurück, dann Gnade Euch
Gott, es wird dann gesengt und gebrennt." Das fuhr den guten Vorstellten
gewaltig in die Glieder, es war kein liebenswürdiges Abschiedswort.

Doch wurde auch andererseits den Bayern manches Ueble nachgeredet, was
sich als übertrieben oder gar unwahr erwies. Wo so vielerlei sich plötzlich zu¬
sammendrängt, kann natürlich nicht alles ganz glatt abgehen.

Bei aller Pflege, die ein sorgliches Gouvernement dem leiblichen Wohl
und Gedeihen des bayerischen Kriegers in reichlichem Maße angedeihen läßt, zeigt
dieser doch gegen jedwede ihm unnütz scheinende Beweglichkeit eine nicht geringe
Aversion. Wir haben deswegen auch noch nicht vernommen, daß die Bayern
sich grade als gewandte Tirailleurs im Allgemeinen auszeichneten, ebenso wenig
sind sie für den Laufschritt enthusicismirt. der ihre sonst kräftige Konstitution
nur allzu leicht außer Athem bringt. So gelang es einem bereits bejahrten
Hauptmann erst nach dreimaligem Anlauf seine Compagnie im Trabe vom
Platze zu bringen, obwohl er trotz seiner höheren Jahre und einiger Corpulenz
sich von dem Laufschritt nicht ausschloß. Er fügte sich in das Unvermeidliche


und schwenkte seinen Säbel, da pfeifen die Zündnadeln aus dem letzten Loch.
Vorwärts! Und das war richtig so, unsere Podewils gaben Schlag aus Schlag
Feuer!"

Die Bayern waren in allem gut ausgerüstet und nach dem Reglement
gut verpflegt. Der Mann erhielt täglich V- Pfund gutes Fleisch, Zuthat, hin¬
reichendes Brod und 9 baare Kreuzer in die Hand. Mit alle dem und was
noch daran hing stand er sich täglich fast auf einen halben Gulden, während
Viele der anderen Bundestruppen kaum auf die Hälfte oder gar ein Drittel
Anspruch hatten. „Die Kerle haben Geld wie Heu!" sagte ein armer, aber
mit Einquartierung reich gesegnet gewesener Bauersmann. Auch die Offiziere
waren vom Gouvernement sehr gut bedacht worden. Der Oifizier hatte als
Mobilisirungsgelder das Dreifache seiner Gage ausbezahlt erhalten. Aber merk¬
würdig war auch da die Sorglosigkeit bei mehren. Einige hatten mehre tausend
Gulden in Staatspapieren in der Brieftasche bei sich. Einem war diese abhan¬
den gekommen und er erhielt diese sammt den 6000 Gulden, die darin waren,
nicht wieder. „Es war mein ganzes Vermögen!" sagte der Geprellte. Andere
ließen bei offenen Thüren ihr Geld, meist in Silber, offen liegen.

Im Quartier benahmen sich die bayerischen Offiziere durchweg anständig
und nobel, sie suchten ihre Hauswirthe so wenig wie möglich zu incommodiren
und zahlten meist gute Trinkgelder an die Dienerschaft. Die Bayern wurden
fast überall nach Möglichkeit gut aufgenommen und bewirthet und als „Be¬
freundeten" ihnen alle Aufmerksamkeit erwiesen. Als am Morgen eine Abthei¬
lung aus dem Dorfe zog, in dem sie übernachtet hatte, sagte einer der Soldaten
zu den umstehenden Leuten, die alles zu ihrer Ausnahme gethan hatten: „Jetzt
scheiden wir als Freunde; aber müssen wir wieder zurück, dann Gnade Euch
Gott, es wird dann gesengt und gebrennt." Das fuhr den guten Vorstellten
gewaltig in die Glieder, es war kein liebenswürdiges Abschiedswort.

Doch wurde auch andererseits den Bayern manches Ueble nachgeredet, was
sich als übertrieben oder gar unwahr erwies. Wo so vielerlei sich plötzlich zu¬
sammendrängt, kann natürlich nicht alles ganz glatt abgehen.

Bei aller Pflege, die ein sorgliches Gouvernement dem leiblichen Wohl
und Gedeihen des bayerischen Kriegers in reichlichem Maße angedeihen läßt, zeigt
dieser doch gegen jedwede ihm unnütz scheinende Beweglichkeit eine nicht geringe
Aversion. Wir haben deswegen auch noch nicht vernommen, daß die Bayern
sich grade als gewandte Tirailleurs im Allgemeinen auszeichneten, ebenso wenig
sind sie für den Laufschritt enthusicismirt. der ihre sonst kräftige Konstitution
nur allzu leicht außer Athem bringt. So gelang es einem bereits bejahrten
Hauptmann erst nach dreimaligem Anlauf seine Compagnie im Trabe vom
Platze zu bringen, obwohl er trotz seiner höheren Jahre und einiger Corpulenz
sich von dem Laufschritt nicht ausschloß. Er fügte sich in das Unvermeidliche


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0492" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/286080"/>
          <p xml:id="ID_1753" prev="#ID_1752"> und schwenkte seinen Säbel, da pfeifen die Zündnadeln aus dem letzten Loch.<lb/>
Vorwärts! Und das war richtig so, unsere Podewils gaben Schlag aus Schlag<lb/>
Feuer!"</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1754"> Die Bayern waren in allem gut ausgerüstet und nach dem Reglement<lb/>
gut verpflegt. Der Mann erhielt täglich V- Pfund gutes Fleisch, Zuthat, hin¬<lb/>
reichendes Brod und 9 baare Kreuzer in die Hand. Mit alle dem und was<lb/>
noch daran hing stand er sich täglich fast auf einen halben Gulden, während<lb/>
Viele der anderen Bundestruppen kaum auf die Hälfte oder gar ein Drittel<lb/>
Anspruch hatten. &#x201E;Die Kerle haben Geld wie Heu!" sagte ein armer, aber<lb/>
mit Einquartierung reich gesegnet gewesener Bauersmann. Auch die Offiziere<lb/>
waren vom Gouvernement sehr gut bedacht worden. Der Oifizier hatte als<lb/>
Mobilisirungsgelder das Dreifache seiner Gage ausbezahlt erhalten. Aber merk¬<lb/>
würdig war auch da die Sorglosigkeit bei mehren. Einige hatten mehre tausend<lb/>
Gulden in Staatspapieren in der Brieftasche bei sich. Einem war diese abhan¬<lb/>
den gekommen und er erhielt diese sammt den 6000 Gulden, die darin waren,<lb/>
nicht wieder. &#x201E;Es war mein ganzes Vermögen!" sagte der Geprellte. Andere<lb/>
ließen bei offenen Thüren ihr Geld, meist in Silber, offen liegen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1755"> Im Quartier benahmen sich die bayerischen Offiziere durchweg anständig<lb/>
und nobel, sie suchten ihre Hauswirthe so wenig wie möglich zu incommodiren<lb/>
und zahlten meist gute Trinkgelder an die Dienerschaft. Die Bayern wurden<lb/>
fast überall nach Möglichkeit gut aufgenommen und bewirthet und als &#x201E;Be¬<lb/>
freundeten" ihnen alle Aufmerksamkeit erwiesen. Als am Morgen eine Abthei¬<lb/>
lung aus dem Dorfe zog, in dem sie übernachtet hatte, sagte einer der Soldaten<lb/>
zu den umstehenden Leuten, die alles zu ihrer Ausnahme gethan hatten: &#x201E;Jetzt<lb/>
scheiden wir als Freunde; aber müssen wir wieder zurück, dann Gnade Euch<lb/>
Gott, es wird dann gesengt und gebrennt." Das fuhr den guten Vorstellten<lb/>
gewaltig in die Glieder, es war kein liebenswürdiges Abschiedswort.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1756"> Doch wurde auch andererseits den Bayern manches Ueble nachgeredet, was<lb/>
sich als übertrieben oder gar unwahr erwies. Wo so vielerlei sich plötzlich zu¬<lb/>
sammendrängt, kann natürlich nicht alles ganz glatt abgehen.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1757" next="#ID_1758"> Bei aller Pflege, die ein sorgliches Gouvernement dem leiblichen Wohl<lb/>
und Gedeihen des bayerischen Kriegers in reichlichem Maße angedeihen läßt, zeigt<lb/>
dieser doch gegen jedwede ihm unnütz scheinende Beweglichkeit eine nicht geringe<lb/>
Aversion. Wir haben deswegen auch noch nicht vernommen, daß die Bayern<lb/>
sich grade als gewandte Tirailleurs im Allgemeinen auszeichneten, ebenso wenig<lb/>
sind sie für den Laufschritt enthusicismirt. der ihre sonst kräftige Konstitution<lb/>
nur allzu leicht außer Athem bringt. So gelang es einem bereits bejahrten<lb/>
Hauptmann erst nach dreimaligem Anlauf seine Compagnie im Trabe vom<lb/>
Platze zu bringen, obwohl er trotz seiner höheren Jahre und einiger Corpulenz<lb/>
sich von dem Laufschritt nicht ausschloß.  Er fügte sich in das Unvermeidliche</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0492] und schwenkte seinen Säbel, da pfeifen die Zündnadeln aus dem letzten Loch. Vorwärts! Und das war richtig so, unsere Podewils gaben Schlag aus Schlag Feuer!" Die Bayern waren in allem gut ausgerüstet und nach dem Reglement gut verpflegt. Der Mann erhielt täglich V- Pfund gutes Fleisch, Zuthat, hin¬ reichendes Brod und 9 baare Kreuzer in die Hand. Mit alle dem und was noch daran hing stand er sich täglich fast auf einen halben Gulden, während Viele der anderen Bundestruppen kaum auf die Hälfte oder gar ein Drittel Anspruch hatten. „Die Kerle haben Geld wie Heu!" sagte ein armer, aber mit Einquartierung reich gesegnet gewesener Bauersmann. Auch die Offiziere waren vom Gouvernement sehr gut bedacht worden. Der Oifizier hatte als Mobilisirungsgelder das Dreifache seiner Gage ausbezahlt erhalten. Aber merk¬ würdig war auch da die Sorglosigkeit bei mehren. Einige hatten mehre tausend Gulden in Staatspapieren in der Brieftasche bei sich. Einem war diese abhan¬ den gekommen und er erhielt diese sammt den 6000 Gulden, die darin waren, nicht wieder. „Es war mein ganzes Vermögen!" sagte der Geprellte. Andere ließen bei offenen Thüren ihr Geld, meist in Silber, offen liegen. Im Quartier benahmen sich die bayerischen Offiziere durchweg anständig und nobel, sie suchten ihre Hauswirthe so wenig wie möglich zu incommodiren und zahlten meist gute Trinkgelder an die Dienerschaft. Die Bayern wurden fast überall nach Möglichkeit gut aufgenommen und bewirthet und als „Be¬ freundeten" ihnen alle Aufmerksamkeit erwiesen. Als am Morgen eine Abthei¬ lung aus dem Dorfe zog, in dem sie übernachtet hatte, sagte einer der Soldaten zu den umstehenden Leuten, die alles zu ihrer Ausnahme gethan hatten: „Jetzt scheiden wir als Freunde; aber müssen wir wieder zurück, dann Gnade Euch Gott, es wird dann gesengt und gebrennt." Das fuhr den guten Vorstellten gewaltig in die Glieder, es war kein liebenswürdiges Abschiedswort. Doch wurde auch andererseits den Bayern manches Ueble nachgeredet, was sich als übertrieben oder gar unwahr erwies. Wo so vielerlei sich plötzlich zu¬ sammendrängt, kann natürlich nicht alles ganz glatt abgehen. Bei aller Pflege, die ein sorgliches Gouvernement dem leiblichen Wohl und Gedeihen des bayerischen Kriegers in reichlichem Maße angedeihen läßt, zeigt dieser doch gegen jedwede ihm unnütz scheinende Beweglichkeit eine nicht geringe Aversion. Wir haben deswegen auch noch nicht vernommen, daß die Bayern sich grade als gewandte Tirailleurs im Allgemeinen auszeichneten, ebenso wenig sind sie für den Laufschritt enthusicismirt. der ihre sonst kräftige Konstitution nur allzu leicht außer Athem bringt. So gelang es einem bereits bejahrten Hauptmann erst nach dreimaligem Anlauf seine Compagnie im Trabe vom Platze zu bringen, obwohl er trotz seiner höheren Jahre und einiger Corpulenz sich von dem Laufschritt nicht ausschloß. Er fügte sich in das Unvermeidliche

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/492
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/492>, abgerufen am 22.07.2024.