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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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Der FriedeMiertrag mit Oestreich.

Die wichtige Urkunde, welche die Grundlage einer politischen Neubildung
von Deutschland und Italien werden soll, liegt in gedruckter Copie dem Leser
vor. Die Presse hat jetzt ein Interesse, den Wortlaut zu constatiren. Derselbe
ist in mehren Punkten günstiger für Preuße", als die Presse der Gegner zugab.

Die "internationale unabhängige Existenz" eines Vereins der Siidstaaten
darf keine Sorge machen. Vorläufig ist nicht abzusehen, wie überhaupt ein Ver¬
ein der Südstaaten zu Stande kommen soll, die Zustände in Bayern, welche
der Krieg auffällig gemacht hat, sind Von der Art, das; eine bayerische Hege¬
monie unmöglich geworden ist; Politik, Heerwesen und Administration habe" sich
in Bayern und Würtemberg so ungenügend erwiesen, und die Aussicht, daß
dieses Ungenügende durch eigene Kraft jener Staaten gebessert werden könne, ist
so gering, daß man ruhig die definitive Regelung der Beziehungen zwischen den
Südstaaten und dem Bundesstaat einer günstige" Conjunctur überlassen kann,
sobald der Bundesstaat erst in sich befestigt ist.

Die eventuelle Abstimmung im nördlichen Schleswig soll nach Districten
vor sich gehen, es liegt jedenfalls i" der Hand Preußens, diese Distncle zu
bestimmen und abzugrenzen, auch nach dieser Richtung ist wenigstens keine
wesentliche Einbuße des Gewonnenen zu befürchten. Preußen hat das Recht,
darauf zu bestehen, daß die Bewohner des nördlichen Schleswigs erst in Wahr¬
heit Preußisch werden. Wenn sie wähle" sollen zwischen Preuße" und Däne¬
mark, müssen sie doch vorher in der Lage sein, die Vortheile und Nachtheile
ihrer Verbindung hier oder dort gegen einander abzuwägen. Grade diese Districte
sind durch die mehrjährige Unsicherheit ihrer politischen Existenz auch materiell
sehr geschädigt worden, deutsches Capital ist ihnen nicht zugeflossen, dänisches
hat sich herausgezogen. Es wäre nicht unbillig, ihnen einen mehrjährigen
Steuererlaß zu bewilligen.

Gegenüber der schwierigsten aller Fragen, den Verhandlungen mit Sachsen,
erweist sich der Wortlaut des Friedensvertrag.es, welcher früher durch preußische


Grenzboten III. 18KK. 51
Der FriedeMiertrag mit Oestreich.

Die wichtige Urkunde, welche die Grundlage einer politischen Neubildung
von Deutschland und Italien werden soll, liegt in gedruckter Copie dem Leser
vor. Die Presse hat jetzt ein Interesse, den Wortlaut zu constatiren. Derselbe
ist in mehren Punkten günstiger für Preuße», als die Presse der Gegner zugab.

Die „internationale unabhängige Existenz" eines Vereins der Siidstaaten
darf keine Sorge machen. Vorläufig ist nicht abzusehen, wie überhaupt ein Ver¬
ein der Südstaaten zu Stande kommen soll, die Zustände in Bayern, welche
der Krieg auffällig gemacht hat, sind Von der Art, das; eine bayerische Hege¬
monie unmöglich geworden ist; Politik, Heerwesen und Administration habe» sich
in Bayern und Würtemberg so ungenügend erwiesen, und die Aussicht, daß
dieses Ungenügende durch eigene Kraft jener Staaten gebessert werden könne, ist
so gering, daß man ruhig die definitive Regelung der Beziehungen zwischen den
Südstaaten und dem Bundesstaat einer günstige» Conjunctur überlassen kann,
sobald der Bundesstaat erst in sich befestigt ist.

Die eventuelle Abstimmung im nördlichen Schleswig soll nach Districten
vor sich gehen, es liegt jedenfalls i» der Hand Preußens, diese Distncle zu
bestimmen und abzugrenzen, auch nach dieser Richtung ist wenigstens keine
wesentliche Einbuße des Gewonnenen zu befürchten. Preußen hat das Recht,
darauf zu bestehen, daß die Bewohner des nördlichen Schleswigs erst in Wahr¬
heit Preußisch werden. Wenn sie wähle» sollen zwischen Preuße» und Däne¬
mark, müssen sie doch vorher in der Lage sein, die Vortheile und Nachtheile
ihrer Verbindung hier oder dort gegen einander abzuwägen. Grade diese Districte
sind durch die mehrjährige Unsicherheit ihrer politischen Existenz auch materiell
sehr geschädigt worden, deutsches Capital ist ihnen nicht zugeflossen, dänisches
hat sich herausgezogen. Es wäre nicht unbillig, ihnen einen mehrjährigen
Steuererlaß zu bewilligen.

Gegenüber der schwierigsten aller Fragen, den Verhandlungen mit Sachsen,
erweist sich der Wortlaut des Friedensvertrag.es, welcher früher durch preußische


Grenzboten III. 18KK. 51
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[0431] Der FriedeMiertrag mit Oestreich. Die wichtige Urkunde, welche die Grundlage einer politischen Neubildung von Deutschland und Italien werden soll, liegt in gedruckter Copie dem Leser vor. Die Presse hat jetzt ein Interesse, den Wortlaut zu constatiren. Derselbe ist in mehren Punkten günstiger für Preuße», als die Presse der Gegner zugab. Die „internationale unabhängige Existenz" eines Vereins der Siidstaaten darf keine Sorge machen. Vorläufig ist nicht abzusehen, wie überhaupt ein Ver¬ ein der Südstaaten zu Stande kommen soll, die Zustände in Bayern, welche der Krieg auffällig gemacht hat, sind Von der Art, das; eine bayerische Hege¬ monie unmöglich geworden ist; Politik, Heerwesen und Administration habe» sich in Bayern und Würtemberg so ungenügend erwiesen, und die Aussicht, daß dieses Ungenügende durch eigene Kraft jener Staaten gebessert werden könne, ist so gering, daß man ruhig die definitive Regelung der Beziehungen zwischen den Südstaaten und dem Bundesstaat einer günstige» Conjunctur überlassen kann, sobald der Bundesstaat erst in sich befestigt ist. Die eventuelle Abstimmung im nördlichen Schleswig soll nach Districten vor sich gehen, es liegt jedenfalls i» der Hand Preußens, diese Distncle zu bestimmen und abzugrenzen, auch nach dieser Richtung ist wenigstens keine wesentliche Einbuße des Gewonnenen zu befürchten. Preußen hat das Recht, darauf zu bestehen, daß die Bewohner des nördlichen Schleswigs erst in Wahr¬ heit Preußisch werden. Wenn sie wähle» sollen zwischen Preuße» und Däne¬ mark, müssen sie doch vorher in der Lage sein, die Vortheile und Nachtheile ihrer Verbindung hier oder dort gegen einander abzuwägen. Grade diese Districte sind durch die mehrjährige Unsicherheit ihrer politischen Existenz auch materiell sehr geschädigt worden, deutsches Capital ist ihnen nicht zugeflossen, dänisches hat sich herausgezogen. Es wäre nicht unbillig, ihnen einen mehrjährigen Steuererlaß zu bewilligen. Gegenüber der schwierigsten aller Fragen, den Verhandlungen mit Sachsen, erweist sich der Wortlaut des Friedensvertrag.es, welcher früher durch preußische Grenzboten III. 18KK. 51

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/431>, abgerufen am 22.07.2024.