Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.gezogen, so viel er aber auch geforscht habe, ob dergleichen in Sachsen vor¬ Ganz anders freilich malte sich die Welt in dem Kopfe eines Dresdeners, 6. 18. März 1813: Die Eingriffe des Gouverneurs gehen immer weite,! Grenzboten III. 1866. 47
gezogen, so viel er aber auch geforscht habe, ob dergleichen in Sachsen vor¬ Ganz anders freilich malte sich die Welt in dem Kopfe eines Dresdeners, 6. 18. März 1813: Die Eingriffe des Gouverneurs gehen immer weite,! Grenzboten III. 1866. 47
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gezogen, so viel er aber auch geforscht habe, ob dergleichen in Sachsen vor¬
gekommen sei, stets habe er verneinende Antwort erhalten. Unmöglich — sagt
er — konnte oder mochte unser Adel mit dem Bürgervolke sich so gemein
machen, das sie nur als Offiziere durchzufuchteln gewohnt sind."
Ganz anders freilich malte sich die Welt in dem Kopfe eines Dresdeners,
der während der Jahre 1813 und 14 von seiner Vaterstadt aus die Qualen
des loyalsten Herzens in Briefen an eine» Gesinnungsgenossen in Prag ergoß,
welcher sie nachmals unter dem Titel „Briefe aus Sachsens unglück¬
lichster Periode" veröffentlichte. Sie sind nicht unbekannt, aber sie ver¬
dienen heute wieder in Erinnerung gebracht zu werden. „Ja. Freund" — so
hebt er an — „nicht in der Periode des französischen Systems, sondern erst
jetzt ist die unglücklichste Zeit für Sachsen erschienen. — — „Mit den Collegia»
und Behörden sollen Veränderungen und Einschränkungen vorgenommen werden;
das Pageninstitut ist gar aufgehoben worden, die Beschlagnahme aller Hos¬
kassen, selbst der Unterstützungskasse des Kurfürsten Christian, die Vorenthaltung
aller sonst daher gezählten Gehalte und Pensionen, zum Theil auch der Zwang
wegen der Landwehrpflichtigkeit lahmen allen Muth und Freudigkeit; so wie
auch die Abwesenheit des Hofes und vieler andrer damit verbundner Herrschaften
der Lebhaftigkeit in Dresden unglaublichen Abbruch thut. Wie traurig unter
diesen Umständen die Erleuchtung auffiel, welche zur Feier des Geburtsfestes
des Kaisers Alexander anbefohlen wurde, können Sie sich vorstellen. Bitter
hat es uns geschmerzt, daß auch das königliche Schloß erleuchtet werden mußte,
während sein edler Besitzer im Unglück schmachtete." Jetzt, so ungefähr schreibt
der Briefsteller, habe die Revolution, die Friedrich August abzuwehren wußte,
auf ihrem Umgang durch Europa auch den Eintritt in Sachsen gesunden; ein
Häuflein mißvergnügter Adliger benutze die Ohnmacht des Hofes, um Verände¬
rungen in ihren untergebenen Expeditionen zu erlangen, Orden oder höhere
Posten zu erschwingen, gelegentlich .nich Rache zu nehme» an ehemaligen Wür¬
denträgern. So haben sie die Generalgouvernementsscctionen ausgebildet, deren
EhesS unerlaubte Gewalt ausüben; die interimistische Polizeidirectivn habe freieren
Wirkungskreis usurpirt. was zwar in mancher Hinsicht wünschenswerth, aber
el» verdammlicher Eingriff in die Landesverfassung sei. Von Berlin, wo da¬
mals der König von Sachsen noch weilte, höre man bald Böses bald Gutes:
aber als Trost für die Klagen über das Benehmen dortiger Einwohner gegen
den königlichen Gefangenen diene es. daß man bei Gelegenheit der Durchreise
der russischen Kaiserin durch Berlin wenigstens etwas von der Etiquette zu
lesen bekommen habe, die zwischen ihr und den sächsischen Herrschaften beobachtet
worden sei.
6. 18. März 1813: Die Eingriffe des Gouverneurs gehen immer weite,!
Die weiße Uniform der aus der Armee ehrenvoll entlassenen Offiziere und die
Grenzboten III. 1866. 47
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