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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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händlerischen. Geiste eingegeben, wie eine Industrie ihn zu hegen pflegt, wenn
sie sich nicht sowohl im Besitz eines bereits eingenommene".AbsaKf^des.ungestört
zu behaupten,, als ein neues Absatzfeld zu erobern wünscht.. Es hieß zwar
darin in zarter Andeutung: "Wir wollen nichts zu bitten wagen, worüber die
Meinungen im Staate noch getheilt sind, dazu zählen wir allgemeine, vom ge¬
bannten deutschen Volke zu nehmende Maßregeln gegen, fremden Handel. Von
solchem großen Gesichtspunkt ausgegangen, ist diese. Angelegenheit, allerdings
anders zu beurtheilen, als . wenn von Gegenmaßregeln einzelner Staaten die
Rede ist." Hder die Bitte des Augenblicks gi,ng doch entschieden dahin, "von
einseitigen Zöllen und Mauthen verschont zu bleiben, bis von Seiten des deut¬
schen Bundes allgemeine Maßregeln gMn Meint^ kom¬
men", und den Fabrikerzeugnissen, der westlichen Landestheile "freien Eingang
in die Provinzen jenseits ber^ .Elbe gelegen zu verschaDen und alle noch be¬
stehenden Zwischenzölle aufheben zu machen." Die Regierung erfüllte den letz¬
teren, praktisch dringlicheren und leichter ausführbaren^ dieser Wünsche noch im
selben Jahre. Den andern aber erfüllte,, wenn auch nicht auf dem vorgezeich-
neten Bundeswege, zehn Jahre später der Zollverein. Hauptsächlich auf diese
segensreiche Institution^ führt das WuPPerthal, den Umfang seines heutigen
Gewerbebetriebs und Wohlstandes, zurück. Ohne eigentlichen Erfolg hatte man
in den zwanziger Jahren, durch die Erinnerung an den einstigen sichern und
gewinnreichen Absatz nach Westindien verführt, mit einer rheinisch-westindischen
Compagnie (1821) und einem deutsch-amerikanischen, B/rgwerksverein (1825)
jenseits des atlantischen Oceans festen Fuß zu fassen gesucht. Besser gelang es
auf dem nächsten und natürlichsten Markte, dem deutschen, sobald die Vertrage
der Jahre 1828 bis 1831 ihn vollends öffneten.. Es geschah zur rechten Stunde.
Eben um dieselbe Zeit verlor man den Absatz des Leinengarns,, der ältesten
wupperth"ter Exportindustrie, nach Frankreich und Belgien, wo er sich fast allein
noch behauptet hatte>, .durch die dort vor sich gehende Einbürgerung des
Maschinenwesens. Und nicht blos das Leinengarn, auch die daraus und ans Baum¬
wollengarn verfertigten .Bänder wollte Frankreich,, an dem vylksw,irthschaftlichen
Gedanken der Continentalsperre festhaltend, nicht, länger aus Deutschland be¬
ziehen. Es belegte ihre Einfuhr mit Zöllen, die an.,Verbote streiften, , so daß
Barmer, der Hauptsitz der Bandsabrikation, an den .Rand der Verarmung ge-
rieth. Aus, dieser No.es errettete das WnPperthal der Zollverein. Kein Wunder,
daß es zu den ihm anhänglichsten Gegenden Deutschlands zählt. .Mit dem.gesicher-
ten Besitz aber erwachte auch der schutzzöllnerische Geist wieder, zu, welchem das
ungesund rasche Emporkommen der Industrie durch die Contjnentalsp,erre den
Keim gelegt hatte. Die Lehren ^ Lifts. von den militärischen Maßregeln Napo¬
leons abstrahirt und im Kriege stets ihr letztes Argument findend, wurden unter
den friedlichen Fabrikanten und Kaufleuten des Wupperthals populär. Die


Grenzboten III. 18S6. 34

händlerischen. Geiste eingegeben, wie eine Industrie ihn zu hegen pflegt, wenn
sie sich nicht sowohl im Besitz eines bereits eingenommene«.AbsaKf^des.ungestört
zu behaupten,, als ein neues Absatzfeld zu erobern wünscht.. Es hieß zwar
darin in zarter Andeutung: „Wir wollen nichts zu bitten wagen, worüber die
Meinungen im Staate noch getheilt sind, dazu zählen wir allgemeine, vom ge¬
bannten deutschen Volke zu nehmende Maßregeln gegen, fremden Handel. Von
solchem großen Gesichtspunkt ausgegangen, ist diese. Angelegenheit, allerdings
anders zu beurtheilen, als . wenn von Gegenmaßregeln einzelner Staaten die
Rede ist." Hder die Bitte des Augenblicks gi,ng doch entschieden dahin, „von
einseitigen Zöllen und Mauthen verschont zu bleiben, bis von Seiten des deut¬
schen Bundes allgemeine Maßregeln gMn Meint^ kom¬
men", und den Fabrikerzeugnissen, der westlichen Landestheile „freien Eingang
in die Provinzen jenseits ber^ .Elbe gelegen zu verschaDen und alle noch be¬
stehenden Zwischenzölle aufheben zu machen." Die Regierung erfüllte den letz¬
teren, praktisch dringlicheren und leichter ausführbaren^ dieser Wünsche noch im
selben Jahre. Den andern aber erfüllte,, wenn auch nicht auf dem vorgezeich-
neten Bundeswege, zehn Jahre später der Zollverein. Hauptsächlich auf diese
segensreiche Institution^ führt das WuPPerthal, den Umfang seines heutigen
Gewerbebetriebs und Wohlstandes, zurück. Ohne eigentlichen Erfolg hatte man
in den zwanziger Jahren, durch die Erinnerung an den einstigen sichern und
gewinnreichen Absatz nach Westindien verführt, mit einer rheinisch-westindischen
Compagnie (1821) und einem deutsch-amerikanischen, B/rgwerksverein (1825)
jenseits des atlantischen Oceans festen Fuß zu fassen gesucht. Besser gelang es
auf dem nächsten und natürlichsten Markte, dem deutschen, sobald die Vertrage
der Jahre 1828 bis 1831 ihn vollends öffneten.. Es geschah zur rechten Stunde.
Eben um dieselbe Zeit verlor man den Absatz des Leinengarns,, der ältesten
wupperth»ter Exportindustrie, nach Frankreich und Belgien, wo er sich fast allein
noch behauptet hatte>, .durch die dort vor sich gehende Einbürgerung des
Maschinenwesens. Und nicht blos das Leinengarn, auch die daraus und ans Baum¬
wollengarn verfertigten .Bänder wollte Frankreich,, an dem vylksw,irthschaftlichen
Gedanken der Continentalsperre festhaltend, nicht, länger aus Deutschland be¬
ziehen. Es belegte ihre Einfuhr mit Zöllen, die an.,Verbote streiften, , so daß
Barmer, der Hauptsitz der Bandsabrikation, an den .Rand der Verarmung ge-
rieth. Aus, dieser No.es errettete das WnPperthal der Zollverein. Kein Wunder,
daß es zu den ihm anhänglichsten Gegenden Deutschlands zählt. .Mit dem.gesicher-
ten Besitz aber erwachte auch der schutzzöllnerische Geist wieder, zu, welchem das
ungesund rasche Emporkommen der Industrie durch die Contjnentalsp,erre den
Keim gelegt hatte. Die Lehren ^ Lifts. von den militärischen Maßregeln Napo¬
leons abstrahirt und im Kriege stets ihr letztes Argument findend, wurden unter
den friedlichen Fabrikanten und Kaufleuten des Wupperthals populär. Die


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/287>, abgerufen am 22.07.2024.