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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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ßischen Staats und in die innern Länder des Bundes gestattet, die Sicherung
der sächsisch-böhmischen Pässe durch eine große fortificatorifche Anlage unerläßlich.
Und wieder ist durch die in den letzten Monaten befolgte Politik des sächsischen
Königshauses Preußen zu der Forderung veranlaßt, daß Dresden zur Bundes¬
festung gemacht werde. -- Endlich würde von dem König von Sachsen ein Theil
der Kriegskosten gefordert werden. Ueber die Höhe der preußischen Forderungen
fehlt jeder Anhalt, es ist nur Anekdote, daß sich dieselben auf ö. nach andern
auf 28 Millionen. für jeden Kopf der Bevölkerung auf 2^-10 Thaler, für jeden
sächsischen Soldaten, der über die östreichische Grenze gezogen, auf 200--1000
Thaler belaufen sollen.

Einzelne dieser Forderungen können durch die Verhandlungen ermäßigt
werden, auf der Hauptsache aber, an'f der sicheren Disposition über das säch¬
sische Heer/ auf Session der thatsächlichen diplomatischen Vertretung, auf Ueber-
lassung der Administration aller Verkehrsanstalten an den Bund, und auf der
bundesmäßigen Behandlung der gesammten Verkehrsgesetzgebung wird Preußen
unter allen Umständen bestehn müssen.

Wenn aber selbst die preußische Regierung bei dem gegenwärtigen Vertrage
mit Sachsen bis an die Grenze der möglichen Concessionen gehen wollte, diese
Concessionen würden, das muß wiederholt werden, in kurzem doch hinfällig ge¬
macht. Denn mit größter Bestimmtheit läßt sich schon jetzt voraussagen, daß
der Volkswille durch das Parlament eine straffere Einheit fordern und durch¬
setzen wird.

Welche Stellung erhält nach diesen Beschränkungen die Majestät von Sachsen?
Sie entbehrt den Oberbefehl über die Armee und die thätige Diplomatie, ver¬
liert das Anstellungsrecht bei den meisten Beamten, die Initiative bei dem größten
Theil der Gesetzgebung, sie verliert das Recht selbständiger Entwerfung und
Vorlage für den größten Theil des Budgets. Es verbleibt ihrer Oberherrlich¬
keit nur ein Theil der Administration, Landescultur Und Bolkserzichung. Anstel¬
lung der Regierungs-und Justizbeamten und der Lehrer, dann der Hof, Erthei-
lung von Orden und Titeln, die Gnadensachen.

Man vergesse nicht, daß die übrigen Fürsten deS neuen Bundes alle diese
Beschränkungen, so weit sie ihnen durch die Bundesverfassung auferlegt werden,
nicht mit derselben Resignation zu empfinden Ursache haben. Im Gegentheil,
mehre von ihnen haben eher ein Interesse daran, daß der Bund ihre Verkehrs¬
anstalten und die Gesetzgebung derselben in seine Hand nehme, ihre diplomatische
Vertretung war doch nur Schein, ihr Bundescontingent mußte in jedem Kriegs¬
fall doch höheren fremden Offizieren untergestellt werden und wenn sie Lust und
Befähigung zu einem Commando hatten, war ihnen als preußischen Generalen
der Befehl über eine größere Truppcnzahl wahrscheinlich, als sie aus ihrem
Lande ins Feld führen konnten.
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ßischen Staats und in die innern Länder des Bundes gestattet, die Sicherung
der sächsisch-böhmischen Pässe durch eine große fortificatorifche Anlage unerläßlich.
Und wieder ist durch die in den letzten Monaten befolgte Politik des sächsischen
Königshauses Preußen zu der Forderung veranlaßt, daß Dresden zur Bundes¬
festung gemacht werde. — Endlich würde von dem König von Sachsen ein Theil
der Kriegskosten gefordert werden. Ueber die Höhe der preußischen Forderungen
fehlt jeder Anhalt, es ist nur Anekdote, daß sich dieselben auf ö. nach andern
auf 28 Millionen. für jeden Kopf der Bevölkerung auf 2^-10 Thaler, für jeden
sächsischen Soldaten, der über die östreichische Grenze gezogen, auf 200—1000
Thaler belaufen sollen.

Einzelne dieser Forderungen können durch die Verhandlungen ermäßigt
werden, auf der Hauptsache aber, an'f der sicheren Disposition über das säch¬
sische Heer/ auf Session der thatsächlichen diplomatischen Vertretung, auf Ueber-
lassung der Administration aller Verkehrsanstalten an den Bund, und auf der
bundesmäßigen Behandlung der gesammten Verkehrsgesetzgebung wird Preußen
unter allen Umständen bestehn müssen.

Wenn aber selbst die preußische Regierung bei dem gegenwärtigen Vertrage
mit Sachsen bis an die Grenze der möglichen Concessionen gehen wollte, diese
Concessionen würden, das muß wiederholt werden, in kurzem doch hinfällig ge¬
macht. Denn mit größter Bestimmtheit läßt sich schon jetzt voraussagen, daß
der Volkswille durch das Parlament eine straffere Einheit fordern und durch¬
setzen wird.

Welche Stellung erhält nach diesen Beschränkungen die Majestät von Sachsen?
Sie entbehrt den Oberbefehl über die Armee und die thätige Diplomatie, ver¬
liert das Anstellungsrecht bei den meisten Beamten, die Initiative bei dem größten
Theil der Gesetzgebung, sie verliert das Recht selbständiger Entwerfung und
Vorlage für den größten Theil des Budgets. Es verbleibt ihrer Oberherrlich¬
keit nur ein Theil der Administration, Landescultur Und Bolkserzichung. Anstel¬
lung der Regierungs-und Justizbeamten und der Lehrer, dann der Hof, Erthei-
lung von Orden und Titeln, die Gnadensachen.

Man vergesse nicht, daß die übrigen Fürsten deS neuen Bundes alle diese
Beschränkungen, so weit sie ihnen durch die Bundesverfassung auferlegt werden,
nicht mit derselben Resignation zu empfinden Ursache haben. Im Gegentheil,
mehre von ihnen haben eher ein Interesse daran, daß der Bund ihre Verkehrs¬
anstalten und die Gesetzgebung derselben in seine Hand nehme, ihre diplomatische
Vertretung war doch nur Schein, ihr Bundescontingent mußte in jedem Kriegs¬
fall doch höheren fremden Offizieren untergestellt werden und wenn sie Lust und
Befähigung zu einem Commando hatten, war ihnen als preußischen Generalen
der Befehl über eine größere Truppcnzahl wahrscheinlich, als sie aus ihrem
Lande ins Feld führen konnten.
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/266>, abgerufen am 22.07.2024.