Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.Ehrgefühl verträgliche Gelegenheit zu finden, öffentlich und förmlich inS preu. Wie der Beamtenstand dem bundesstaatlichen Anschluß, so huldigt die Ge¬ Es ist wahrscheinlich, daß diese Stimmung mit der Zeit obenaufkommt. Ehrgefühl verträgliche Gelegenheit zu finden, öffentlich und förmlich inS preu. Wie der Beamtenstand dem bundesstaatlichen Anschluß, so huldigt die Ge¬ Es ist wahrscheinlich, daß diese Stimmung mit der Zeit obenaufkommt. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0164" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/285752"/> <p xml:id="ID_492" prev="#ID_491"> Ehrgefühl verträgliche Gelegenheit zu finden, öffentlich und förmlich inS preu.<lb/> ßische Lager überzugehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_493"> Wie der Beamtenstand dem bundesstaatlichen Anschluß, so huldigt die Ge¬<lb/> schäftswelt durch das ganze Land der Annexion. Ihr können überflüssige Gren¬<lb/> zen und Unterschiede der staatlichen Einrichtungen naturgemäß am wenigsten zu¬<lb/> sagen. Jede Verschiedenheit Mehr ist für sie eine Erschwerung des Berufs, jede<lb/> Ausgleichung ein Vortheil. Namentlich die Aufreißung der Schienen vor den<lb/> einmarschirenden Preußen, die den Güterverkehr mehre Tage hemmte, die spätere<lb/> Sperrung des TeKgraphen u. tgi. in. haben ihr den leidenschaftlichen Wunsch<lb/> eingegeben, daß aus Norddeutschland im Großen und Ganzen ein einziger<lb/> Staat werde. Die sorgsame Pflege der Materiellen Interessen, welche die preu¬<lb/> ßische Regierung selbst während ihrer reaktionären Periode selten Verleugnet<lb/> hat, im Gegensatz zu dem kurzsichtigen und engherzigen Verfahren der Welfen-<lb/> politik gegen Bremen und Hamburg, trägt selbstverständlich auch das Ihrige<lb/> dazu bei, die hannoversche Geschäftswelt für Einverleibung in Preußen zu<lb/> stimmen.</p><lb/> <p xml:id="ID_494"> Es ist wahrscheinlich, daß diese Stimmung mit der Zeit obenaufkommt.<lb/> Die Interessen des Beamtenstandes werden dann vielleicht durch eine Personal¬<lb/> union als Uebergangszustand gewahrt werden können. Denselben Weg schlagen,<lb/> wie es scheint, die Wünsche des kurhessischen Volkes ein. Ja, wenn man einer<lb/> pikanten, aber verbürgten Anekdote so viel Tragweite geben darf, so wäre selbst<lb/> der Kurfürst es bedingungsweise zufrieden, daß sein Land preußisch werde. Er<lb/> soll nämlich kurz vor seiner Abführung nach Stettin zum Oberbürgermeister<lb/> Nebelthau gesagt haben, er könne sich wohl denken, daß man ihn nicht zurück¬<lb/> wünsche, aber er hoffe und bitte, daß man alsdann den Thronfolger wenigstens<lb/> auch Nicht nehme. Der Kurfürst wäre danach gleichsam als der erste Annexionist<lb/> in Kurhessen anzusehen, die Forderung der Annexion als sein politisches Testa¬<lb/> ment. Es könnte einen Theil seiner Sünden gegen das Glück des Landes in der<lb/> That wieder gut machen!</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0164]
Ehrgefühl verträgliche Gelegenheit zu finden, öffentlich und förmlich inS preu.
ßische Lager überzugehen.
Wie der Beamtenstand dem bundesstaatlichen Anschluß, so huldigt die Ge¬
schäftswelt durch das ganze Land der Annexion. Ihr können überflüssige Gren¬
zen und Unterschiede der staatlichen Einrichtungen naturgemäß am wenigsten zu¬
sagen. Jede Verschiedenheit Mehr ist für sie eine Erschwerung des Berufs, jede
Ausgleichung ein Vortheil. Namentlich die Aufreißung der Schienen vor den
einmarschirenden Preußen, die den Güterverkehr mehre Tage hemmte, die spätere
Sperrung des TeKgraphen u. tgi. in. haben ihr den leidenschaftlichen Wunsch
eingegeben, daß aus Norddeutschland im Großen und Ganzen ein einziger
Staat werde. Die sorgsame Pflege der Materiellen Interessen, welche die preu¬
ßische Regierung selbst während ihrer reaktionären Periode selten Verleugnet
hat, im Gegensatz zu dem kurzsichtigen und engherzigen Verfahren der Welfen-
politik gegen Bremen und Hamburg, trägt selbstverständlich auch das Ihrige
dazu bei, die hannoversche Geschäftswelt für Einverleibung in Preußen zu
stimmen.
Es ist wahrscheinlich, daß diese Stimmung mit der Zeit obenaufkommt.
Die Interessen des Beamtenstandes werden dann vielleicht durch eine Personal¬
union als Uebergangszustand gewahrt werden können. Denselben Weg schlagen,
wie es scheint, die Wünsche des kurhessischen Volkes ein. Ja, wenn man einer
pikanten, aber verbürgten Anekdote so viel Tragweite geben darf, so wäre selbst
der Kurfürst es bedingungsweise zufrieden, daß sein Land preußisch werde. Er
soll nämlich kurz vor seiner Abführung nach Stettin zum Oberbürgermeister
Nebelthau gesagt haben, er könne sich wohl denken, daß man ihn nicht zurück¬
wünsche, aber er hoffe und bitte, daß man alsdann den Thronfolger wenigstens
auch Nicht nehme. Der Kurfürst wäre danach gleichsam als der erste Annexionist
in Kurhessen anzusehen, die Forderung der Annexion als sein politisches Testa¬
ment. Es könnte einen Theil seiner Sünden gegen das Glück des Landes in der
That wieder gut machen!
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