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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band.

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auf 18 Jahre) überall meistbietend, und zwar infolge der Anträge der Budget¬
commission des Landtags womöglich immer, sowohl im Ganzen als nach den
einzelnen Vorwerken getrennt, zur Verpachtung ausgesetzt werden. Aus diesem
Verpachtungsmodus erklärt sich, da bei mittleren und kleineren Pachtungen die
Concurrenz eine viel stärkere ist, und deshalb bei der Aussetzung nach einzelnen
Vorwerken in der Regel höhere Pachtsummen erzielt werden, auch der Umstand,
daß die Zahl der Pachtungen fortwährend steigt, während die Zahl der verpach¬
teten Vorwerke stetig abnimmt. Dennoch wird diese Einzelverpachtung mit Er¬
folg noch viel weiter fortgesetzt werden können, da von den jetzt vorhandenen
822 Vorwerken 819 auf 629 Pachtungen sich vertheilen.

Diese bedeutende Steigerung der Pachterträge der Domänen veranlaßt den
Verfasser der obengenannten Schrift -- Ad. Frantz -- zu der Behauptung, daß
das Hinwirken der Staatsregierung auf eine möglichst hohe Pachtnutzung der
Domänen übertrieben und nicht unbedenklich sei. weil dadurch der Pachtzins
auch der übrigen Grundstücke, der Preis der Bodenproductc überhaupt unnatür¬
lich erhöht, eine allgemeine Preissteigerung herbeigeführt und somit die Last
der höheren Domänenpacht auf die Staatsbürger übertragen werde. Dies ist
jedoch schon deshalb nicht zutreffend, weil das Areal der Domänen, so bedeu¬
tend dasselbe an sich erscheint, im Vergleich mit dem Nutzareal der gesammten
Monarchie (an Acker. Wiese und Weide) verschwindend klein ist. etwa im Ver¬
hältnisse 1 : 55 steht und daher die Pachtpreise der Domänen keineswegs die
Höhe der Bodenrenke der übrigen Grundstücke bedingen, sondern vielmehr durch
letztere bedingt werden. Es kann eine derartige Steigerung der Domänen-
pachtzinse. für welche die Bodenrenke der übrigen Grundstücke und der allgemeine
Preisstand den natürlichen Regulator bildet, durchaus nicht dem sogenannten
"Anziehen der Steuerschraube" gleichgestellt werden; durch niedrige Pachtschillinge
der Domänen wird der Einzelne auf Kosten der Gesammtheit bereichert, durch
die Erhöhung derselben nicht die letztere, sondern nur der erstere getroffen, indem
die Concurrenz der ganzen übrigen ackerbautreibenden Bevölkerung ihm unmög¬
lich macht, diesen Mehrbetrag auf die Consumenten ohne Weiteres zu über¬
wälzen.

Dagegen werden neuerdings häufig die schon früher von Bülow von
Cummerow gegen die Veräußerung der Domänen überhaupt erhobenen Ein¬
wendungen wiederholt, und wird insbesondere geltend gemacht, daß mit Rück¬
sicht auf diese bedeutende Steigerung der Domänenpachterträge es geboten er¬
scheine, der weiteren Veräußerung von Domänen endlich ein Ziel zu setzen, weil
der Staat desto weniger an Steuern zu erheben brauche, je mehr er aus seinen
Domänen ziehe, und weil durch einen Verkauf derselben gegen eine Geldsumme
der Vortheil der fortwährenden, und wie die Erfahrung zeige, sehr erheblichen
Steigerung der Grundrente für den Staat verloren gehen würde. -- Auf diesen


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auf 18 Jahre) überall meistbietend, und zwar infolge der Anträge der Budget¬
commission des Landtags womöglich immer, sowohl im Ganzen als nach den
einzelnen Vorwerken getrennt, zur Verpachtung ausgesetzt werden. Aus diesem
Verpachtungsmodus erklärt sich, da bei mittleren und kleineren Pachtungen die
Concurrenz eine viel stärkere ist, und deshalb bei der Aussetzung nach einzelnen
Vorwerken in der Regel höhere Pachtsummen erzielt werden, auch der Umstand,
daß die Zahl der Pachtungen fortwährend steigt, während die Zahl der verpach¬
teten Vorwerke stetig abnimmt. Dennoch wird diese Einzelverpachtung mit Er¬
folg noch viel weiter fortgesetzt werden können, da von den jetzt vorhandenen
822 Vorwerken 819 auf 629 Pachtungen sich vertheilen.

Diese bedeutende Steigerung der Pachterträge der Domänen veranlaßt den
Verfasser der obengenannten Schrift — Ad. Frantz — zu der Behauptung, daß
das Hinwirken der Staatsregierung auf eine möglichst hohe Pachtnutzung der
Domänen übertrieben und nicht unbedenklich sei. weil dadurch der Pachtzins
auch der übrigen Grundstücke, der Preis der Bodenproductc überhaupt unnatür¬
lich erhöht, eine allgemeine Preissteigerung herbeigeführt und somit die Last
der höheren Domänenpacht auf die Staatsbürger übertragen werde. Dies ist
jedoch schon deshalb nicht zutreffend, weil das Areal der Domänen, so bedeu¬
tend dasselbe an sich erscheint, im Vergleich mit dem Nutzareal der gesammten
Monarchie (an Acker. Wiese und Weide) verschwindend klein ist. etwa im Ver¬
hältnisse 1 : 55 steht und daher die Pachtpreise der Domänen keineswegs die
Höhe der Bodenrenke der übrigen Grundstücke bedingen, sondern vielmehr durch
letztere bedingt werden. Es kann eine derartige Steigerung der Domänen-
pachtzinse. für welche die Bodenrenke der übrigen Grundstücke und der allgemeine
Preisstand den natürlichen Regulator bildet, durchaus nicht dem sogenannten
„Anziehen der Steuerschraube" gleichgestellt werden; durch niedrige Pachtschillinge
der Domänen wird der Einzelne auf Kosten der Gesammtheit bereichert, durch
die Erhöhung derselben nicht die letztere, sondern nur der erstere getroffen, indem
die Concurrenz der ganzen übrigen ackerbautreibenden Bevölkerung ihm unmög¬
lich macht, diesen Mehrbetrag auf die Consumenten ohne Weiteres zu über¬
wälzen.

Dagegen werden neuerdings häufig die schon früher von Bülow von
Cummerow gegen die Veräußerung der Domänen überhaupt erhobenen Ein¬
wendungen wiederholt, und wird insbesondere geltend gemacht, daß mit Rück¬
sicht auf diese bedeutende Steigerung der Domänenpachterträge es geboten er¬
scheine, der weiteren Veräußerung von Domänen endlich ein Ziel zu setzen, weil
der Staat desto weniger an Steuern zu erheben brauche, je mehr er aus seinen
Domänen ziehe, und weil durch einen Verkauf derselben gegen eine Geldsumme
der Vortheil der fortwährenden, und wie die Erfahrung zeige, sehr erheblichen
Steigerung der Grundrente für den Staat verloren gehen würde. — Auf diesen


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[0129] auf 18 Jahre) überall meistbietend, und zwar infolge der Anträge der Budget¬ commission des Landtags womöglich immer, sowohl im Ganzen als nach den einzelnen Vorwerken getrennt, zur Verpachtung ausgesetzt werden. Aus diesem Verpachtungsmodus erklärt sich, da bei mittleren und kleineren Pachtungen die Concurrenz eine viel stärkere ist, und deshalb bei der Aussetzung nach einzelnen Vorwerken in der Regel höhere Pachtsummen erzielt werden, auch der Umstand, daß die Zahl der Pachtungen fortwährend steigt, während die Zahl der verpach¬ teten Vorwerke stetig abnimmt. Dennoch wird diese Einzelverpachtung mit Er¬ folg noch viel weiter fortgesetzt werden können, da von den jetzt vorhandenen 822 Vorwerken 819 auf 629 Pachtungen sich vertheilen. Diese bedeutende Steigerung der Pachterträge der Domänen veranlaßt den Verfasser der obengenannten Schrift — Ad. Frantz — zu der Behauptung, daß das Hinwirken der Staatsregierung auf eine möglichst hohe Pachtnutzung der Domänen übertrieben und nicht unbedenklich sei. weil dadurch der Pachtzins auch der übrigen Grundstücke, der Preis der Bodenproductc überhaupt unnatür¬ lich erhöht, eine allgemeine Preissteigerung herbeigeführt und somit die Last der höheren Domänenpacht auf die Staatsbürger übertragen werde. Dies ist jedoch schon deshalb nicht zutreffend, weil das Areal der Domänen, so bedeu¬ tend dasselbe an sich erscheint, im Vergleich mit dem Nutzareal der gesammten Monarchie (an Acker. Wiese und Weide) verschwindend klein ist. etwa im Ver¬ hältnisse 1 : 55 steht und daher die Pachtpreise der Domänen keineswegs die Höhe der Bodenrenke der übrigen Grundstücke bedingen, sondern vielmehr durch letztere bedingt werden. Es kann eine derartige Steigerung der Domänen- pachtzinse. für welche die Bodenrenke der übrigen Grundstücke und der allgemeine Preisstand den natürlichen Regulator bildet, durchaus nicht dem sogenannten „Anziehen der Steuerschraube" gleichgestellt werden; durch niedrige Pachtschillinge der Domänen wird der Einzelne auf Kosten der Gesammtheit bereichert, durch die Erhöhung derselben nicht die letztere, sondern nur der erstere getroffen, indem die Concurrenz der ganzen übrigen ackerbautreibenden Bevölkerung ihm unmög¬ lich macht, diesen Mehrbetrag auf die Consumenten ohne Weiteres zu über¬ wälzen. Dagegen werden neuerdings häufig die schon früher von Bülow von Cummerow gegen die Veräußerung der Domänen überhaupt erhobenen Ein¬ wendungen wiederholt, und wird insbesondere geltend gemacht, daß mit Rück¬ sicht auf diese bedeutende Steigerung der Domänenpachterträge es geboten er¬ scheine, der weiteren Veräußerung von Domänen endlich ein Ziel zu setzen, weil der Staat desto weniger an Steuern zu erheben brauche, je mehr er aus seinen Domänen ziehe, und weil durch einen Verkauf derselben gegen eine Geldsumme der Vortheil der fortwährenden, und wie die Erfahrung zeige, sehr erheblichen Steigerung der Grundrente für den Staat verloren gehen würde. — Auf diesen 16*

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, II. Semester. III. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285587/129>, abgerufen am 22.07.2024.