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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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träge, auf denen unser Verkehrsleben ruht. Verwüstung deutschen Landes, Ruin
des Wohlstandes, Blut und Leichen vom Rhein bis zur Elbe werden soll, das
steht jetzt bei der Majorität der Mittelstaaten, Segen oder Fluch von Millionen
wird je nach ihrem Beschluß auf ihre Dynastien fallen. Mahnung und Bitte
kommen zu spät, die Entscheidung, welche in Frankfurt am 14. Juni getroffen
wird, mag über Deutschlands Zukunft entscheiden. Auch wenn kein entscheidender
Beschluß erreicht werden sollte, wird dies eine Entscheidung sein, und wir werden
sie für einen Bortheil halten.

Die letzte Ueberraschung aber, welche dem Volke bereitet wurde, ist die
Mittheilung genauern Details aus dem preußischen Reformplan. Es ist mög¬
lich, daß auch hierbei die Absicht war, eine letzte Karte gegen Oestreich
auszuwerfen, sonst hat die Publication in diesem Augenblick das Bedenk¬
liche, daß sie durch die unbefangen ausgesprochene Nothwendigkeit des Aus-
scheidens von Oestreich die Süddeutschen, durch die Zutheilung einer südlichen
militärischen Hegemonie an Bayern die kleindeutsche Partei betroffen macht.
Beide Vorschläge vermag dies Blatt zu vertreten. Ihre Ausführbarkeit müssen
allerdings erst die Waffen und blutiger Kampf erweisen. Die Forderungen
Preußens aber, um welche jetzt der Krieg entbrennt, sind folgende: 1) Verzicht
Oestreichs auf seine Rechte an den Herzogtümern mit oder ohne Entschädigung;
2) Conföderation der deutschen Bundesstaaten unter Ausschluß Oestreichs und
der Niederlande mit Parlament nach dem Wahlgesetz von 1849; 3) Rege¬
lung der Schleswig-holsteinischen Frage unter Mitwirkung eines deutschen Par¬
laments; 4) Vertrag der neuen Conföderation mit Oestreich über ein neues
Bundesverhältniß.

Darüber soll jetzt in Deutschland laut abgestimmt werden. Zuerst wird
das preußische Volk seine Stimme dafür abgeben durch seine jungen Wahlmänner,
welche mit ihren Stimmkngeln im Felde stehen.




träge, auf denen unser Verkehrsleben ruht. Verwüstung deutschen Landes, Ruin
des Wohlstandes, Blut und Leichen vom Rhein bis zur Elbe werden soll, das
steht jetzt bei der Majorität der Mittelstaaten, Segen oder Fluch von Millionen
wird je nach ihrem Beschluß auf ihre Dynastien fallen. Mahnung und Bitte
kommen zu spät, die Entscheidung, welche in Frankfurt am 14. Juni getroffen
wird, mag über Deutschlands Zukunft entscheiden. Auch wenn kein entscheidender
Beschluß erreicht werden sollte, wird dies eine Entscheidung sein, und wir werden
sie für einen Bortheil halten.

Die letzte Ueberraschung aber, welche dem Volke bereitet wurde, ist die
Mittheilung genauern Details aus dem preußischen Reformplan. Es ist mög¬
lich, daß auch hierbei die Absicht war, eine letzte Karte gegen Oestreich
auszuwerfen, sonst hat die Publication in diesem Augenblick das Bedenk¬
liche, daß sie durch die unbefangen ausgesprochene Nothwendigkeit des Aus-
scheidens von Oestreich die Süddeutschen, durch die Zutheilung einer südlichen
militärischen Hegemonie an Bayern die kleindeutsche Partei betroffen macht.
Beide Vorschläge vermag dies Blatt zu vertreten. Ihre Ausführbarkeit müssen
allerdings erst die Waffen und blutiger Kampf erweisen. Die Forderungen
Preußens aber, um welche jetzt der Krieg entbrennt, sind folgende: 1) Verzicht
Oestreichs auf seine Rechte an den Herzogtümern mit oder ohne Entschädigung;
2) Conföderation der deutschen Bundesstaaten unter Ausschluß Oestreichs und
der Niederlande mit Parlament nach dem Wahlgesetz von 1849; 3) Rege¬
lung der Schleswig-holsteinischen Frage unter Mitwirkung eines deutschen Par¬
laments; 4) Vertrag der neuen Conföderation mit Oestreich über ein neues
Bundesverhältniß.

Darüber soll jetzt in Deutschland laut abgestimmt werden. Zuerst wird
das preußische Volk seine Stimme dafür abgeben durch seine jungen Wahlmänner,
welche mit ihren Stimmkngeln im Felde stehen.




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/476>, abgerufen am 27.07.2024.