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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Jahre 1671 gedacht) Von der Noth der Zeit haben die Studenten der hier
betrachteten Gattung nach den uns geöffneten Quellen nur so viel Notiz ge¬
nommen, als sie gelegentlich die Gelder von Hause ausbleiben ließ oder durch
das Treiben der Kipper und Wipper entwertete, wie denn in letzterer Be¬
ziehung zu Jena im Jahre 1621 für dreißig Gulden des im Umlauf befind¬
lichen schlechten Geldes kaum so viel zu haben war als für fünf Gulden in
guter Münze. Die meisten der alamvdischcn Studenten dachten damals wohl
wie es in einem jenenser Liede dieses Jahrhunderts heißt:

Was Meyfart von dem Zecherleben der Studenten seiner Zeit ungesagt
läßt, mag Moscheroschs Bericht in den "Wunderlichen und wahrhaften Gesichten
Philanders von Sittewald" ergänzen. Es heißt da unter anderm von einem
Commers: "Andere soffen einander zu auf Stühlen und Bänken und Boden,
durch den Arm, durch ein Bein, auf den Knien, den Kopf unter sich, über sich,
hinter sich und vor sich. Andre lagen auf dem Boden und ließen sichs durch
einen Trichter einschütten. Bald ging es über Trinkgeschirr und Becher, und
mit solcher Unsinnigkeit, daß mir grausete. Andere lagen da und spien und
kotzten wie die Gerberhunde. Inwendig an der Thür waren zwei oblonge an¬
einandergefügte Tafeln aufgehangen, auf denen zehn Gesetze oder Regeln ge¬
schrieben standen:

liLguI^c! Leliolarcis sunt oiniri tvmporc tales.




Leucolcons Galamelitc oder Allerhand Keusche Lust- und Liebeslieder. Frankfurt a. M.
Verlag Thomas Heinrich Hauenstcins, Buchhändlers in Hannover und Hildesheim, S, 194.
Hier kommt in einem "Scherzgedicht an die raissertigen Tischgenossen (in Straßburg), worin
deren gewöhnliche, Sprichwörter und Sauffliedcr erwähnet werden", die Frage vor: "Wo ver¬
bleibt der Fürst von Thoren?" Der Verfasser ist offenbar ein Norddeutscher.

Jahre 1671 gedacht) Von der Noth der Zeit haben die Studenten der hier
betrachteten Gattung nach den uns geöffneten Quellen nur so viel Notiz ge¬
nommen, als sie gelegentlich die Gelder von Hause ausbleiben ließ oder durch
das Treiben der Kipper und Wipper entwertete, wie denn in letzterer Be¬
ziehung zu Jena im Jahre 1621 für dreißig Gulden des im Umlauf befind¬
lichen schlechten Geldes kaum so viel zu haben war als für fünf Gulden in
guter Münze. Die meisten der alamvdischcn Studenten dachten damals wohl
wie es in einem jenenser Liede dieses Jahrhunderts heißt:

Was Meyfart von dem Zecherleben der Studenten seiner Zeit ungesagt
läßt, mag Moscheroschs Bericht in den „Wunderlichen und wahrhaften Gesichten
Philanders von Sittewald" ergänzen. Es heißt da unter anderm von einem
Commers: „Andere soffen einander zu auf Stühlen und Bänken und Boden,
durch den Arm, durch ein Bein, auf den Knien, den Kopf unter sich, über sich,
hinter sich und vor sich. Andre lagen auf dem Boden und ließen sichs durch
einen Trichter einschütten. Bald ging es über Trinkgeschirr und Becher, und
mit solcher Unsinnigkeit, daß mir grausete. Andere lagen da und spien und
kotzten wie die Gerberhunde. Inwendig an der Thür waren zwei oblonge an¬
einandergefügte Tafeln aufgehangen, auf denen zehn Gesetze oder Regeln ge¬
schrieben standen:

liLguI^c! Leliolarcis sunt oiniri tvmporc tales.




Leucolcons Galamelitc oder Allerhand Keusche Lust- und Liebeslieder. Frankfurt a. M.
Verlag Thomas Heinrich Hauenstcins, Buchhändlers in Hannover und Hildesheim, S, 194.
Hier kommt in einem „Scherzgedicht an die raissertigen Tischgenossen (in Straßburg), worin
deren gewöhnliche, Sprichwörter und Sauffliedcr erwähnet werden", die Frage vor: „Wo ver¬
bleibt der Fürst von Thoren?" Der Verfasser ist offenbar ein Norddeutscher.
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[0459] Jahre 1671 gedacht) Von der Noth der Zeit haben die Studenten der hier betrachteten Gattung nach den uns geöffneten Quellen nur so viel Notiz ge¬ nommen, als sie gelegentlich die Gelder von Hause ausbleiben ließ oder durch das Treiben der Kipper und Wipper entwertete, wie denn in letzterer Be¬ ziehung zu Jena im Jahre 1621 für dreißig Gulden des im Umlauf befind¬ lichen schlechten Geldes kaum so viel zu haben war als für fünf Gulden in guter Münze. Die meisten der alamvdischcn Studenten dachten damals wohl wie es in einem jenenser Liede dieses Jahrhunderts heißt: Was Meyfart von dem Zecherleben der Studenten seiner Zeit ungesagt läßt, mag Moscheroschs Bericht in den „Wunderlichen und wahrhaften Gesichten Philanders von Sittewald" ergänzen. Es heißt da unter anderm von einem Commers: „Andere soffen einander zu auf Stühlen und Bänken und Boden, durch den Arm, durch ein Bein, auf den Knien, den Kopf unter sich, über sich, hinter sich und vor sich. Andre lagen auf dem Boden und ließen sichs durch einen Trichter einschütten. Bald ging es über Trinkgeschirr und Becher, und mit solcher Unsinnigkeit, daß mir grausete. Andere lagen da und spien und kotzten wie die Gerberhunde. Inwendig an der Thür waren zwei oblonge an¬ einandergefügte Tafeln aufgehangen, auf denen zehn Gesetze oder Regeln ge¬ schrieben standen: liLguI^c! Leliolarcis sunt oiniri tvmporc tales. I.VI. ?r/Se ^ «?re"öl/^ut inde aut adi! II.VII. Noi'L ?-tIntino!Ill 1?loi'iduL,' III.VIII. NlrsLg, czuiäit! I'oppv tingue!ein süss! IV.IX. '^75i^ >?r,,/Ohr Schnaufen und Bartwischen! V.X. I'indivvn, l^lrittselri!Sans oder Lauf! Leucolcons Galamelitc oder Allerhand Keusche Lust- und Liebeslieder. Frankfurt a. M. Verlag Thomas Heinrich Hauenstcins, Buchhändlers in Hannover und Hildesheim, S, 194. Hier kommt in einem „Scherzgedicht an die raissertigen Tischgenossen (in Straßburg), worin deren gewöhnliche, Sprichwörter und Sauffliedcr erwähnet werden", die Frage vor: „Wo ver¬ bleibt der Fürst von Thoren?" Der Verfasser ist offenbar ein Norddeutscher.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/459>, abgerufen am 28.07.2024.