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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band.

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Die zweite Art der Reclame, welche wir noch erwähnen müssen, läßt sich
wohl am besten als die tropisch-üppige bezeichnen. Von den ungeheuerlichsten
Formen, phantastisch-bombastisch bis über die Menschenmöglichkeit hinaus, ge¬
deiht sie unsres Wissens nur in Amerika, wie Andere behaupten wollen auch
in England, und zwar weil dort, "t.K<z most enUglrtcjnczä ludion" wohnt.
Charakterisiren wir sie durch ein paar Beispiele aus unsrer Sammlung:

Professor Gardener. der sich "bekannt als Neuengland-Seifenmann" unter¬
zeichnet, verkündet in den Zeitungen von seinem Fabrikat: "Meine Seife macht
weiche Hände und curirt schwache Köpfe. Sie beseitigt Schmutz und Fett, ist
unvergleichlich zum Rasiren, heilt Risse und Flechten an Gesicht und Händen
und verbannt alle Zahnschmerzen bis ans Ende der Tage. Ausbrüche unreiner
Säfte durch die Haut vergehen dadurch wie durch Zauberspruch. Ja es unter¬
liegt für mich keinem Zweifel, daß eine hinreichende Quantität meiner Seife,
aus passende Weise angewendet, sogar den Ausbrüchen des Vesuv sofort und
für immer ein Ende machen würde." ^

In einer 1852 zu Ncwyorf erschienenen Broschüre zu Ehren einer Salbe,
welche darin auch mit Illustrationen angepriesen ist, lesen wir unter anderm:
"staunenswerthe Aufschlüsse! Von dem Agenten für den weltberühmten mexi¬
kanischen Mustang-Balsam unten im Süden. Man lese! -- Man merke Sindhu
-- Man kaufe!!! -- Ein Brief von unserm Commissionär in Ncworleans sagt:
Gestern kam einer unsrer reichsten Plantagcnbcsitzer und verlangte zwei Flaschen
von dem Balsam. Aeußerte, daß er ihn drei Wochen gegen Flechten gebraucht
und ihn bei Weitem besser gesunden habe, als die zahlreichen Ankündigungen
ihn dargestellt. Ein Andrer wendete ihn bei seiner Köchin, einer Negerin, an,
welche alle Doctoren, Nheumatismussalben und galvanischen Batterien vergeblich
gegen die Gicht gebraucht hatte, die sie seit acht Jahren plagte. Er kaufte ihr
eine Bouteille von unserm Balsam, und siehe da, was geschieht -- heute schon
spricht er bei uns vor, um die vollkommene Heilung seiner Kranken zu berichten.
Ein Geistlicher in Mohne ferner hatte zehn Monate lang die berühmtesten
Aerzte Alabamas gegen einen stets wiederkehrenden Karfunkel consultirt -- eine
einzige Dollarflasche des Balsams vertrieb das Leiden auf Nimmerwiedersehn.
Die Doctoren D. und P. wendeten denselben in Fällen von Weichselzopf mit
glänzendem Erfolge an. Professor M. curirte in seiner Klinik Gesichtsmaalc
damit. Alle drei betrachten es als die größte Entdeckung des Jahrhunderts.
Die Wirthin des Hotels, in dem ich wohne, hatte das Reißen in der Schulter,
ich schenke ihr eine unsrer Halbflaschen, und stehe da, die Hälfte schafft das
Uebel weg. Ihr Mann ist kahlköpfig, und was begiebt sich? Er reibt sich die
andere Hälfte auf den nackten Schädel, und in weniger als einem Monat be¬
deckt sich sein Haupt, das jahrelang der krönenden Herrlichkeit des Haarschmucks
ermangelt, mit einer schwellenden Fülle kastanienbrauner Locken." U. s. w.,


Die zweite Art der Reclame, welche wir noch erwähnen müssen, läßt sich
wohl am besten als die tropisch-üppige bezeichnen. Von den ungeheuerlichsten
Formen, phantastisch-bombastisch bis über die Menschenmöglichkeit hinaus, ge¬
deiht sie unsres Wissens nur in Amerika, wie Andere behaupten wollen auch
in England, und zwar weil dort, „t.K<z most enUglrtcjnczä ludion" wohnt.
Charakterisiren wir sie durch ein paar Beispiele aus unsrer Sammlung:

Professor Gardener. der sich „bekannt als Neuengland-Seifenmann" unter¬
zeichnet, verkündet in den Zeitungen von seinem Fabrikat: „Meine Seife macht
weiche Hände und curirt schwache Köpfe. Sie beseitigt Schmutz und Fett, ist
unvergleichlich zum Rasiren, heilt Risse und Flechten an Gesicht und Händen
und verbannt alle Zahnschmerzen bis ans Ende der Tage. Ausbrüche unreiner
Säfte durch die Haut vergehen dadurch wie durch Zauberspruch. Ja es unter¬
liegt für mich keinem Zweifel, daß eine hinreichende Quantität meiner Seife,
aus passende Weise angewendet, sogar den Ausbrüchen des Vesuv sofort und
für immer ein Ende machen würde." ^

In einer 1852 zu Ncwyorf erschienenen Broschüre zu Ehren einer Salbe,
welche darin auch mit Illustrationen angepriesen ist, lesen wir unter anderm:
„staunenswerthe Aufschlüsse! Von dem Agenten für den weltberühmten mexi¬
kanischen Mustang-Balsam unten im Süden. Man lese! — Man merke Sindhu
— Man kaufe!!! — Ein Brief von unserm Commissionär in Ncworleans sagt:
Gestern kam einer unsrer reichsten Plantagcnbcsitzer und verlangte zwei Flaschen
von dem Balsam. Aeußerte, daß er ihn drei Wochen gegen Flechten gebraucht
und ihn bei Weitem besser gesunden habe, als die zahlreichen Ankündigungen
ihn dargestellt. Ein Andrer wendete ihn bei seiner Köchin, einer Negerin, an,
welche alle Doctoren, Nheumatismussalben und galvanischen Batterien vergeblich
gegen die Gicht gebraucht hatte, die sie seit acht Jahren plagte. Er kaufte ihr
eine Bouteille von unserm Balsam, und siehe da, was geschieht — heute schon
spricht er bei uns vor, um die vollkommene Heilung seiner Kranken zu berichten.
Ein Geistlicher in Mohne ferner hatte zehn Monate lang die berühmtesten
Aerzte Alabamas gegen einen stets wiederkehrenden Karfunkel consultirt — eine
einzige Dollarflasche des Balsams vertrieb das Leiden auf Nimmerwiedersehn.
Die Doctoren D. und P. wendeten denselben in Fällen von Weichselzopf mit
glänzendem Erfolge an. Professor M. curirte in seiner Klinik Gesichtsmaalc
damit. Alle drei betrachten es als die größte Entdeckung des Jahrhunderts.
Die Wirthin des Hotels, in dem ich wohne, hatte das Reißen in der Schulter,
ich schenke ihr eine unsrer Halbflaschen, und stehe da, die Hälfte schafft das
Uebel weg. Ihr Mann ist kahlköpfig, und was begiebt sich? Er reibt sich die
andere Hälfte auf den nackten Schädel, und in weniger als einem Monat be¬
deckt sich sein Haupt, das jahrelang der krönenden Herrlichkeit des Haarschmucks
ermangelt, mit einer schwellenden Fülle kastanienbrauner Locken." U. s. w.,


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[0128] Die zweite Art der Reclame, welche wir noch erwähnen müssen, läßt sich wohl am besten als die tropisch-üppige bezeichnen. Von den ungeheuerlichsten Formen, phantastisch-bombastisch bis über die Menschenmöglichkeit hinaus, ge¬ deiht sie unsres Wissens nur in Amerika, wie Andere behaupten wollen auch in England, und zwar weil dort, „t.K<z most enUglrtcjnczä ludion" wohnt. Charakterisiren wir sie durch ein paar Beispiele aus unsrer Sammlung: Professor Gardener. der sich „bekannt als Neuengland-Seifenmann" unter¬ zeichnet, verkündet in den Zeitungen von seinem Fabrikat: „Meine Seife macht weiche Hände und curirt schwache Köpfe. Sie beseitigt Schmutz und Fett, ist unvergleichlich zum Rasiren, heilt Risse und Flechten an Gesicht und Händen und verbannt alle Zahnschmerzen bis ans Ende der Tage. Ausbrüche unreiner Säfte durch die Haut vergehen dadurch wie durch Zauberspruch. Ja es unter¬ liegt für mich keinem Zweifel, daß eine hinreichende Quantität meiner Seife, aus passende Weise angewendet, sogar den Ausbrüchen des Vesuv sofort und für immer ein Ende machen würde." ^ In einer 1852 zu Ncwyorf erschienenen Broschüre zu Ehren einer Salbe, welche darin auch mit Illustrationen angepriesen ist, lesen wir unter anderm: „staunenswerthe Aufschlüsse! Von dem Agenten für den weltberühmten mexi¬ kanischen Mustang-Balsam unten im Süden. Man lese! — Man merke Sindhu — Man kaufe!!! — Ein Brief von unserm Commissionär in Ncworleans sagt: Gestern kam einer unsrer reichsten Plantagcnbcsitzer und verlangte zwei Flaschen von dem Balsam. Aeußerte, daß er ihn drei Wochen gegen Flechten gebraucht und ihn bei Weitem besser gesunden habe, als die zahlreichen Ankündigungen ihn dargestellt. Ein Andrer wendete ihn bei seiner Köchin, einer Negerin, an, welche alle Doctoren, Nheumatismussalben und galvanischen Batterien vergeblich gegen die Gicht gebraucht hatte, die sie seit acht Jahren plagte. Er kaufte ihr eine Bouteille von unserm Balsam, und siehe da, was geschieht — heute schon spricht er bei uns vor, um die vollkommene Heilung seiner Kranken zu berichten. Ein Geistlicher in Mohne ferner hatte zehn Monate lang die berühmtesten Aerzte Alabamas gegen einen stets wiederkehrenden Karfunkel consultirt — eine einzige Dollarflasche des Balsams vertrieb das Leiden auf Nimmerwiedersehn. Die Doctoren D. und P. wendeten denselben in Fällen von Weichselzopf mit glänzendem Erfolge an. Professor M. curirte in seiner Klinik Gesichtsmaalc damit. Alle drei betrachten es als die größte Entdeckung des Jahrhunderts. Die Wirthin des Hotels, in dem ich wohne, hatte das Reißen in der Schulter, ich schenke ihr eine unsrer Halbflaschen, und stehe da, die Hälfte schafft das Uebel weg. Ihr Mann ist kahlköpfig, und was begiebt sich? Er reibt sich die andere Hälfte auf den nackten Schädel, und in weniger als einem Monat be¬ deckt sich sein Haupt, das jahrelang der krönenden Herrlichkeit des Haarschmucks ermangelt, mit einer schwellenden Fülle kastanienbrauner Locken." U. s. w.,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. II. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_285025/128>, abgerufen am 28.07.2024.