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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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Robert rief darauf den Grafen Derby zur Nachfolge auf. Dieser sprach:

"Wenn mein König uns aus den Boden Frankreichs führt, so werde ich
dort den gefürchteten Grafen Louis von Flandern suchen, ihn, den das Volk
des Usurpators Philipp so nennt; ich will ihn überall suchen und ihm im
Kampfe persönlich gegenübertreten; bezwinge ich ihn nicht, so will ich wenigstens
vor seinen Augen sein Land verwüsten."

Ihm zunächst schwört sodann der Graf von Suffolk. daß er in Frankreich
den treuesten Genossen Philipps, den alten König Johann von Böhmen aufsuchen
wolle, um ihn mit Lanze und Schwert zu bekämpfen und sein Roß als Sieges"
heute heimzuführen.

Darob erhob sich Jean de Beaumont; denn der König Johann von Böhmen
war ihm nahe verwandt, und er rief erzürnt: "Ich liebe ihn. diesen König,
und werde ihn nie verlassen. Suffolk, wenn ihr auf euren Entschluß nicht
verzichtet, so trete ich euch gegenüber und werde euch selbst zum Gefangenen
machen. Das steht fest bei mir; seid dessen eingedenk."

Suffolk entgegnete begütigend:

"Erwarten wir das Loos des Krieges, der uns die Wege der Ehre und
des Muthes eröffnet. Jeder möge dann vollbringen, was ihm der Ruhm und
die Liebe der Frauen zu vollbringen heißt. Die Begegnung der Helden wird
eine heiße sein, aber der Erfolg und der Sieg steht bei Gott."

Robert ließ Heller das Lied seiner Minstrels ertönen, und die Damen er¬
hoben sich, den Muth der Ritter anzufeuern.

Robert trat vor den unerschrockenen Fauquemont und rief auch ihn zum
Gelübde neuer Thaten auf. Dieser tritt vor, und seine Stirn wird höher vor
der feierlichen Versammlung.

"Was soll ich geloben", rief er bewegt, "der ich auf dieser Welt nichts be¬
sitze, als dieses Schwert, das mir bis zum Grabe folgen soll. Aber um euch,
mein König, meine Treue zu beweisen, schwöre ich. daß. wenn ihr über das
Meer nach Frankreich ziehet, ich stets der erste vor allen am Feinde, der erste
im Sturm und in der Schlacht sein und die zerrissenen Fahnen und die blutigen
Wasserndes Feindes sicher in euren Palast bringen will."

Aller Augen wenden sich nun nach jenem Jean de Beaumont. berühmt
durch seine Thaten. Ermüdet von dem Schauspiel um ihn und unwillig über
die Ruhmredigkeit der Ritter, ermahnt er sie, ihren Muth und ihre Kühnheit
für den Kampf selbst aufzusparen.

"Hier", sagt er, "vor den schönen Frauen, denen wir gefallen wollen, sind
sie wohlfeil genug. Ich glaube gern, daß es unter euch der Olivier und
Roland manche giebt. Aber bedenkt, daß auch diese Herren einst besiegt worden
sind. Erwarten wir, ob sich das schöne Schauspiel eures Muthes hier, wo
ihr keinen Feind vor euch habt, einst erneuern wird vor dem Feinde selbst.


Robert rief darauf den Grafen Derby zur Nachfolge auf. Dieser sprach:

„Wenn mein König uns aus den Boden Frankreichs führt, so werde ich
dort den gefürchteten Grafen Louis von Flandern suchen, ihn, den das Volk
des Usurpators Philipp so nennt; ich will ihn überall suchen und ihm im
Kampfe persönlich gegenübertreten; bezwinge ich ihn nicht, so will ich wenigstens
vor seinen Augen sein Land verwüsten."

Ihm zunächst schwört sodann der Graf von Suffolk. daß er in Frankreich
den treuesten Genossen Philipps, den alten König Johann von Böhmen aufsuchen
wolle, um ihn mit Lanze und Schwert zu bekämpfen und sein Roß als Sieges«
heute heimzuführen.

Darob erhob sich Jean de Beaumont; denn der König Johann von Böhmen
war ihm nahe verwandt, und er rief erzürnt: „Ich liebe ihn. diesen König,
und werde ihn nie verlassen. Suffolk, wenn ihr auf euren Entschluß nicht
verzichtet, so trete ich euch gegenüber und werde euch selbst zum Gefangenen
machen. Das steht fest bei mir; seid dessen eingedenk."

Suffolk entgegnete begütigend:

„Erwarten wir das Loos des Krieges, der uns die Wege der Ehre und
des Muthes eröffnet. Jeder möge dann vollbringen, was ihm der Ruhm und
die Liebe der Frauen zu vollbringen heißt. Die Begegnung der Helden wird
eine heiße sein, aber der Erfolg und der Sieg steht bei Gott."

Robert ließ Heller das Lied seiner Minstrels ertönen, und die Damen er¬
hoben sich, den Muth der Ritter anzufeuern.

Robert trat vor den unerschrockenen Fauquemont und rief auch ihn zum
Gelübde neuer Thaten auf. Dieser tritt vor, und seine Stirn wird höher vor
der feierlichen Versammlung.

„Was soll ich geloben", rief er bewegt, „der ich auf dieser Welt nichts be¬
sitze, als dieses Schwert, das mir bis zum Grabe folgen soll. Aber um euch,
mein König, meine Treue zu beweisen, schwöre ich. daß. wenn ihr über das
Meer nach Frankreich ziehet, ich stets der erste vor allen am Feinde, der erste
im Sturm und in der Schlacht sein und die zerrissenen Fahnen und die blutigen
Wasserndes Feindes sicher in euren Palast bringen will."

Aller Augen wenden sich nun nach jenem Jean de Beaumont. berühmt
durch seine Thaten. Ermüdet von dem Schauspiel um ihn und unwillig über
die Ruhmredigkeit der Ritter, ermahnt er sie, ihren Muth und ihre Kühnheit
für den Kampf selbst aufzusparen.

„Hier", sagt er, „vor den schönen Frauen, denen wir gefallen wollen, sind
sie wohlfeil genug. Ich glaube gern, daß es unter euch der Olivier und
Roland manche giebt. Aber bedenkt, daß auch diese Herren einst besiegt worden
sind. Erwarten wir, ob sich das schöne Schauspiel eures Muthes hier, wo
ihr keinen Feind vor euch habt, einst erneuern wird vor dem Feinde selbst.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/72>, abgerufen am 29.06.2024.