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Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

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der Billigkeit, dieser Verstand. Geist, Rath und Willen des Staates ist in den
Gesetzen niedergelegt. Auf daß aus dieser Uebungsschule die Ordner der öffent¬
lichen Angelegenheiten und die Vertheidiger der Gerechtigkeit hervorgehen, hat
der durchlauchtigste Fürst festgesetzt und verordnet, daß in einem Quadriennium
die vollständige Kunde des Rechts auf folgende Weise vorgetragen werde:

Vormittägliche Vorlesungen.

Vormittags nach der Frühmesse wird gelesen über das erste und zweite
Buch der Decretalien (Theil des Corpus juris canonici).

Im erste" Jahre die Titel von den canonischen Satzungen, von den ca°
römischen Entscheidungen, vom Gewohnheitsrecht, vom Amt des Auftragsrichters,
vom Amt des ordentlichen Richters.

Im zweiten Jahr über Rang und Botmäßigkeit (bei der canonischen Ge¬
richtsbarkeit), über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Gerichtspflege,
Gerichtszuständigkeit, Klage und Widerklage, Verfahren bei unterlassener Streit¬
verkündigung.

Im dritten über den Rechtsgrund des Besitzes und Eigenthums, Wieder¬
einsetzung bei gewaltsamen Besitzverlust, Arglist und Ungehorsam, Beweis¬
führung, Zeugen, Glaubwürdigkeit der Urkunden.

Im vierten über Eid, Einreden. Verjährungen, Urtheil, Rechtskraft und
Appellationen in Capiteln, in welchen der Palermitancr*) diese Fragen aus¬
führlich behandelt und die Regeln und allgemeinen Gesetze mittheilt.

Im Sommer in der siebenten, im Winter in der achten Stunde wird eine
Vormittagsvoriesung im Civilrecht stattfinden.

. Im ersten Jahre über den ersten Theil der Pandecten: Umfang der Auf¬
tragsgerichtsbarkeit, Gerichtsbarkeit aller Richter, über den Titel czuocl czuisquö
Mils irr alterum statuerit, ut ixse Loclöin M-e uwwr, über den Titel vom
Ungehorsam bei geleisteter Caution für, das Erscheinen an Gerichtsstelle. über
den Ungehorsam gegen den rechtsprechenden Magistrat, über die Frage, wer
Bürgschaft zu leisten verpflichtet ist.

Im zweiten Jahre über den dritten Theil des justinianischen Gesetzbuchs:
über die Pflicht zur Herausgabe, die Aufforderung, zum Gericht zu folgen,
Verträge, Vergleiche, Stellvertreter, Gerichtsbarkeit.

Im dritten über den ersten Theil des Digestum novum (d. h. des dritten
Abschnitts der Pandecten, nach einer in den Glossatorenhandschnften beliebten
Eintheilung), über die Abmahnung von einer für ein Grundstück nachtheiligen
Veränderung, über das Verfahren in Betreff eines für ein Grundstück zu



") Nicolaus de Tudeschis, Erzbischof von Palermo, Verfasser eines Commentars über
die Decretalien.

der Billigkeit, dieser Verstand. Geist, Rath und Willen des Staates ist in den
Gesetzen niedergelegt. Auf daß aus dieser Uebungsschule die Ordner der öffent¬
lichen Angelegenheiten und die Vertheidiger der Gerechtigkeit hervorgehen, hat
der durchlauchtigste Fürst festgesetzt und verordnet, daß in einem Quadriennium
die vollständige Kunde des Rechts auf folgende Weise vorgetragen werde:

Vormittägliche Vorlesungen.

Vormittags nach der Frühmesse wird gelesen über das erste und zweite
Buch der Decretalien (Theil des Corpus juris canonici).

Im erste» Jahre die Titel von den canonischen Satzungen, von den ca°
römischen Entscheidungen, vom Gewohnheitsrecht, vom Amt des Auftragsrichters,
vom Amt des ordentlichen Richters.

Im zweiten Jahr über Rang und Botmäßigkeit (bei der canonischen Ge¬
richtsbarkeit), über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Gerichtspflege,
Gerichtszuständigkeit, Klage und Widerklage, Verfahren bei unterlassener Streit¬
verkündigung.

Im dritten über den Rechtsgrund des Besitzes und Eigenthums, Wieder¬
einsetzung bei gewaltsamen Besitzverlust, Arglist und Ungehorsam, Beweis¬
führung, Zeugen, Glaubwürdigkeit der Urkunden.

Im vierten über Eid, Einreden. Verjährungen, Urtheil, Rechtskraft und
Appellationen in Capiteln, in welchen der Palermitancr*) diese Fragen aus¬
führlich behandelt und die Regeln und allgemeinen Gesetze mittheilt.

Im Sommer in der siebenten, im Winter in der achten Stunde wird eine
Vormittagsvoriesung im Civilrecht stattfinden.

. Im ersten Jahre über den ersten Theil der Pandecten: Umfang der Auf¬
tragsgerichtsbarkeit, Gerichtsbarkeit aller Richter, über den Titel czuocl czuisquö
Mils irr alterum statuerit, ut ixse Loclöin M-e uwwr, über den Titel vom
Ungehorsam bei geleisteter Caution für, das Erscheinen an Gerichtsstelle. über
den Ungehorsam gegen den rechtsprechenden Magistrat, über die Frage, wer
Bürgschaft zu leisten verpflichtet ist.

Im zweiten Jahre über den dritten Theil des justinianischen Gesetzbuchs:
über die Pflicht zur Herausgabe, die Aufforderung, zum Gericht zu folgen,
Verträge, Vergleiche, Stellvertreter, Gerichtsbarkeit.

Im dritten über den ersten Theil des Digestum novum (d. h. des dritten
Abschnitts der Pandecten, nach einer in den Glossatorenhandschnften beliebten
Eintheilung), über die Abmahnung von einer für ein Grundstück nachtheiligen
Veränderung, über das Verfahren in Betreff eines für ein Grundstück zu



") Nicolaus de Tudeschis, Erzbischof von Palermo, Verfasser eines Commentars über
die Decretalien.
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[0525] der Billigkeit, dieser Verstand. Geist, Rath und Willen des Staates ist in den Gesetzen niedergelegt. Auf daß aus dieser Uebungsschule die Ordner der öffent¬ lichen Angelegenheiten und die Vertheidiger der Gerechtigkeit hervorgehen, hat der durchlauchtigste Fürst festgesetzt und verordnet, daß in einem Quadriennium die vollständige Kunde des Rechts auf folgende Weise vorgetragen werde: Vormittägliche Vorlesungen. Vormittags nach der Frühmesse wird gelesen über das erste und zweite Buch der Decretalien (Theil des Corpus juris canonici). Im erste» Jahre die Titel von den canonischen Satzungen, von den ca° römischen Entscheidungen, vom Gewohnheitsrecht, vom Amt des Auftragsrichters, vom Amt des ordentlichen Richters. Im zweiten Jahr über Rang und Botmäßigkeit (bei der canonischen Ge¬ richtsbarkeit), über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, Gerichtspflege, Gerichtszuständigkeit, Klage und Widerklage, Verfahren bei unterlassener Streit¬ verkündigung. Im dritten über den Rechtsgrund des Besitzes und Eigenthums, Wieder¬ einsetzung bei gewaltsamen Besitzverlust, Arglist und Ungehorsam, Beweis¬ führung, Zeugen, Glaubwürdigkeit der Urkunden. Im vierten über Eid, Einreden. Verjährungen, Urtheil, Rechtskraft und Appellationen in Capiteln, in welchen der Palermitancr*) diese Fragen aus¬ führlich behandelt und die Regeln und allgemeinen Gesetze mittheilt. Im Sommer in der siebenten, im Winter in der achten Stunde wird eine Vormittagsvoriesung im Civilrecht stattfinden. . Im ersten Jahre über den ersten Theil der Pandecten: Umfang der Auf¬ tragsgerichtsbarkeit, Gerichtsbarkeit aller Richter, über den Titel czuocl czuisquö Mils irr alterum statuerit, ut ixse Loclöin M-e uwwr, über den Titel vom Ungehorsam bei geleisteter Caution für, das Erscheinen an Gerichtsstelle. über den Ungehorsam gegen den rechtsprechenden Magistrat, über die Frage, wer Bürgschaft zu leisten verpflichtet ist. Im zweiten Jahre über den dritten Theil des justinianischen Gesetzbuchs: über die Pflicht zur Herausgabe, die Aufforderung, zum Gericht zu folgen, Verträge, Vergleiche, Stellvertreter, Gerichtsbarkeit. Im dritten über den ersten Theil des Digestum novum (d. h. des dritten Abschnitts der Pandecten, nach einer in den Glossatorenhandschnften beliebten Eintheilung), über die Abmahnung von einer für ein Grundstück nachtheiligen Veränderung, über das Verfahren in Betreff eines für ein Grundstück zu ") Nicolaus de Tudeschis, Erzbischof von Palermo, Verfasser eines Commentars über die Decretalien.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/525>, abgerufen am 01.07.2024.