Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

schätzt") und diese Zahl beläuft sich ohne Zweifel jetzt weit höher; das ist allein
ein Erfolg, der in jenen tiefgesunkenen Ländern ganz außerordentlich hoch an¬
zuschlagen ist. Die Dorfschulen verbreiten neben den religiösen Lehren eine
Menge nützlicher Realkenntnisse, und in den Seminarien wird selbst Altsyrisch,
Englisch und Hebräisch gelehrt. Die persische Sprache, die officielle Reichs¬
sprache, welche übrigens nicht die Sprache der dortigen Muslims ist, die viel¬
mehr das auch den meisten Nestorianern ganz geläufige Türkisch reden, wird
zwar nicht gelehrt, aber ihr Studium wird doch von den Missionären schon
aus praktischen Gründen sehr empfohlen. Wir haben in der Zeitschrift einige
interessante Berichte über große Prüfungen in den Hauptschüler, welche ganz
mit dem Pomp gefeiert werden, der in civilisirten Ländern Sitte ist. Ein
Theil der von den Leitern und Schülern bei solchen Gelegenheiten gehaltenen
Reden wird uns wörtlich wiedergegeben.

Allerdings sind auch nach diesen Berichten die dortigen Schulen weit da¬
von entfernt, ideal zu sein. Die Zeitschrift hat immer wieder gegen die Hinder¬
nisse aufzutreten, welche sich der Entwicklung in den Weg legen. Da ist die
Saumseligkeit von Lehrern und Schülern zu rügen, da muß die Indolenz der
Eltern gebrochen werden, welche meinen, durch den Unterricht würden die
Jungen nur faul und die Mädchen gar zu aller häuslichen Arbeit ungeschickt.
Des Contrastes wegen werden dann die Schulen gebildeter Länder geschildert.
Ein Abschnitt stellt den grellen Contrast des hoch entwickelten Schulwesens der
Bereinigten Staaten und des noch immer kümmerlichen in der Ebne von Arenia
dar. In einem andern werden die Schulen Deutschlands gepriesen. Wir
wollen den Artikel zur Probe in wörtlicher Uebersetzung hier wiedergeben.

"Die Deutschen"*) sind ein großes und gesegnetes Volk. Ihre Anzahl be¬
läuft sich auf ungefähr vierzig Millionen Seelen. Sie verwenden viel Sorge
auf den Unterricht ihrer Nation. Sie haben nicht blos mehr Gelehrte als
alle übrigen Völker der Welt, sondern geben sich auch Mühe, die Segnungen
des Unterrichts zu allen Classen des Volks gelangen zu lassen."

"Nach dem Gesetze muß jeder Knabe lesen lernen; wo nicht, werden seine
Eltern in Strafe genommen. Es giebt in Deutschland (Lämsistan) gute Schulen,
welche von der Regierung für alle eingerichtet sind, wenn auch viele Lehrer
nur eine kärgliche Besoldung erhalten. Mit sehr geringer Ausnahme sind die
Eltern gern bereit, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und deshalb könnte
man in dem Lande nur mit vieler Mühe einen Mann oder eine Frau finden,




") Vor der Ankunft der Amerikaner gab es nach des Missionärs Stoddard Anschlag auf
der Ebene fünfzig des Lesens Kundige, von denen etwa zehn etwa" von dem Gelesenen ver¬
standen. Hier handelt es sich natürlich nur um die Literatursprache, da in der Volkssprache
ja damals noch nichts geschrieben wurde.
I^msHs von IiKmss,, dem türkischen AemtseKe-, dem slavischen IHsmce.

schätzt") und diese Zahl beläuft sich ohne Zweifel jetzt weit höher; das ist allein
ein Erfolg, der in jenen tiefgesunkenen Ländern ganz außerordentlich hoch an¬
zuschlagen ist. Die Dorfschulen verbreiten neben den religiösen Lehren eine
Menge nützlicher Realkenntnisse, und in den Seminarien wird selbst Altsyrisch,
Englisch und Hebräisch gelehrt. Die persische Sprache, die officielle Reichs¬
sprache, welche übrigens nicht die Sprache der dortigen Muslims ist, die viel¬
mehr das auch den meisten Nestorianern ganz geläufige Türkisch reden, wird
zwar nicht gelehrt, aber ihr Studium wird doch von den Missionären schon
aus praktischen Gründen sehr empfohlen. Wir haben in der Zeitschrift einige
interessante Berichte über große Prüfungen in den Hauptschüler, welche ganz
mit dem Pomp gefeiert werden, der in civilisirten Ländern Sitte ist. Ein
Theil der von den Leitern und Schülern bei solchen Gelegenheiten gehaltenen
Reden wird uns wörtlich wiedergegeben.

Allerdings sind auch nach diesen Berichten die dortigen Schulen weit da¬
von entfernt, ideal zu sein. Die Zeitschrift hat immer wieder gegen die Hinder¬
nisse aufzutreten, welche sich der Entwicklung in den Weg legen. Da ist die
Saumseligkeit von Lehrern und Schülern zu rügen, da muß die Indolenz der
Eltern gebrochen werden, welche meinen, durch den Unterricht würden die
Jungen nur faul und die Mädchen gar zu aller häuslichen Arbeit ungeschickt.
Des Contrastes wegen werden dann die Schulen gebildeter Länder geschildert.
Ein Abschnitt stellt den grellen Contrast des hoch entwickelten Schulwesens der
Bereinigten Staaten und des noch immer kümmerlichen in der Ebne von Arenia
dar. In einem andern werden die Schulen Deutschlands gepriesen. Wir
wollen den Artikel zur Probe in wörtlicher Uebersetzung hier wiedergeben.

„Die Deutschen"*) sind ein großes und gesegnetes Volk. Ihre Anzahl be¬
läuft sich auf ungefähr vierzig Millionen Seelen. Sie verwenden viel Sorge
auf den Unterricht ihrer Nation. Sie haben nicht blos mehr Gelehrte als
alle übrigen Völker der Welt, sondern geben sich auch Mühe, die Segnungen
des Unterrichts zu allen Classen des Volks gelangen zu lassen."

„Nach dem Gesetze muß jeder Knabe lesen lernen; wo nicht, werden seine
Eltern in Strafe genommen. Es giebt in Deutschland (Lämsistan) gute Schulen,
welche von der Regierung für alle eingerichtet sind, wenn auch viele Lehrer
nur eine kärgliche Besoldung erhalten. Mit sehr geringer Ausnahme sind die
Eltern gern bereit, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und deshalb könnte
man in dem Lande nur mit vieler Mühe einen Mann oder eine Frau finden,




") Vor der Ankunft der Amerikaner gab es nach des Missionärs Stoddard Anschlag auf
der Ebene fünfzig des Lesens Kundige, von denen etwa zehn etwa» von dem Gelesenen ver¬
standen. Hier handelt es sich natürlich nur um die Literatursprache, da in der Volkssprache
ja damals noch nichts geschrieben wurde.
I^msHs von IiKmss,, dem türkischen AemtseKe-, dem slavischen IHsmce.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0498" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284968"/>
          <p xml:id="ID_1608" prev="#ID_1607"> schätzt") und diese Zahl beläuft sich ohne Zweifel jetzt weit höher; das ist allein<lb/>
ein Erfolg, der in jenen tiefgesunkenen Ländern ganz außerordentlich hoch an¬<lb/>
zuschlagen ist. Die Dorfschulen verbreiten neben den religiösen Lehren eine<lb/>
Menge nützlicher Realkenntnisse, und in den Seminarien wird selbst Altsyrisch,<lb/>
Englisch und Hebräisch gelehrt. Die persische Sprache, die officielle Reichs¬<lb/>
sprache, welche übrigens nicht die Sprache der dortigen Muslims ist, die viel¬<lb/>
mehr das auch den meisten Nestorianern ganz geläufige Türkisch reden, wird<lb/>
zwar nicht gelehrt, aber ihr Studium wird doch von den Missionären schon<lb/>
aus praktischen Gründen sehr empfohlen. Wir haben in der Zeitschrift einige<lb/>
interessante Berichte über große Prüfungen in den Hauptschüler, welche ganz<lb/>
mit dem Pomp gefeiert werden, der in civilisirten Ländern Sitte ist. Ein<lb/>
Theil der von den Leitern und Schülern bei solchen Gelegenheiten gehaltenen<lb/>
Reden wird uns wörtlich wiedergegeben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1609"> Allerdings sind auch nach diesen Berichten die dortigen Schulen weit da¬<lb/>
von entfernt, ideal zu sein. Die Zeitschrift hat immer wieder gegen die Hinder¬<lb/>
nisse aufzutreten, welche sich der Entwicklung in den Weg legen. Da ist die<lb/>
Saumseligkeit von Lehrern und Schülern zu rügen, da muß die Indolenz der<lb/>
Eltern gebrochen werden, welche meinen, durch den Unterricht würden die<lb/>
Jungen nur faul und die Mädchen gar zu aller häuslichen Arbeit ungeschickt.<lb/>
Des Contrastes wegen werden dann die Schulen gebildeter Länder geschildert.<lb/>
Ein Abschnitt stellt den grellen Contrast des hoch entwickelten Schulwesens der<lb/>
Bereinigten Staaten und des noch immer kümmerlichen in der Ebne von Arenia<lb/>
dar. In einem andern werden die Schulen Deutschlands gepriesen. Wir<lb/>
wollen den Artikel zur Probe in wörtlicher Uebersetzung hier wiedergeben.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1610"> &#x201E;Die Deutschen"*) sind ein großes und gesegnetes Volk. Ihre Anzahl be¬<lb/>
läuft sich auf ungefähr vierzig Millionen Seelen. Sie verwenden viel Sorge<lb/>
auf den Unterricht ihrer Nation. Sie haben nicht blos mehr Gelehrte als<lb/>
alle übrigen Völker der Welt, sondern geben sich auch Mühe, die Segnungen<lb/>
des Unterrichts zu allen Classen des Volks gelangen zu lassen."</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1611" next="#ID_1612"> &#x201E;Nach dem Gesetze muß jeder Knabe lesen lernen; wo nicht, werden seine<lb/>
Eltern in Strafe genommen. Es giebt in Deutschland (Lämsistan) gute Schulen,<lb/>
welche von der Regierung für alle eingerichtet sind, wenn auch viele Lehrer<lb/>
nur eine kärgliche Besoldung erhalten. Mit sehr geringer Ausnahme sind die<lb/>
Eltern gern bereit, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und deshalb könnte<lb/>
man in dem Lande nur mit vieler Mühe einen Mann oder eine Frau finden,</p><lb/>
          <note xml:id="FID_51" place="foot"> ") Vor der Ankunft der Amerikaner gab es nach des Missionärs Stoddard Anschlag auf<lb/>
der Ebene fünfzig des Lesens Kundige, von denen etwa zehn etwa» von dem Gelesenen ver¬<lb/>
standen. Hier handelt es sich natürlich nur um die Literatursprache, da in der Volkssprache<lb/>
ja damals noch nichts geschrieben wurde.</note><lb/>
          <note xml:id="FID_52" place="foot"> I^msHs von IiKmss,, dem türkischen AemtseKe-, dem slavischen IHsmce.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0498] schätzt") und diese Zahl beläuft sich ohne Zweifel jetzt weit höher; das ist allein ein Erfolg, der in jenen tiefgesunkenen Ländern ganz außerordentlich hoch an¬ zuschlagen ist. Die Dorfschulen verbreiten neben den religiösen Lehren eine Menge nützlicher Realkenntnisse, und in den Seminarien wird selbst Altsyrisch, Englisch und Hebräisch gelehrt. Die persische Sprache, die officielle Reichs¬ sprache, welche übrigens nicht die Sprache der dortigen Muslims ist, die viel¬ mehr das auch den meisten Nestorianern ganz geläufige Türkisch reden, wird zwar nicht gelehrt, aber ihr Studium wird doch von den Missionären schon aus praktischen Gründen sehr empfohlen. Wir haben in der Zeitschrift einige interessante Berichte über große Prüfungen in den Hauptschüler, welche ganz mit dem Pomp gefeiert werden, der in civilisirten Ländern Sitte ist. Ein Theil der von den Leitern und Schülern bei solchen Gelegenheiten gehaltenen Reden wird uns wörtlich wiedergegeben. Allerdings sind auch nach diesen Berichten die dortigen Schulen weit da¬ von entfernt, ideal zu sein. Die Zeitschrift hat immer wieder gegen die Hinder¬ nisse aufzutreten, welche sich der Entwicklung in den Weg legen. Da ist die Saumseligkeit von Lehrern und Schülern zu rügen, da muß die Indolenz der Eltern gebrochen werden, welche meinen, durch den Unterricht würden die Jungen nur faul und die Mädchen gar zu aller häuslichen Arbeit ungeschickt. Des Contrastes wegen werden dann die Schulen gebildeter Länder geschildert. Ein Abschnitt stellt den grellen Contrast des hoch entwickelten Schulwesens der Bereinigten Staaten und des noch immer kümmerlichen in der Ebne von Arenia dar. In einem andern werden die Schulen Deutschlands gepriesen. Wir wollen den Artikel zur Probe in wörtlicher Uebersetzung hier wiedergeben. „Die Deutschen"*) sind ein großes und gesegnetes Volk. Ihre Anzahl be¬ läuft sich auf ungefähr vierzig Millionen Seelen. Sie verwenden viel Sorge auf den Unterricht ihrer Nation. Sie haben nicht blos mehr Gelehrte als alle übrigen Völker der Welt, sondern geben sich auch Mühe, die Segnungen des Unterrichts zu allen Classen des Volks gelangen zu lassen." „Nach dem Gesetze muß jeder Knabe lesen lernen; wo nicht, werden seine Eltern in Strafe genommen. Es giebt in Deutschland (Lämsistan) gute Schulen, welche von der Regierung für alle eingerichtet sind, wenn auch viele Lehrer nur eine kärgliche Besoldung erhalten. Mit sehr geringer Ausnahme sind die Eltern gern bereit, ihre Kinder in die Schule zu schicken, und deshalb könnte man in dem Lande nur mit vieler Mühe einen Mann oder eine Frau finden, ") Vor der Ankunft der Amerikaner gab es nach des Missionärs Stoddard Anschlag auf der Ebene fünfzig des Lesens Kundige, von denen etwa zehn etwa» von dem Gelesenen ver¬ standen. Hier handelt es sich natürlich nur um die Literatursprache, da in der Volkssprache ja damals noch nichts geschrieben wurde. I^msHs von IiKmss,, dem türkischen AemtseKe-, dem slavischen IHsmce.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/498
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/498>, abgerufen am 01.07.2024.