Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.den Dönhofplatz, der eben, wie so vieles, Entwurf geblieben ist. Nicht über¬ Die bläsersche Gruppe ist bekanntlich fast die effectvollste unter allen, von Grenzboten I. 1866. 43
den Dönhofplatz, der eben, wie so vieles, Entwurf geblieben ist. Nicht über¬ Die bläsersche Gruppe ist bekanntlich fast die effectvollste unter allen, von Grenzboten I. 1866. 43
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284845"/> <p xml:id="ID_1238" prev="#ID_1237"> den Dönhofplatz, der eben, wie so vieles, Entwurf geblieben ist. Nicht über¬<lb/> gangen darf die früher schon modellirte, zu demselben Schicksal verdammte,<lb/> Prächtige Skizze eines Beethovendenkmals werden, welches den Gewaltigen in<lb/> idealer Tracht, die Leier und die Rolle, auf der man die ersten Takte der v mvll-<lb/> Symphonie liest, in den Händen, darstellt. Etwas überschwenglich, über die<lb/> reale Wahrheit der Erscheinung des Meisters hinausgehend, wie diese Gestalt<lb/> ist, giebt sie doch die meist charakteristische Seite seines Wesens besser, zwingender<lb/> und ergreifender, wie irgendeine der uns bekannten. — Die Aufgabe, eine<lb/> der acht Schloßbrückengruppen zu bilden, trat in den letzten vierziger Jahren<lb/> auch an Bläser heran. Der ihm gebotene besondere Gegenstand entsprach seiner<lb/> Sinnesart und Richtung, wie es kein andrer gekonnt hätte. Pallas führt den<lb/> jungen Krieger, ihn schützend, in den Kampf.</p><lb/> <p xml:id="ID_1239" next="#ID_1240"> Die bläsersche Gruppe ist bekanntlich fast die effectvollste unter allen, von<lb/> der einheitlichsten, „schlagendsten" Wirkung. Es ist Sturm, Zug und Feuer<lb/> der Bewegung darin, ein kühner glücklicher Wurf, der die erste Anlage aus¬<lb/> zeichnete, ist festgehalten bis zur letzten Durchführung im Marmor, und das<lb/> ist bekanntlich eine der seltensten Fähigkeiten der Bildhauer und Eigenschaften<lb/> ihrer Werke. Fast gleichzeitig mit der Marmorarbcit an dieser Gruppe sah<lb/> sich Bläser mit einer sehr abliegenden Aufgabe betraut. Die Magdeburger<lb/> Bürgerschaft wollte ihres verstorbenen Bürgermeisters Franke Verdienste um<lb/> die Vaterstadt durch ein Broncedenkmal ehren; er wurde ausersehn das Modell<lb/> zu demselben herzustellen. Die Gestalt ist. wie es nicht anders sein konnte<lb/> und dürfte, durchaus realistisch aufgefaßt und gegeben. Selbst der Mantel ist<lb/> es, der die bürgerlich gekleidete drapirt, welche dasteht, als ob das Original<lb/> irgendeine kluge entscheidende Ansprache an den Magistrat seines Gemein¬<lb/> wesens halte. Dies vortreffliche Modell wurde 1853 vollendet. Eine höchst<lb/> schwierige monumentale Aufgabe schloß sich ihm unmittelbar an. Für die Thore,<lb/> welche zu dem Wunderwerk der modernen Bautechnik, der dirschauer Eisenbahn-<lb/> brücke führen, sollten zwei kolossale Reliefs und je zwei ebenso kolossale<lb/> Zwickelfiguren zwischen den Thorbogen und Seitenkanten modellirt werden; für<lb/> den Thorthurm der marienburger Seite mittelalterlich preußischer, für den der<lb/> dirschauer moderner gegenwärtiger Geschichte des Staats entlehnt, beides in<lb/> Bezug auf den Fluß, den Bau und auf Land und Provinz Preußen. Schievel-<lb/> bein. von dem wir zunächst ausführlicher zu erzählen haben werden, fiel die<lb/> erstere Parthie des Ganzen. Bläser die letztere zu. Es war für einen Bild¬<lb/> hauer ein schlimmer Gegenstand: König Friedrich Wilhelm der Vierte nimmt<lb/> Von den mit des riesigen Baues Ausführung Betrauten, den Ministern, Ge¬<lb/> heimen Räthen und Baumeistern, die Einladung zum Betreten des vollendeten<lb/> Werkes an und wird gleichzeitig von den Vertretern der Provinzialbevölkerung,<lb/> welche dieser Bau nun direct mit dem Herzen des Staates verbindet, bewill-</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 1866. 43</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
den Dönhofplatz, der eben, wie so vieles, Entwurf geblieben ist. Nicht über¬
gangen darf die früher schon modellirte, zu demselben Schicksal verdammte,
Prächtige Skizze eines Beethovendenkmals werden, welches den Gewaltigen in
idealer Tracht, die Leier und die Rolle, auf der man die ersten Takte der v mvll-
Symphonie liest, in den Händen, darstellt. Etwas überschwenglich, über die
reale Wahrheit der Erscheinung des Meisters hinausgehend, wie diese Gestalt
ist, giebt sie doch die meist charakteristische Seite seines Wesens besser, zwingender
und ergreifender, wie irgendeine der uns bekannten. — Die Aufgabe, eine
der acht Schloßbrückengruppen zu bilden, trat in den letzten vierziger Jahren
auch an Bläser heran. Der ihm gebotene besondere Gegenstand entsprach seiner
Sinnesart und Richtung, wie es kein andrer gekonnt hätte. Pallas führt den
jungen Krieger, ihn schützend, in den Kampf.
Die bläsersche Gruppe ist bekanntlich fast die effectvollste unter allen, von
der einheitlichsten, „schlagendsten" Wirkung. Es ist Sturm, Zug und Feuer
der Bewegung darin, ein kühner glücklicher Wurf, der die erste Anlage aus¬
zeichnete, ist festgehalten bis zur letzten Durchführung im Marmor, und das
ist bekanntlich eine der seltensten Fähigkeiten der Bildhauer und Eigenschaften
ihrer Werke. Fast gleichzeitig mit der Marmorarbcit an dieser Gruppe sah
sich Bläser mit einer sehr abliegenden Aufgabe betraut. Die Magdeburger
Bürgerschaft wollte ihres verstorbenen Bürgermeisters Franke Verdienste um
die Vaterstadt durch ein Broncedenkmal ehren; er wurde ausersehn das Modell
zu demselben herzustellen. Die Gestalt ist. wie es nicht anders sein konnte
und dürfte, durchaus realistisch aufgefaßt und gegeben. Selbst der Mantel ist
es, der die bürgerlich gekleidete drapirt, welche dasteht, als ob das Original
irgendeine kluge entscheidende Ansprache an den Magistrat seines Gemein¬
wesens halte. Dies vortreffliche Modell wurde 1853 vollendet. Eine höchst
schwierige monumentale Aufgabe schloß sich ihm unmittelbar an. Für die Thore,
welche zu dem Wunderwerk der modernen Bautechnik, der dirschauer Eisenbahn-
brücke führen, sollten zwei kolossale Reliefs und je zwei ebenso kolossale
Zwickelfiguren zwischen den Thorbogen und Seitenkanten modellirt werden; für
den Thorthurm der marienburger Seite mittelalterlich preußischer, für den der
dirschauer moderner gegenwärtiger Geschichte des Staats entlehnt, beides in
Bezug auf den Fluß, den Bau und auf Land und Provinz Preußen. Schievel-
bein. von dem wir zunächst ausführlicher zu erzählen haben werden, fiel die
erstere Parthie des Ganzen. Bläser die letztere zu. Es war für einen Bild¬
hauer ein schlimmer Gegenstand: König Friedrich Wilhelm der Vierte nimmt
Von den mit des riesigen Baues Ausführung Betrauten, den Ministern, Ge¬
heimen Räthen und Baumeistern, die Einladung zum Betreten des vollendeten
Werkes an und wird gleichzeitig von den Vertretern der Provinzialbevölkerung,
welche dieser Bau nun direct mit dem Herzen des Staates verbindet, bewill-
Grenzboten I. 1866. 43
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |