Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band.

Bild:
<< vorherige Seite

Nicht freilich einer Reise nach Griechenland selbst -- wo damals die Ver¬
folgung wissenschaftlicher Zwecke den äußersten Schwierigkeiten unterworfen
gewesen sein würde -- sollte dasselbe dienen; die Bestimmung beschränkte sich
auf eine Reise nach den Hauptorten deutscher Wissenschaft. Natürlich indeß
hatte auch eine solche Reise damals ganz Anderes zu bedeuten als heutzutage;
die persönlichen Verbindungen, die man auf derselben gewann, wurden um so
viel höher angeschlagen, je entfernter man von der Leichtigkeit war, mit welcher
jetzt die Vertreter einer Lebensrichtung aus den verschiedensten Gegenden mit¬
einander in Zusammenhang treten. Auch wirkten die Eindrücke, die Wachsmuth
aus dieser Reise empfangen, mit manchen, ihm in Kiel entstehenden Unannehm¬
lichkeiten zusammen, ihn eine Versetzung von den Grenzmarken deutschen Lebens
nach der Mitte desselben wünschen zu lassen. Ein aus Leipzig kommender Ruf
zog ihn, im Jahre 1825. nach dem Orte, der ihm hinfort dauernden Aufenthalt
und reiche Wirksamkeit zu bieten bestimmt war.

Der Erfolg seiner Vorlesungen, die Anerkennung, welche seine nun er¬
scheinenden hellenischen Alterthümer fanden, und angenehme gesellige Verhältnisse
vereinigten sich, ihm besonders den Anfang seines leipziger Lebens zu schmücken;
dazu entfaltete sich immer schöner das reiche Glück, das er im Kreise seiner
Familie fand; und zum rechten Genuß alles sich ihm darbietenden Guten, so¬
wie zu rüstiger Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Thätigkeit kam ihm trefflich
zu Statten seine kräftige Gesundheit, zu deren Aufrechthaltung namentlich aus¬
gedehnte Fußwanderungen -- einige Alpenreisen und häufige Brockenscchrten --
ihre Dienste leisteten. In seltener Weise ist ihm denn diese Rüstigkeit auch
treu geblieben bis in späte Jahre. Die Zahl seiner älteren Freunde sah er
mehr und mehr sich lichten; noch ungleich härter berührten ihn die vielen und
schweren Verluste, die ihn während der letzten Jahrzehnte in seiner Familie
betrafen; die Elasticität seiner Natur aber bewahrte ihm bis ins hohe Alter
nicht blos eine staunenswerthe Arbeitskraft, sondern auch lebendige Empfäng¬
lichkeit für neu sich anknüpfende Verbindungen und volle Freude an dem Glück,
wie es sich ihm in den zwei ihm gebliebenen Kindern*) und den um diese sich
bildenden Familienkreisen darbot. An die Stelle der Fußwanderungen traten
nach und nach Reisen von minder angreifender Natur, namentlich auch fleißige
Besuche der Jahresversammlungen der Historiker, Alterthumsforscher, Philologen,
an deren Verhandlungen wie an den dort entstehenden persönlichen Bekannt¬
schaften mit Fachgenossen Wachsmuth fortwährend das lebhafteste Interesse fand.
Dabei fehlte es nicht an äußeren Ehren mannigfacher Art, an Orden und an
sonstigen Zeichen der Anerkennung; namentlich bei Gelegenheit mehrer Indi-



") Einer Tochter, verheirathet mit einem der ersten Aerzte Dresdens; und einem Sohne,
geachteten Advocaten und Director der Creditanstalt zu Leipzig.

Nicht freilich einer Reise nach Griechenland selbst — wo damals die Ver¬
folgung wissenschaftlicher Zwecke den äußersten Schwierigkeiten unterworfen
gewesen sein würde — sollte dasselbe dienen; die Bestimmung beschränkte sich
auf eine Reise nach den Hauptorten deutscher Wissenschaft. Natürlich indeß
hatte auch eine solche Reise damals ganz Anderes zu bedeuten als heutzutage;
die persönlichen Verbindungen, die man auf derselben gewann, wurden um so
viel höher angeschlagen, je entfernter man von der Leichtigkeit war, mit welcher
jetzt die Vertreter einer Lebensrichtung aus den verschiedensten Gegenden mit¬
einander in Zusammenhang treten. Auch wirkten die Eindrücke, die Wachsmuth
aus dieser Reise empfangen, mit manchen, ihm in Kiel entstehenden Unannehm¬
lichkeiten zusammen, ihn eine Versetzung von den Grenzmarken deutschen Lebens
nach der Mitte desselben wünschen zu lassen. Ein aus Leipzig kommender Ruf
zog ihn, im Jahre 1825. nach dem Orte, der ihm hinfort dauernden Aufenthalt
und reiche Wirksamkeit zu bieten bestimmt war.

Der Erfolg seiner Vorlesungen, die Anerkennung, welche seine nun er¬
scheinenden hellenischen Alterthümer fanden, und angenehme gesellige Verhältnisse
vereinigten sich, ihm besonders den Anfang seines leipziger Lebens zu schmücken;
dazu entfaltete sich immer schöner das reiche Glück, das er im Kreise seiner
Familie fand; und zum rechten Genuß alles sich ihm darbietenden Guten, so¬
wie zu rüstiger Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Thätigkeit kam ihm trefflich
zu Statten seine kräftige Gesundheit, zu deren Aufrechthaltung namentlich aus¬
gedehnte Fußwanderungen — einige Alpenreisen und häufige Brockenscchrten —
ihre Dienste leisteten. In seltener Weise ist ihm denn diese Rüstigkeit auch
treu geblieben bis in späte Jahre. Die Zahl seiner älteren Freunde sah er
mehr und mehr sich lichten; noch ungleich härter berührten ihn die vielen und
schweren Verluste, die ihn während der letzten Jahrzehnte in seiner Familie
betrafen; die Elasticität seiner Natur aber bewahrte ihm bis ins hohe Alter
nicht blos eine staunenswerthe Arbeitskraft, sondern auch lebendige Empfäng¬
lichkeit für neu sich anknüpfende Verbindungen und volle Freude an dem Glück,
wie es sich ihm in den zwei ihm gebliebenen Kindern*) und den um diese sich
bildenden Familienkreisen darbot. An die Stelle der Fußwanderungen traten
nach und nach Reisen von minder angreifender Natur, namentlich auch fleißige
Besuche der Jahresversammlungen der Historiker, Alterthumsforscher, Philologen,
an deren Verhandlungen wie an den dort entstehenden persönlichen Bekannt¬
schaften mit Fachgenossen Wachsmuth fortwährend das lebhafteste Interesse fand.
Dabei fehlte es nicht an äußeren Ehren mannigfacher Art, an Orden und an
sonstigen Zeichen der Anerkennung; namentlich bei Gelegenheit mehrer Indi-



") Einer Tochter, verheirathet mit einem der ersten Aerzte Dresdens; und einem Sohne,
geachteten Advocaten und Director der Creditanstalt zu Leipzig.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0362" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/284832"/>
          <p xml:id="ID_1211" prev="#ID_1210"> Nicht freilich einer Reise nach Griechenland selbst &#x2014; wo damals die Ver¬<lb/>
folgung wissenschaftlicher Zwecke den äußersten Schwierigkeiten unterworfen<lb/>
gewesen sein würde &#x2014; sollte dasselbe dienen; die Bestimmung beschränkte sich<lb/>
auf eine Reise nach den Hauptorten deutscher Wissenschaft. Natürlich indeß<lb/>
hatte auch eine solche Reise damals ganz Anderes zu bedeuten als heutzutage;<lb/>
die persönlichen Verbindungen, die man auf derselben gewann, wurden um so<lb/>
viel höher angeschlagen, je entfernter man von der Leichtigkeit war, mit welcher<lb/>
jetzt die Vertreter einer Lebensrichtung aus den verschiedensten Gegenden mit¬<lb/>
einander in Zusammenhang treten. Auch wirkten die Eindrücke, die Wachsmuth<lb/>
aus dieser Reise empfangen, mit manchen, ihm in Kiel entstehenden Unannehm¬<lb/>
lichkeiten zusammen, ihn eine Versetzung von den Grenzmarken deutschen Lebens<lb/>
nach der Mitte desselben wünschen zu lassen. Ein aus Leipzig kommender Ruf<lb/>
zog ihn, im Jahre 1825. nach dem Orte, der ihm hinfort dauernden Aufenthalt<lb/>
und reiche Wirksamkeit zu bieten bestimmt war.</p><lb/>
          <p xml:id="ID_1212" next="#ID_1213"> Der Erfolg seiner Vorlesungen, die Anerkennung, welche seine nun er¬<lb/>
scheinenden hellenischen Alterthümer fanden, und angenehme gesellige Verhältnisse<lb/>
vereinigten sich, ihm besonders den Anfang seines leipziger Lebens zu schmücken;<lb/>
dazu entfaltete sich immer schöner das reiche Glück, das er im Kreise seiner<lb/>
Familie fand; und zum rechten Genuß alles sich ihm darbietenden Guten, so¬<lb/>
wie zu rüstiger Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Thätigkeit kam ihm trefflich<lb/>
zu Statten seine kräftige Gesundheit, zu deren Aufrechthaltung namentlich aus¬<lb/>
gedehnte Fußwanderungen &#x2014; einige Alpenreisen und häufige Brockenscchrten &#x2014;<lb/>
ihre Dienste leisteten. In seltener Weise ist ihm denn diese Rüstigkeit auch<lb/>
treu geblieben bis in späte Jahre. Die Zahl seiner älteren Freunde sah er<lb/>
mehr und mehr sich lichten; noch ungleich härter berührten ihn die vielen und<lb/>
schweren Verluste, die ihn während der letzten Jahrzehnte in seiner Familie<lb/>
betrafen; die Elasticität seiner Natur aber bewahrte ihm bis ins hohe Alter<lb/>
nicht blos eine staunenswerthe Arbeitskraft, sondern auch lebendige Empfäng¬<lb/>
lichkeit für neu sich anknüpfende Verbindungen und volle Freude an dem Glück,<lb/>
wie es sich ihm in den zwei ihm gebliebenen Kindern*) und den um diese sich<lb/>
bildenden Familienkreisen darbot. An die Stelle der Fußwanderungen traten<lb/>
nach und nach Reisen von minder angreifender Natur, namentlich auch fleißige<lb/>
Besuche der Jahresversammlungen der Historiker, Alterthumsforscher, Philologen,<lb/>
an deren Verhandlungen wie an den dort entstehenden persönlichen Bekannt¬<lb/>
schaften mit Fachgenossen Wachsmuth fortwährend das lebhafteste Interesse fand.<lb/>
Dabei fehlte es nicht an äußeren Ehren mannigfacher Art, an Orden und an<lb/>
sonstigen Zeichen der Anerkennung; namentlich bei Gelegenheit mehrer Indi-</p><lb/>
          <note xml:id="FID_29" place="foot"> ") Einer Tochter, verheirathet mit einem der ersten Aerzte Dresdens; und einem Sohne,<lb/>
geachteten Advocaten und Director der Creditanstalt zu Leipzig.</note><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0362] Nicht freilich einer Reise nach Griechenland selbst — wo damals die Ver¬ folgung wissenschaftlicher Zwecke den äußersten Schwierigkeiten unterworfen gewesen sein würde — sollte dasselbe dienen; die Bestimmung beschränkte sich auf eine Reise nach den Hauptorten deutscher Wissenschaft. Natürlich indeß hatte auch eine solche Reise damals ganz Anderes zu bedeuten als heutzutage; die persönlichen Verbindungen, die man auf derselben gewann, wurden um so viel höher angeschlagen, je entfernter man von der Leichtigkeit war, mit welcher jetzt die Vertreter einer Lebensrichtung aus den verschiedensten Gegenden mit¬ einander in Zusammenhang treten. Auch wirkten die Eindrücke, die Wachsmuth aus dieser Reise empfangen, mit manchen, ihm in Kiel entstehenden Unannehm¬ lichkeiten zusammen, ihn eine Versetzung von den Grenzmarken deutschen Lebens nach der Mitte desselben wünschen zu lassen. Ein aus Leipzig kommender Ruf zog ihn, im Jahre 1825. nach dem Orte, der ihm hinfort dauernden Aufenthalt und reiche Wirksamkeit zu bieten bestimmt war. Der Erfolg seiner Vorlesungen, die Anerkennung, welche seine nun er¬ scheinenden hellenischen Alterthümer fanden, und angenehme gesellige Verhältnisse vereinigten sich, ihm besonders den Anfang seines leipziger Lebens zu schmücken; dazu entfaltete sich immer schöner das reiche Glück, das er im Kreise seiner Familie fand; und zum rechten Genuß alles sich ihm darbietenden Guten, so¬ wie zu rüstiger Fortsetzung seiner wissenschaftlichen Thätigkeit kam ihm trefflich zu Statten seine kräftige Gesundheit, zu deren Aufrechthaltung namentlich aus¬ gedehnte Fußwanderungen — einige Alpenreisen und häufige Brockenscchrten — ihre Dienste leisteten. In seltener Weise ist ihm denn diese Rüstigkeit auch treu geblieben bis in späte Jahre. Die Zahl seiner älteren Freunde sah er mehr und mehr sich lichten; noch ungleich härter berührten ihn die vielen und schweren Verluste, die ihn während der letzten Jahrzehnte in seiner Familie betrafen; die Elasticität seiner Natur aber bewahrte ihm bis ins hohe Alter nicht blos eine staunenswerthe Arbeitskraft, sondern auch lebendige Empfäng¬ lichkeit für neu sich anknüpfende Verbindungen und volle Freude an dem Glück, wie es sich ihm in den zwei ihm gebliebenen Kindern*) und den um diese sich bildenden Familienkreisen darbot. An die Stelle der Fußwanderungen traten nach und nach Reisen von minder angreifender Natur, namentlich auch fleißige Besuche der Jahresversammlungen der Historiker, Alterthumsforscher, Philologen, an deren Verhandlungen wie an den dort entstehenden persönlichen Bekannt¬ schaften mit Fachgenossen Wachsmuth fortwährend das lebhafteste Interesse fand. Dabei fehlte es nicht an äußeren Ehren mannigfacher Art, an Orden und an sonstigen Zeichen der Anerkennung; namentlich bei Gelegenheit mehrer Indi- ") Einer Tochter, verheirathet mit einem der ersten Aerzte Dresdens; und einem Sohne, geachteten Advocaten und Director der Creditanstalt zu Leipzig.

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/362
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 25, 1866, I. Semester. I. Band, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341803_284469/362>, abgerufen am 29.06.2024.